

Seit drei Jahren wütet der Bürgerkrieg in Syrien.
Längst hat das Morden apokalyptische Ausmaße angenommen.
Terror, Angst und unfassbares Leid bestimmen das Leben.
Laut der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte starben bisher fast 150.000 Menschen.
Die Hälfte von ihnen sind Zivilisten.
Alte, Frauen, Kinder.
Zehntausende werden vermisst.
Syrien, einst die Perle des Orients, liegt in Schutt und Asche.
Viele Ortschaften gleichen Geisterstädten.
Einzigartige Weltkulturerbestätten sind vernichtet.
In Flammen aufgegangen wie der historische Markt von Aleppo.
Oder zerbombt wie diese Kirche in Homs.
"Man kann einen Film hier drehen", sagt der Regionaldirektor des Welternährungsprogramms WFP, Muhannad Hadi, ...
... "einen Horrorfilm".
Dabei ist es zu Beginn des Arabischen Frühlings in Syrien noch relativ ruhig.
Syriens Präsident Baschar al-Assad, der einstige Augenarzt, der im Westen studiert hatte, gibt sich vergleichsweise aufgeklärt.
Anderen Politikern im Ausland empfiehlt er, "sich selbst in dem Maß weiterzuentwickeln, wie sich die Gesellschaft weiterentwickelt".
Doch im März 2011 zeigt sich, dass er sich an seine eigenen Ratschläge nicht hält.
Als Kinder in der Stadt Daraa Parolen wie "Das Volk will den Sturz des Regimes" an Wände kritzeln, greifen seine Sicherheitskräfte rigoros durch. Sie nehmen die Kinder fest und foltern sie.
Wenige Tage später, am 18. März, kommt es bei Demonstrationen gegen die Festnahmen zu den ersten Toten. Die Proteste greifen auf andere Städte des Landes über.
Assad macht die Schuldigen schnell aus: ...
... In einer Rede am 30. März 2011 bezichtigt er ausländische Kräfte der Verschwörung und droht den Demonstranten.
Seitdem eskaliert der Krieg von Monat zu Monat.
Von Jahr zu Jahr.
Sterben im ersten Kriegsjahr 8500 Menschen, sind es im zweiten Jahr schon 80.000.
Auch im Jahr drei des Krieges geht das Sterben unvermindert weiter.
Millionen Menschen haben alles verloren.
Allein innerhalb Syriens sind 6,5 Millionen Menschen auf der Flucht.
2,5 Millionen können sich in die Nachbarländer flüchten.
Insgesamt sind mehr als 40 Prozent der Syrer vor den Kämpfen und dem Hunger auf der Flucht.
Die UN sehen in Syrien inzwischen eine der größten humanitären Herausforderungen der Nachkriegszeit.
In den zusammengebombten Städten herrschen anarchische Zustände.
"Zivilisten werden wie Schachfiguren benutzt in einem tödlichen Spiel, über das sie selbst keine Kontrolle haben", sagt Philip Luther, Direktor von Amnesty International für den Nahen Osten und Nordafrika.
Kaum einer, der nicht traumatisiert ist.
Die Kinderhilfsorganisation Unicef warnt bereits vor einer "verlorenen Generation".
Im einstigen bildungspolitischen Vorzeigeland in der arabischen Welt geht höchstens noch die Hälfte der Kinder in die Schule.
Viele Schulen sind zerstört ....
... oder dienen als Unterkünfte für Rebellen, Regierungstruppen oder Flüchtlinge.
Doch selbst wo noch Schulen stehen, ist deren Besuch lebensgefährlich.
Laut Human Rights Watch werden viele Kinder von Agenten des Regimes bespitzelt.
Wiederholt attackiert das syrische Militär Schulen mit Panzern und aus der Luft.
Human Rights Watch zitiert Salma, eine Schülerin aus Daraa: "Die Panzer sind auf den Schulhof gefahren und haben mit Maschinengewehren auf das Gebäude gefeuert".
Dabei hätten sich nie Rebellen in der Schule befunden.
Notdürftig richten lokale Aktivisten Schulen in Moscheen oder Wohnungen ein.
Doch es fehlt an allem: an Büchern, Stiften, Lehrern.
Auch die medizinische Versorgung ist katastrophal.
In der umkämpften Großstadt Aleppo werden für die Gesundheitsversorgung eigentlich 2500 Ärzte benötigt. 36 Ärzte gibt es.
Aus Mangel an Narkosemitteln werden Patienten auch mit Metallstangen vor Operationen bewusstlos geschlagen.
Mediziner amputieren Kindern Gliedmaßen, weil ihnen die medizinische Ausrüstung für die Behandlung schwerer Verletzungen fehlt.
Mehr und mehr macht sich der Hunger breit.
Ganze Ortschaften sind von Kämpfenden eingekesselt und erhalten keine Lebensmittellieferungen.
Rund 250.000 Menschen sind in sogenannten Hungerenklaven eingesperrt.
Vor allem die Städte Homs, Aleppo, Deir Ezzor und das palästinensische Flüchtlingslager Jarmuk sind von jeglicher Hilfe abgeschnitten.
