

Mehr als sieben Jahrzehnte lang war Elizabeth II. Königin von Großbritannien und Nordirland. Eine so lange Regentschaft hatte es dort noch nicht gegeben.
Bis zu ihrem Tod am 8. September 2022 kannte die große Mehrheit der Weltbevölkerung nur sie als britisches Staatsoberhaupt: Am 6. Februar 1952 besteigt sie den Thron.
Die offizielle Krönungszeremonie findet erst am 2. Juni 1953 in der Londoner Westminster Abbey statt.
Schon lange ist die Queen auf den Pfund-Scheinen präsent.
Die am 21. April 1926 geborene Monarchin hat unzählige Staats- und Regierungschefs kommen und gehen sehen.
Grund für Elizabeths ungewöhnlich lange Regentschaft ist auch die Tatsache, dass ihr Vater Georg VI. bereits im Alter von 56 Jahren an Lungenkrebs verstorben ist.
Zur Zeit von Elizabeths Thronbesteigung ist Josef Stalin noch der starke Mann der Sowjetunion.
In den USA regiert mit Harry S. Truman der 33. Präsident. Jetzt sitzt mit Joe Biden bereits der 46. Präsident im Weißen Haus.
Die Volksrepublik China unter Mao Zedong gibt es damals erst seit etwas mehr als zwei Jahren.
Auch die Bundesrepublik Deutschland ist noch nicht einmal drei Jahre alt. Elizabeth II. (hier 1958 mit Konrad Adenauer auf Schloss Windsor) hatte mit allen deutschen Nachkriegskanzlern zu tun.
Papst ist zu der Zeit von Elizabeths Thronbesteigung Pius XII. In den vergangenen 70 Jahren hatte die katholische Kirche sieben Päpste.
In Großbritannien selbst amtiert der Konservative Winston Churchill als Premierminister. Für die außenpolitisch noch unerfahrene Königin ist das ein Segen. Die Queen hatte es insgesamt mit 14 britischen Regierungschefs zu tun.
Die junge Königin 1953 mit ihrer Großmutter Mary. Großbritannien gehört zwar zu den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges, dennoch ist es geschwächt daraus hervorgegangen.
Das britische Kolonialreich zerfällt im ersten Jahrzehnt der elisabethanischen Regentschaft. Übrig bleibt mit dem Commonwealth ein lockerer Verbund der Staaten, um den sich die Queen (hier mit einigen Staats- und Regierungschefs) intensiv kümmert.
Vor allem der Verlust der Kronkolonie Indien Ende der 1940er-Jahre ist für das Vereinigte Königreich sehr schmerzhaft. Elizabeth II., die sich nicht öffentlich über die britische Politik äußert, hat dennoch einen guten Draht zum ersten indischen Ministerpräsidenten Jawaharlal Nehru.
Auch zu ehemaligen afrikanischen Kolonien hat Großbritannien dank des Engagements der Queen und ihres Ehemanns Prinz Philip guten Kontakt. Hier tanzt sie während eines Besuchs in Ghana mit Präsident Kwame Nkrumah. Zuvor tut sie Befürchtungen um ihre Sicherheit ab, obwohl Nkrumah bereits Ziel von Attentätern war.
1957 besucht die Königin die USA und spricht in New York vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen - im Namen des Commonwealth.
Natürlich werden Elizabeth und ihr Ehemann Philip auch im Weißen Haus in Washington empfangen. Gastgeber sind Präsident Dwight D. Eisenhower und seine Frau Mamie.
Die besonderen Beziehungen zwischen Großbritannien und den USA werden durch die Queen intensiv unterstützt und gepflegt. 1961 werden Präsident John F. Kennedy und seine Frau Jackie im Buckingham-Palast empfangen.
1964 besucht die Queen die frankophone kanadische Provinz Québec. Vor der Reise gibt es Gerüchte in den Medien, wonach extremistische Separatisten einen Anschlag auf die Königin planten.
Zwar kommt es zu keinem Anschlag, jedoch bricht ein Krawall aus, als sich Elizabeth in Montreal aufhält. Die Medien berichten über "ihre Gelassenheit und ihren Mut angesichts der Gewalt".
