

In Deutschland und der Welt hat sie höchste Anerkennung erhalten, …
… musste aber auch schärfste Kritik einstecken, sogar Hass.
Nach vier Legislaturperioden ist für Angela Merkel nun Schluss mit der Politik. Ein Rückblick in Daten.
22. November 2005: Die CDU-Chefin wird im Deutschen Bundestag zur ersten deutschen Bundeskanzlerin gewählt und vereidigt.
Merkel ist 1954 in Hamburg zur Welt gekommen, ist aber Ostdeutsche: Ihr Vater, ein evangelischer Pfarrer, übernahm kurz nach ihrer Geburt eine Pfarrei in Brandenburg. Angela Merkel wuchs zunächst in der Nähe von Perleberg auf, dann in Templin in der Uckermark.
Sie studiert Physik in Leipzig und arbeitet anschließend am Zentralinstitut für Physikalische Chemie (ZIPC) der Akademie der Wissenschaften der DDR, wo sie auch promoviert.
Nach einer ersten Ehe, die 1982 geschieden wird und aus der sie den Namen behält, ist Merkel seit 1984 mit dem Quantenchemiker Joachim Sauer zusammen. Ihn heiratet sie 1998.
Nach dem Fall der Mauer engagiert sie sich Ende 1989 im Demokratischen Aufbruch, der später in der CDU aufgeht. Sie ist erst dessen Sprecherin, dann stellvertretende Regierungssprecherin der letzten DDR-Regierung unter Lothar de Maizière.
1990 gewinnt Merkel ein Mandat im ersten gesamtdeutschen Bundestag.
Von 1991 bis 1994 ist sie Bundesministerin für Frauen und Jugend, …
… von 1994 bis 1998 Bundesumweltministerin.
Nach der Bundestagswahl 1998 geht die Union in die Opposition. Merkel wird CDU-Generalsekretärin.
Zwei Jahre später, nach der Spendenaffäre der CDU, wird sie zur Parteivorsitzenden gewählt.
2002, nachdem die Union die Bundestagswahl mit CSU-Chef Edmund Stober als Kanzlerkandidat verloren hatte, …
… wird sie Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag - und muss dafür Friedrich Merz verdrängen. Dies gilt als Anfang des Zerwürfnisses zwischen den beiden.
Die Bundestagswahl 2005 ist für die Union zwar kein Erfolg, weil es nicht für die erhoffte schwarz-gelbe Koalition reicht. Aber …
… Merkel kann dennoch Kanzlerin werden. Die folgenden vier Jahre führt sie eine Regierung aus Union und SPD. Am Ende …
… wird Merkel einem solchen Bündnis insgesamt drei Legislaturperioden vorgestanden haben. Nur zwischen 2009 und 2013 hat ihre ursprüngliche Wunschkoalition von Union und FDP eine Mehrheit. Doch zurück zur Chronologie: …
31. Dezember 2006: In ihrer zweiten Neujahrsansprache nennt Merkel die Reformpolitik ihrer Regierung unverzichtbar - darunter auch die angestrebte Rente mit 67. Im März 2007 beschließt der Bundestag die schrittweise Anhebung des Rentenalters von 65 auf 67 Jahre.
6. bis 8. Juni 2007: Merkel ist Gastgeberin des G8-Gipfels in Heiligendamm an der mecklenburgischen Ostseeküste. Schwerpunkte der Gespräche sind Afrika und der Klimaschutz.
In Heiligendamm wird vereinbart, die Treibhausgase bis 2050 zu halbieren. In Erinnerung bleiben auch massive Proteste von Globalisierungskritikern.
16. August 2007: Zusammen mit Umweltminister Sigmar Gabriel fliegt Merkel nach Grönland. In diesen Jahren ist sie die "Klimakanzlerin". Nach der gescheiterten Klimakonferenz von Kopenhagen 2009 erlahmt ihr Engagement allerdings deutlich.
5. Oktober 2008: Angesichts der Bankenkrise nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers stellt die Regierung erstmals eine Komplettgarantie für private Spareinlagen in Aussicht.
"Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind", sagt Merkel bei einem gemeinsamen Auftritt mit Bundesfinanzminister Peer Steinbrück von der SPD.
28. Oktober 2009: Merkel wird zum zweiten Mal als Kanzlerin vereidigt. Union und FDP bezeichnen ihr Bündnis als "christlich-liberale Koalition". Doch der Umgang in der Bundesregierung …
… entspricht nicht immer den bürgerlichen Umgangsformen. CSU und FDP bezeichnen sich gegenseitig als "Wildsau" und "Gurkentruppe".