Allein in Jarmuk starben zuletzt Dutzende an Hunger.
Der Chef des WFP für Syrien, Matthew Hollingworth, berichtet über Zivilisten, die aus der seit 15 Monaten belagerten Stadt Homs fliehen konnten: ...
"Solch ein Ausmaß an Horror habe ich noch nie zuvor gesehen. ...
... Menschen hausen in unterirdischen Tunneln, suchen die Ruinen ab nach Wurzeln oder irgendetwas anderem Essbaren. Seit Monaten haben sie nichts Richtiges mehr in den Magen bekommen."
"Die Hölle wäre besser", so zitiert "Die Presse" eine Mutter aus Jarmuk.
"Wir haben Kräuter in Wasser gekocht und das dann getrunken. Wir haben Gras gegessen, bis kein Gras mehr da war."
Das WFP unterstützt allein 4 Millionen Syrer im Land, doch die Arbeit ist nicht leicht: Vielfach kommen die Helfer nicht durch, vielfach müssen sie Dutzende Checkpoints passieren - und werden nicht durchgelassen.
"Manchmal kommt man zu einem Checkpoint und dort sitzt ein schlecht gelaunter Junge mit einer Kalaschnikow", berichtet WFP-Regionaldirektor Hadi.
... "Er hat es in der Hand, einen umkehren zu lassen. ...
... Und wenn Ihnen eine Kalaschnikow auf Ihren Kopf gerichtet ist, dann kehren Sie um."
Internationale und einheimische Helfer werden attackiert, etliche müssen ihre Arbeit mit dem Leben bezahlen.
Menschenrechtsverletzungen gibt es auf allen Seiten der Front. Das Regime feuert Raketen auf die eigene Bevölkerung ab ...
... und bombt ganze Ortschaften in Grund und Boden.
Flüchtlinge sind ihres Lebens nicht sicher. Immer wieder gibt es Berichte, wie sie mit Maschinengewehren und Bomben niedergemäht werden.
In syrischen Gefängnissen herrschen katastrophale Zustände.
Wie Zehntausende aus dem Land geschmuggelte Fotos zeigen, wird hier "in industriellem Ausmaß gefoltert und gemordet". Tausende Menschen sollen so ums Leben gekommen sein.
Massaker an der Zivilbevölkerung gehören zum Alltag.
Besonderes Aufsehen erregt das Morden in Hula, wo im Mai 2012 mehr als 100 Menschen massakriert werden - fast die Hälfte von ihnen sind Kinder.
Auch Giftgas wird in den Kämpfen eingesetzt.
Am 21. August 2013 sterben bei einem Angriff mit Chemiewaffen nahe Damaskus Hunderte Menschen.
Oft bleibt unklar, wer tatsächlich hinter dem alltäglichen Morden steckt.
Sind es Assads Truppen, ...
... Milizen oder Aufständische?
In weiten Teilen des Landes haben inzwischen islamistische Rebellen die Herrschaft übernommen.
Bis zu 1000 Gruppen von Gotteskriegern zählen Experten in Syrien.
Aus dem Ausland hat ein regelrechter "Dschihad-Tourismus" eingesetzt.
Tausende pilgern zum Krieg nach Syrien, unter ihnen auch Hunderte Deutsche.
Andere Islamisten kommen aus dem Irak, Saudi-Arabien, Ägypten und Tschetschenien.
Die Dschihadisten etablieren in den von ihnen besetzten Gebieten oft ein Regime des Schreckens.
Frauen, die kein Kopftuch tragen, werden drangsaliert, sogenannte Ungläubige willkürlich ermordet.
Als besonders brutal gilt die Gruppe Islamischer Staat im Irak und der Levante (Isil), deren Vorbild Al-Kaida ist.
"Isils Ziel ist es, ein Islamisches Kalifat zu errichten, das Muslime aus der ganzen Welt anzieht. ...
... Unser Ziel ist es, Ungläubige zu bekämpfen, egal, ob es nun Baschar al-Assad ist oder die Freie Syrische Armee", sagt Isil-Kämpfer Abu Chaled.
"Jeder Abtrünnige sollte geköpft werden und Frauen müssen der Scharia folgen."
Längst bekämpfen sich die Gotteskrieger auch erbittert untereinander.
Die Fronten verschwimmen immer mehr.
Und längst geht es in Syrien nicht mehr nur um etwas mehr Demokratie, wie es die ersten Demonstranten vor drei Jahren einforderten.
Syrien steht am Abgrund.
Alle Hoffnungen auf eine diplomatische Lösung des Konflikts haben sich - zuletzt in Genf - immer wieder zerschlagen.
Und der Krieg wird aller Voraussicht nach noch Jahre dauern ...
... und keine Gewinner kennen.
Internationale Helfer wie WFP-Regionaldirektor Hadi sind höchst pessimistisch.
"Es gibt keine Definition mehr für die Krise in Syrien", sagt er.
"Sie sprengt jeden Rahmen. Es ist schwer zu sagen, wann sie endet."
Eines aber könne er mit Sicherheit prophezeien: ...
... "Es wird noch sehr viel schlimmer werden, bevor es wieder aufwärts geht."