

Dass sich die diesjährige Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi so zeigt wie hier, ist Teil ihres Verdiensts: Die Iranerin setzt sich seit vielen Jahren für die Rechte von Frauen in ihrer Heimat ein. Symbol dieses Kampfes ist das Ablegen ...
... der Kopfbedeckung. Hier auf einem Bild von 2008 trägt Mohammadi es noch. Es nicht zu tragen, kann Frauen im Iran in große Schwierigkeiten bringen. Tatsächlich wurde Mohammadi für ihren Einsatz mehrfach inhaftiert. Seit 2021 verbüßt die 51-Jährige eine langjährige Haftstrafe im berüchtigten Ewin-Gefängnis in Teheran.
Ende 2022, während der landesweiten Aufstände gegen Irans Machtapparat, brachte Mohammadi einen Bericht ans Licht, der mutmaßliche Folter an Dutzenden Frauen im Hochsicherheitsgefängnis aufdeckte.
Die diesjährige Preisträgerin reiht sich in eine lange Liste von Geehrten ein. 2023 wird der Preis zum bereits 104. Mal vergeben. Er ging dabei an über 130 Personen oder Organisationen. Der Preis wurde 1901 ins Leben gerufen.
In 19 Jahren, vor allem in Kriegs- und Krisenzeiten, kürte die Nobel-Jury keinen Preisträger.
Der Friedensnobelpreis wird immer am 10. Dezember, dem Todestag des schwedischen Erfinders Alfred Nobel, in Oslo übergeben. Zur Vergabe heißt es in dessen Testament: ...
... "Ein Teil demjenigen oder derjenigen, der oder die am meisten oder besten für die Verbrüderung der Völker gewirkt hat und für die Abschaffung oder Verminderung der stehenden Heere sowie für die Bildung und Austragung von Friedenskongressen."
Die Entscheidungen, die ein fünfköpfiges, vom norwegischen Parlament ernanntes Komitee trifft, ...
... sind nicht immer unumstritten. (Im Bild: Norwegens König Harald bei der Verleihung 1998)
Da der Preis auch an Personen oder Organisationen vergeben werden kann, die noch an einem laufenden Friedensprozess beteiligt sind, gelten manche Verleihungen im Rückblick durchaus als fraglich.
Allerdings kann der Preis im Nachhinein nicht mehr aberkannt werden.
Die Vergabe des Friedensnobelpreises im vergangenen Jahr stand im Zeichen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine (im Bild: ukrainische Verteidiger bei der Schlacht um Bachmut).
Die Auszeichnung teilten sich die russische Menschenrechtsorganisation Memorial, die sich unter widrigsten Umständen für Meinungsfreiheit im eigenen Land einsetzt, ...
... die ukrainische Organisation Center for Civil Liberties (im Bild: die Vorsitzende Oleksandra Matwijtschuk), die den Demokratisierungsprozess im eigenen Land voranzubringen versucht sowie ...
... der belarussische Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljatzki, der schon zum Zeitpunkt der Vergabe in Haft saß. Bjaljatzki wurde der Prozess wegen angeblicher Steuerhinterziehung gemacht. Der Nobelpreisvergabe zum Trotz verurteilte die belarussische Justiz ihn am 3. März 2023 wegen fadenscheiniger angeblicher Vergehen zu zehn Jahren Haft. Tatsächlich war dem Lukaschenko-Regime wohl eher Bjaljazkis Beteiligung an der Protestbewegung des Jahres 2020 ein Dorn im Auge.
Im Jahr zuvor, 2021, würdigte das Nobelpreiskomitee Bemühungen um die Wahrung der Meinungsfreiheit, die eine Voraussetzung für Demokratie und dauerhaften Frieden. Dazu gab es die Auszeichnung für die beiden Journalisten Maria Ressa von den Philippinen und Dmitri Muratow aus Russland.
Der Russe Dmitri Muratow war Chefredakteur der kremlkritischen Zeitung "Nowaja Gaseta". Muratow, der schon als Oppositioneller für die liberale Partei Jabloko an Wahlen teilgenommen hatte, kritisierte in der Vergangenheit öffentlich die Politik des Kreml auf der von Russland 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim.