5. Mai 2010: Über die finanzielle Unterstützung des vom Bankrott bedrohten Griechenland sagt Merkel, die Hilfen seien "alternativlos". Wenige Tage später spannt die EU zur Rettung kriselnder Euro-Mitglieder vor dem Staatsbankrott einen Hunderte Milliarden Euro schweren Rettungsschirm auf.
Merkel hat dieses Wort, "alternativlos", deutlich seltener benutzt als ihre Kritiker es ihr vorwerfen. Es wurde trotzdem zum "Unwort des Jahres".
22. November 2010: Der Einsatz für die Wehrpflicht gehörte über Jahrzehnte zum Markenkern der Union. Doch nun bereitet Merkel das Militär auf Veränderungen vor.
Die CDU stellt sich hinter das Vorhaben von CSU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, den Pflichtdienst für Männer in der Bundeswehr auszusetzen. Im Juli 2011 sind Wehrpflicht und Zivildienst in Deutschland Geschichte.
14. März 2011: Nach der Atomkatastrophe in Fukushima reagiert Merkel mit einer drastischen Kurskorrektur: Nachdem ihre schwarz-gelbe Regierung erst im Herbst 2010 die Laufzeiten der Kernkraftwerke verlängert hatte, …
… wird nun die Reißleine gezogen. Am 30. Juni besiegelt der Bundestag Deutschlands Ausstieg aus der Atomkraft bis 2022.
7. Juni 2011: US-Präsident Barack Obama verleiht der Kanzlerin die Freiheitsmedaille der Vereinigten Staaten, die höchste zivile Würdigung des Landes. Merkel sei …
… ein "Symbol des Triumphs der Freiheit, indem sie die erste Ostdeutsche ist, die als Bundeskanzlerin einem vereinten Deutschland dient", so der Präsident.
17. Februar 2012: Bundespräsident Christian Wulff tritt zurück. Der Koalitionspartner FDP stellt sich hinter den Vorschlag von SPD und Grünen, Joachim Gauck als Nachfolger zu wählen.
Merkel will Gauck eigentlich nicht unterstützen, lenkt aber ein. In ihrer Kanzlerschaft erlebt sie vier Bundespräsidenten.
23. Februar 2012: Gut drei Monate nach Aufdeckung der NSU-Mordserie bittet Merkel bei einer Trauerfeier die Angehörigen der Opfer um Verzeihung, weil Ermittler sie teils über Jahre zu Unrecht verdächtigt hatten.
Die rechtsextreme Terrorzelle ermordete zwischen 2000 und 2007 neun Unternehmer türkischer und griechischer Herkunft sowie eine Polizistin. "Diese Jahre müssen für Sie, liebe Angehörige, ein nicht enden wollender Alptraum gewesen sein", so Merkel.
24. Oktober 2013: "Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht", sagt Merkel darüber, dass der US-Geheimdienst NSA über Jahre ihr Handy auslas. Der US-Präsident gibt sich peinlich berührt - ohne dass klar wird, seit wann er von der Bespitzelung weiß.
17. Dezember 2013: Merkel wird zum dritten Mal als Kanzlerin vereidigt. Bei der Bundestagswahl am 22. September …
… hatte ihre Union deutlich zugelegt und 41,5 Prozent erreicht. Als ihr damaliger Generalsekretär Hermann Gröhe am Wahlabend im Konrad-Adenauer-Haus eine Deutschlandflagge schwenkend zu dem Lied "Tage wie diese" feiert, …
… nimmt Merkel ihm das Fähnchen aus der Hand. Die üblichen Verdächtigen werfen der Kanzlerin daraufhin vor, sich "antideutsch" verhalten zu haben. Ein Mitglied der CDU-Spitze sagt der "Süddeutschen Zeitung" dagegen, die CDU-Chefin habe sich vermutlich daran gestört, dass Gröhes Jubel ziemlich tapsig ausgesehen habe. Wie dem auch sei, …
… ein paar Tage später ruft Merkel bei Campino an, dem Sänger der Toten Hosen, zu dessen Lied Gröhe gefeiert hatte. "Herr Campino, ich rufe an, weil wir letzten Sonntag so auf Ihrem Lied herumgetrampelt sind", sagt sie ihm, wie Campino später in seiner Biografie schreibt. Die Toten Hosen hatten sich zuvor darüber beschwert, "dass unsere Musik auf politischen Wahlkampfveranstaltungen läuft".
Bei der Wahl 2013 scheitert die FDP an der Fünfprozenthürde, sodass Merkel erneut eine Koalition mit der SPD eingeht.