In den 1960er- und 1970er-Jahren beschleunigt sich die Entkolonialisierung Afrikas und in der Karibik. Mehr als 20 Länder erlangen als Teil eines geplanten Übergangs zur Selbstverwaltung ihre Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich. Dieses Vorgehen ist auch für Rhodesien - das heutige Simbabwe - vorgesehen.
Doch der rhodesische Premierminister Ian Smith widersetzt sich 1965 dem britischen Ansinnen, die Macht an die schwarze Bevölkerungsmehrheit zu übertragen. Die Queen entlässt Smith in einer formellen Erklärung. Die internationale Gemeinschaft erlässt Sanktionen gegen Rhodesien. Smith kann sich dennoch bis 1979 an der Macht halten.
Die Queen und Deutschland - das ist in den ersten Jahren ihrer Regentschaft ein sehr schwieriges Kapitel. Beide Länder waren in beiden Weltkriegen schließlich Gegner. Im Mai 1965 besucht die Königin erstmals die Bundesrepublik. An der Vorbereitung der Visite hat Prinz Philip, der Verwandte in Deutschland hat, einen großen Anteil.
Zehn Tage dauert der Staatsbesuch. Die Queen wird auch von Bundespräsident Heinrich Lübke empfangen.
Elizabeth II. macht auch einen Abstecher nach West-Berlin. Hier bei einer Kundgebung mit Bundeskanzler Ludwig Erhard (r.) und dem Regierenden Bürgermeister Willy Brandt.
Der Besuch der Monarchin trägt sehr zu einer Entkrampfung des deutsch-britischen Verhältnisses bei.
Wichtig sind der Queen die Beziehungen zu Frankreich. Im April 1960 empfängt sie Staatspräsident Charles de Gaulle und fährt mit ihm von der Victoria Station zum Buckingham-Palast.
Großbritannien und Frankreich verbindet eine lange Geschichte, die auch von Kriegen begleitet wurde. Aber in beiden Weltkriegen waren die zwei Länder Verbündete.
Eine Unterhaltung auf Französisch ist möglich, denn Elizabeth II. beherrscht diese Sprache perfekt.
Später ist der Sozialist Francois Mitterrand ihr Ansprechpartner in Paris.
Die britisch-sowjetischen Beziehungen sind dagegen kühl. Erst 1989 empfängt die Queen KPdSU-Generalsekretär Michail Gorbatschow auf Schloss Windsor.
Mit Premierministerin Margaret Thatcher arbeitet der Russe schon länger zusammen. Diese hatte schnell erkannt, dass man mit ihm "Geschäfte machen kann".
Prinz Philip wurde bereits 1967 gefragt, ob er die Sowjetunion besuchen würde: "Ich würde gerne nach Russland reisen, auch wenn diese Bastarde meine halbe Familie umgebracht haben."
Erst nach dem Ende der UdSSR, im Jahr 1994, findet der Staatsbesuch des Königspaares in Moskau statt.
Empfang von Präsident Boris Jelzin im Kreml.
Etwas einfacher ist die Pflege der Beziehungen mit China. 1986 führt die Königin in der Großen Halle des Volkes in Peking ein Gespräch mit dem damaligen starken Mann der Volksrepublik, Deng Xiaoping.
1999 kommt Präsident Jiang Zemin nach London.
Es gibt auch äußerst unangenehme Zeitgenossen, die bei der Queen ihre Aufwartung machen. 1978 besucht Rumäniens Diktator Nicolae Ceausescu London. Der Westen bemüht sich um ihn, weil er gegenüber der Sowjetunion einen eigenständigen Kurs fährt.
Viel einfacher sind auch für die Queen die Gespräche mit den Verbündeten. Hier sind die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten im Mai 1977 zu Gast beim britischen Staatsoberhaupt.
Im Mai 1978 ist Elizabeth in Bonn und trifft auch mit Bundeskanzler Helmut Schmidt zusammen. Die Beziehungen des Westens zur Sowjetunion verschlechtern sich in dieser Zeit. Grund sind die SS-20-Raketen. Schmidt drängt auf die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Europa.