Wie zur Bestätigung, dass die Nobelpreis-Vergabe an ihn die richtige Wahl war, verbot Russland die "Nowaja Gaseta" nach Beginn des Krieges gegen die Ukraine im Jahr 2022.
Die 58-jährige Ressa ist Chefredakteurin des Online-Nachrichtenportals Rappler. Sie tat sich als scharfe Kritikerin des philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte hervor.
Ressa war in einem Verleumdungsprozess zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Journalistin ging aber in Berufung.
2020 ging die Ehrung an das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen - kurz WFP, von der englischen Bezeichnung World Food Programme.
Die Organisation kämpft gegen den globalen Hunger und vorsorgt vor allem Menschen in Not mit Nahrungsmitteln - zum Beispiel bei Naturkatastrophen, Dürren oder gewalttätigen Konflikten.
2019 erhielt Abiy Ahmed Ali die Medaille. Der Ministerpräsident Äthiopiens wurde für seinen Einsatz für Frieden und internationale Zusammenarbeit geehrt, vor allem aber für seine Initiative, den langen und blutigen Grenzkonflikt zwischen Äthiopien und Eritrea zu beenden.
Im Jahr 2018 hatte das Nobel-Komitee gleich zwei Personen zum Friedensnobelpreisträger ernannt: Die jesidische Aktivistin Nadia Murad, die einst von der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) versklavt worden war, setzt sich gegen sexuelle Gewalt gegen Frauen ein.
Der Gynäkologe Denis Mukwege leitet in seiner Heimat, der Demokratischen Republik Kongo, ein Krankenhaus, in dem er Opfer sexueller Gewalt behandelt.
Im Jahr 2017 ging der Preis an ICAN, die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen. Die Graswurzelbewegung wurde 2007 in Wien gegründet und ist inzwischen in mehr als 100 Ländern aktiv.
2016 ging der Preis an Kolumbiens Präsidenten Juan Manuel Santos. Er wurde wegen seines Engagements für den Friedensprozess in seinem Land ausgezeichnet. Er hatte ein Abkommen mit dem Chef der linken Farc-Guerilla, Rodrigo Londono Echeverri geschlossen, ...
... was allerdings die kolumbianische Bevölkerung mit knapper Mehrheit ablehnte. Dabei hatten mehr als fünf Jahrzehnte Krieg in dem Land mehr als 220.000 Menschen das Leben gekostet. Millionen Menschen wurden vertrieben.
2015 ging der Preis an das tunesische Quartett für den nationalen Dialog. Genauer an: Wided Bouchmaoui, Houcine Abassi, Abdessattar ben Moussa und Mohamed Fadhel Mahmoud.
Als das Land am Rande des Bürgerkriegs gestanden habe, habe das Quartett einen "alternativen, friedlichen politischen Prozess etabliert", lautete die Begründung damals.
2014 wurden die pakistanische Menschenrechtsaktivistin Malala Yousafzay ...
... und der indische Kinderrechtsaktivisten Kailash Satyarthi (l.) ausgezeichnet. Damit setzte das Komitee ein klares Signal zur Stärkung von Kinderrechten.
Die zum Zeitpunkt der Preisverleihung 17-jährige Malala ist die bisher mit Abstand jüngste Trägerin des Nobelpreises. Sie war 2012 wegen ihres Einsatzes für Schulbildung für Mädchen von Taliban-Kämpfern auf dem Weg zur Schule in den Kopf geschossen und schwer verletzt worden. Trotz des Attentats setzte sie ihren Kampf fort.
Der 60-jährige Inder Satyarthi ist in der Öffentlichkeit weniger bekannt. Er engagiert sich seit Langem mit friedlichen Protestaktionen gegen die Ausbeutung von Kindern und trug dazu bei, dass die Rechte von Kindern in internationalen Konventionen festgeschrieben wurden.
2013 erhielt die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) den Preis. Die Organisation setze sich intensiv dafür ein, die Massenvernichtungswaffen zu zerstören, hieß es in der Begründung.
2012 wurde die Europäische Union ausgezeichnet. Die EU habe dabei geholfen, Frieden und die Demokratie in Europa voranzubringen, begründete das Nobelkomitee damals die Entscheidung.
2011 erhielten den Preis drei Frauen: Liberias Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf, ...