12. Februar 2015: Nach rund 17-stündigen Verhandlungen über die Ukraine-Krise einigen sich Merkel, Frankreichs Staatschef François Hollande, der ukrainische Präsident Petro Poroschenko und Russlands Präsident Wladimir Putin in Minsk auf ein Waffenstillstandsabkommen und einen Zeitplan zum Frieden. Berichte über russische und ukrainische Verstöße gegen die Waffenruhe gibt es dennoch bis heute.
7./8. Juni 2015: Merkel lädt zum G7-Gipfel auf Schloss Elmau in Bayern. Themen sind vor allem der Ukraine-Konflikt und Klimaschutz. Es wird das Ziel ausgegeben, "im Laufe des Jahrhunderts" eine Weltwirtschaft ohne die Nutzung von fossilen Energieträgern wie Kohle zu ermöglichen.
31. August 2015: "Wir schaffen das", sagt Merkel bei ihrer Sommerpressekonferenz über die Aufnahme von Flüchtlingen. Kurz darauf schließt sie die Grenzen nicht, als Schutzsuchende massenweise von Ungarn über Österreich nach Deutschland kommen.
Selfies von Merkels späterem Besuch einer Berliner Einrichtung für Flüchtlinge gehen um die Welt.
Die AfD, bis dahin konzentriert auf die Ablehnung des Euros, hat ihr Thema gefunden - und reduziert Merkel und ihre gesamte Politik bis heute darauf. Stimmung machen auch Gruppierungen wie Pegida. Die aus dem Osten kommende Kanzlerin wird gerade dort immer öfter mit "Merkel-muss-weg"-Sprechchören und schlimmeren Parolen empfangen.
20. November 2015: Beim CSU-Parteitag in München brüskiert CSU-Chef Horst Seehofer die Kanzlerin mit langatmig vorgetragener Kritik an ihrer Flüchtlingspolitik. Der Streit geht noch jahrelang weiter, …
… auf jede öffentliche Versöhnung zwischen CDU und CSU folgt der erneute Krach. Im Juni 2018 droht Seehofer - mittlerweile auch Bundesinnenminister unter Merkel - in der Frage des EU-Asylrechts, die Richtlinienkompetenz der Regierungschefin ignorieren zu wollen.
Im Sommer 2018 wird ein Bruch der Unionsfraktion nur knapp abgewendet. Eine nachhaltige Versöhnung der Schwesterparteien gelingt erst, als der neue CSU-Chef Markus Söder im bayerischen Landtagswahlkampf 2018 merkt, …
… dass der auch von ihm massiv betriebene Konfrontationskurs bei den Wählern nicht gut ankommt.
9. Dezember 2015: Die Kanzlerin wird vom "Time"-Magazin als "Person des Jahres" ausgezeichnet. "Bei Merkel schwang ein anderer Wertekanon - Menschlichkeit, Güte, Toleranz - mit, um zu zeigen, wie die große Stärke Deutschlands zum Retten statt zum Zerstören genutzt werden kann", schreibt die US-Zeitschrift zur Begründung.
19. Dezember 2016: Bei einem islamistischen Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche sterben zwölf Menschen. "Wir wollen nicht damit leben, dass uns die Angst vor dem Bösen lähmt. Auch wenn es in diesen Stunden schwer fällt", sagt Merkel.
17. März 2017: Bei Merkels erstem Besuch bei US-Präsident Donald Trump gibt es im Oval Office kein Händeschütteln für die Kameras - obwohl Fotografen darum bitten und die Kanzlerin den Präsidenten danach fragt.
Das deutsch-amerikanische Verhältnis erreicht unter Trump auch wegen seiner persönlichen Attacken gegen Merkel einen Tiefpunkt. Er behandelt Deutschland vor allem als Konkurrenten und nicht als Verbündeten.
30. Juni 2017: Nach jahrzehntelangem Ringen sagt der Bundestag Ja zur Ehe für homosexuelle Paare. Zuvor hatte Merkel den Abgeordneten in der Sache eine freie "Gewissensentscheidung" überlassen und damit - möglicherweise ohne dies zu wollen - die Koalitionsdisziplin aufgehoben.
Schwule und Lesben dürfen seither heiraten und gemeinsam Kinder adoptieren. Merkel selbst votiert im Bundestag gegen die Ehe für alle.
14. März 2018: Merkel wird zum vierten Mal vom Deutschen Bundestag zur Kanzlerin gewählt. Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik …
… hat die Regierungsbildung so lange gedauert wie jetzt. Die SPD hatte am Wahlabend nach einem für sie enttäuschenden Ergebnis angekündigt, für eine Regierungsbildung nicht zur Verfügung zu stehen.
Damit bleibt nur eine Jamaika-Koalition. Vier Wochen sondieren Union, FDP und Grüne, …
… dann steigen die Liberalen aus. Am Ende …
… sieht sich die SPD mehr oder weniger gezwungen, doch ein weiteres Mal in ein Kabinett Merkel einzutreten.
Seit der Wahl am 24. September 2017 ist erstmals auch die AfD im Deutschen Bundestag vertreten. Am Wahlabend sagt AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland: "Wir werden Frau Merkel jagen."
29. Oktober 2018: Unter dem Druck massiver Unzufriedenheit mit der Bundesregierung und dem CDU-Debakel bei der Landtagswahl in Hessen leitet Merkel das Ende ihrer politischen Ära ein und erklärt, …
… dass sie den CDU-Vorsitz abgebe - aber bis 2021 Kanzlerin bleiben wolle. "Das ist ein Wagnis, keine Frage", sagt sie selbst zur Trennung von Kanzlerschaft und Parteivorsitz.
19. Februar 2020: Ein Deutscher erschießt in Hanau neun Menschen mit ausländischen Wurzeln. "Rassismus ist ein Gift, der Hass ist ein Gift", sagt Merkel. "Und dieses Gift existiert in unserer Gesellschaft. Und es ist schuld an schon viel zu vielen Verbrechen."
18. März 2020: In einer Fernsehansprache richtet Merkel sich an die Nation, um über die Coronakrise zu sprechen. "Ich glaube fest daran, dass wir diese Aufgabe bestehen, wenn wirklich alle Bürgerinnen und Bürger sie als ihre Aufgabe begreifen. Deswegen lassen Sie mich sagen: Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst."
29. September 2020: Merkels Rechnung zur Ausbreitung des Coronavirus klingt nach einem Horrorszenario an Weihnachten: Wenn sich die Zahl der Neuinfektionen pro Tag weiterhin so entwickle wie in den Monaten zuvor, "würden wir von 2400 auf 4800, dann auf 9600 und schließlich auf 19.200 kommen", sagt Merkel.
Tatsächlich wird dieser Wert nicht erst an Weihnachten, sondern schon rund fünf Wochen später erreicht. Deutschland geht in der Pandemie in einen nie dagewesenen Lockdown.
15. Juli 2021: Nach anstrengenden Jahren mit Trump und trotz diverser Differenzen betonen Merkel und Joe Biden - der vierte US-Präsident in ihrer Amtszeit - die deutsch-amerikanische Partnerschaft. Die "liebe Freundin", wie Biden sie nennt, …
… hatte zuvor in Washington von der Johns-Hopkins-Universität die 18. Ehrendoktorwürde erhalten.
18. Juli 2021: Nach den verheerenden Unwettern in Westdeutschland mit mehr als 170 Toten zeigt sich die Kanzlerin erschüttert. Mit der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer macht sie sich im verwüsteten Dorf Schuld ein Bild von der "surrealen, gespenstischen Situation", wie Merkel sie nennt.
22. Juli 2021: In ihrer Sommerpressekonferenz, voraussichtlich der letzten ihrer Kanzlerschaft, zieht Merkel auch eine Bilanz ihrer Klimapolitik. "Ich bin der Meinung, dass ich sehr viel Kraft für den Klimaschutz aufgewandt habe und immer auch, gerade in der Zeit, in der ich Parteivorsitzende war, in der CDU sehr dafür geworben habe, …
… den Klimaschutz nicht aus den Augen zu verlieren und ihn beständig voranzutreiben. Trotzdem bin ich ausreichend mit wissenschaftlichem Verstand ausgerüstet, um zu sehen, dass die objektiven Gegebenheiten zeigen, dass man in dem Tempo nicht weitermachen kann, sondern dass diese es erfordern, schneller zu werden."
Auf die Frage, ob es einen Unterschied in der Art gebe, wie Frauen und Männer Politik machen, sagt sie: "Tendenziell, glaube ich, gibt es bei Frauen eine gewisse Sehnsucht nach Effizienz, aber da gibt es auch Ausnahmen. Insofern will ich das nicht so charakterisieren."
26. September 2021: An diesem Tag wird ein neuer Bundestag gewählt. Die SPD und ihr Kandidat Olaf Scholz gehen als Sieger aus der Wahl hervor. Am 8. Dezember 2021 wird er zum Kanzler gewählt. Merkel scheidet aus dem Amt.
Damit verpasst sie nur knapp eine historische Marke. Wäre sie bis zum 17. Dezember Kanzlerin geblieben, hätte Merkel ihren einstigen Ziehvater Helmut Kohl eingeholt …
… und hätte länger amtiert als alle deutschen Bundeskanzler.