... die liberianische Menschenrechtlerin Leymah Gbowee ...
... und Tawakkul Karman aus dem Jemen. Das Nobelkomitee begründete die Entscheidung mit dem erfolgreichen Einsatz der beiden Frauen aus Liberia zur Beendigung des Bürgerkrieges. Karman gilt als eines der bekanntesten Gesichter der Protestbewegung im Jemen.
Der Friedensnobelpreis 2010 ging an den chinesischen Dissidenten und Schriftsteller Liu Xiaobo. Zum großen Ärger Pekings, das im Dezember 2009 Liu zu elf Jahren Haft verurteilt hatte und prompt mit einem "Konfuzius-Friedenspreis" reagierte.
Oslo würdigte Lius langen und gewaltfreien Kampf für die grundlegenden Menschenrechte in China.
Nicht unumstritten war 2009 die Preisverleihung an US-Präsident Barack Obama. Immerhin entsandte er am 1. Dezember 2009 noch 30.000 zusätzliche US-Soldaten nach Afghanistan.
Das Nobelpreis-Komitee würdigte ihn jedoch für seine außergewöhnlichen Bemühungen, die internationale Diplomatie und die Zusammenarbeit zwischen den Völkern zu stärken.
Ein Jahr zuvor wurde Martti Ahtisaari ausgezeichnet. Der finnische Diplomat hatte jahrzehntelang in Konflikten vermittelt.
Der Friedensnobelpreis 2007 ging an den früheren US-Vizepräsidenten Al Gore und den UN-Klimarat für ihren Einsatz zur weltweiten Mobilisierung gegen eine drohende Klimakatastrophe.
2006 wurde Muhammed Yunus, ein bangladeschischer Wirtschaftswissenschaftler, und die von ihm gegründete Bank für die Förderung wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung von unten geehrt.
2005: Die internationale Atomenergieorganisation IAEO und ihr Generalsekreitär, Mohammed el-Baradei, ...
... für ihren Einsatz gegen den militärischen Missbrauch von Atomenergie sowie die sichere Nutzung der Atomenergie für zivile Zwecke.
2004: Wangari Muta Maathai aus Kenia. Sie wurde für ihren Einsatz zu nachhaltiger Entwicklung, Demokratie und Frieden ausgezeichnet. Erstmals wurde dabei die Bedeutung des Umweltschutzes für den Weltfrieden hervorgehoben.
2003: Die Iranerin Schirin Ebadi für ihren unerschrockenen Einsatz für Demokratie und Menschenrechte. Die Juristin, die als erste Frau im Iran zur Richterin ernannt wurde, erhielt als erste muslimische Frau den Friedensnobelpreis.
2002: Jimmy Carter, ehemaliger US-Präsident, für seine Bemühungen um friedliche Lösungen in internationalen Konflikten.
2001: Die Vereinten Nationen ....
... und Generalsekretär Kofi Annan für ihren Einsatz für eine besser organisierte und friedlichere Welt.
2000: Kim Dae Jung, südkoreanischer Präsident, für sein Versöhnungswerk mit dem kommunistischen Nordkorea.
1999: "Ärzte ohne Grenzen" für ihren humanitären Einsatz in aller Welt.
1998: John Hume (l) und David Trimble (r), nordirische Politiker, für ihre Leistungen im Friedensprozess in Nordirland. (im Bild: mit dem damaligen britischen Premier Tony Blair)
1997: Jody Williams, Koordinatorin der internationalen Kampagne zum Verbot von Landminen, für ihren Einsatz gegen Antipersonenminen.
1996: Carlos Filipe Ximenes Belo (l), katholischer Bischof, und José Ramos-Horta (r) für ihre Bemühungen um eine friedliche Lösung des Osttimor-Konflikts.
1995: Joseph Rotblat und seine Pugwash-Bewegung für ihr Engagement gegen Atomwaffenversuche und die Abschaffung von Atomwaffen.
Höchst umstritten war die Entscheidung von 1994.
Jassir Arafat, Vorsitzender der palästinensischen Befreiungsorganisation, wurde zusammen mit ...
.... Schimon Peres, dem israelischen Außenminister, und ....
... Jizchak Rabin, dem später ermordeten israelischen Ministerpräsidenten, für die Rolle im Nahost-Friedensprozess ausgezeichnet.
Nach wie vor ist allerdings in der Region kein Frieden in Sicht.
1993: Frederik de Klerk, südafrikanischer Präsident, ...
... und Nelson Mandela, Präsident des Afrikanischen Nationalkongress ANC, für ihre Bemühungen um die Überwindung der Apartheid.
1992: Rigoberta Menchu, guatemaltekische Bürgerrechtlerin und Vorkämpferin für die Rechte der Indios.
1991: Aung San Suu Kyi, birmanische Oppositionspolitikerin, für ihren gewaltfreien Kampf um Demokratie.
Ihre Söhne nahmen den Preis in ihrem Namen an, da sie befürchtete, dass ihr die Wiedereinreise nach Birma verweigert würde, falls sie selbst zur Preisverleihung reiste. Suu Kyi stand jahrelang unter Hausarrest.
1990: Michail Gorbatschow für seinen Beitrag zur Beendigung des Kalten Krieges. Gorbatschows Bemühungen führten unter anderem zu weitreichenden Abrüstungsabkommen mit den USA ...
... und ermöglichten nicht zuletzt auch die Wiedervereinigung der Deutschen.
1989: Der Dalai Lama für seinen gewaltlosen Einsatz zur Befreiung Tibets.
1988: Die Friedenstruppen der Vereinten Nationen.
1987: Oscar Arias (im Bild mit seiner Frau Margarita Penon), Präsident von Costa Rica, für die Ausarbeitung eines Plans zur Überwindung der Guerillakriege in Mittelamerika.
1986: Elie Wiesel amerikanischer Schriftsteller und Überlebender des Holocaust, für seinen Einsatz gegen Unterdrückung, Gewalt und Rassismus.
1985: Internationale Vereinigung der Ärzte zur Verhinderung eines Atomkrieges (IPPNW).
1984: Bischof Desmond Tutu, Vorkämpfer gegen die Rassentrennung in Südafrika. (im Bild: mit Nelson Mandelas Tochter Zindzi)
1983: Lech Walesa, damaliger Führer der polnischen Gewerkschaft "Solidarität".
1982: Alva Myrdal aus Schweden zusammen mit Alfonso Garcia Robles aus Mexiko für ihre Bemühungen um weltweite Abrüstung.
1981: UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR).
1980: Adolfo Perez Esquivel, Menschenrechtsaktivist aus Argentinien.
1979: Mutter Teresa, Ordensschwester in Kalkutta, für ihren Einsatz für die Armen.
1978: Menachem Begin, Ministerpräsident Israels und ...
... Anwar el Sadat, ägyptischer Staatspräsident, (im Bild die israelische Grenze im Visier) für ihre Initiative für den Friedensvertrag zwischen Israel und Ägypten.
1977: Amnesty International, Menschenrechtsorganisation.
1976: Betty Williams und ...
... Mairead Corrigan, Mitbegründerinnen einer Frauenfriedensgruppe in Nordirland.
1975: Andrej Sacharow, sowjetischer Physiker und Menschenrechtsaktivist. Die sowjetische Regierung verbot ihm, zur Verleihung nach Oslo zu reisen. Den Preis nahm seine Frau Jelena Bonner entgegen.
1974: Eisaku Sato, ehemaliger japanischer Ministerpräsident und Streiter gegen Atomwaffen, sowie ...
... Sean MacBride, Irland, UN-Kommissar für Namibia.
Höchst umstritten die Preisverleihung von 1973: Henry Kissinger, US-Außenminister, und ...
... der Außenminister von Nordvietnam, Le Duc Tho, der den Preis nicht annahm, wurden ausgezeichnet für ...
... das Waffenstillstandsabkommen zur Beendigung des Vietnamkrieges. 1972 wurde der Preis nicht verliehen.
1971: Willy Brandt, deutscher Bundeskanzler, für die Entwicklung der Entspannungspolitik zwischen Ost und West. Brandt war der letzte Deutsche, der bislang mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurde.
Die ersten Preisträger waren 1901 übrigens der Gründer des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Henry Dunant, ...
... und der Gründer der "Französischen Gesellschaft der Friedensfreunde", Frédéric Passy.