Ausritt mit US-Präsident Ronald Reagan 1982 in Windsor. In dieser Zeit sind die amerikanisch-britischen Beziehungen besonders eng. Der Grund: Reagan und Premierministerin Thatcher kommen sehr gut miteinander aus.
Glamour pur: die britischen Royals und das Hollywood-Schauspieler-Ehepaar.
Die Treffen mit US-amerikanischen Präsidenten sind für die Queen meistens sehr locker und lustig. Dabei tritt George W. Bush 2007 bei seiner Begrüßungsrede vor dem Weißen Haus in den Fettnapf.
"Sie haben unser Land bei der 200-Jahr-Feier 17…, nein 1976 unterstützt", verhaspelt sich Bush. "Sie hat mich angeschaut wie eine Mutter ihr Kind", erinnert er sich rückblickend: "Sie hatte so ein Funkeln in den Augen."
Entspannt geht es beim Treffen mit Barack Obama und seiner Frau Michelle 2016 zu. Aufgrund ihres hohen Alters macht die Queen in dieser Zeit kaum noch Auslandsreisen.
Die beiden Frauen verstehen sich sehr gut.
Auch mit schwierigen Typen wie Donald Trump kommt die Königin klar.
Sie hat bereits oft mit Männern mit großem Ego zu tun gehabt. Die Queen ist reichlich ausgestattet mit diplomatischem Geschick.
Auch die deutschen Bundeskanzler machen dem britischen Staatsoberhaupt ihre Aufwartung. Helmut Kohl beim Empfang zu einem königlichen Lunch im Buckingham-Palast 1995.
2004 stattet die Queen Deutschland einen Staatsbesuch ab. Sie macht dabei einen Abstecher ins Berliner Kanzleramt, wo in dieser Zeit Gerhard Schröder der Hausherr ist.
Small Talk mit der Queen: Für die meisten ihrer Gesprächspartner ist es ein Genuss. Dazu trägt der feine Humor der Monarchin bei. Auch Schröder und Premier Tony Blair amüsieren sich köstlich.
Die Queen und die Premierminister: Sehr gut kommt sie mit Harold Wilson aus. Er wird zu ihrem Lieblingspolitiker von der Labour Party.
Etwas distanzierter ist das Verhältnis der Queen zur "eisernen Lady" Margaret Thatcher. Die Konservative verordnet Großbritannien Anfang der 1980er-Jahre einen rigiden Sparkurs in der Rezession.
Es ist nichts darüber bekannt, was die Queen von Thatchers brachialer Wirtschaftspolitik hielt. Von ihr gibt es keine Äußerungen zur Politik der Regierungen.
1997 kommt mit Tony Blair wieder ein Labour-Politiker an die Macht. Der erste Satz der Queen zu ihm war: "Mein erster Premierminister war Winston Churchill." Laut Blair war sein Respekt vor der Königin danach noch größer.
Allerdings muss Blair (hier mit seinem konservativen Amtsvorgänger John Major) die Situation nach dem Tod von Prinzessin Diana am 31. August 1997 retten. Er drängt die Queen mehrmals, von Schottland zurück nach London zu kommen. Die Monarchie steht sogar kurzzeitig zur Disposition. Blairs Hartnäckigkeit zahlt sich aus.
Ab 2010 hat es die Queen mit David Cameron zu tun. Er führt eine hinsichtlich der britischen EU-Zugehörigkeit völlig zerstrittene Konservative Partei.
Cameron fasst den Beschluss, ein Referendum über den Brexit abhalten zu lassen. Eine knappe Mehrheit der Briten stimmt 2016 dafür. Cameron tritt danach zurück.
Seine Nachfolgerin ist Theresa May, die bei ihrem Antrittsbesuch im Buckingham-Palast einen besonders tiefen Knicks macht. Die persönliche Meinung der Queen zum Brexit bleibt ein großes Geheimnis.
Auch die Inhalte der Unterredungen mit dem populistischen Boris Johnson. Nahm er Rat von der erfahrenen Queen an?
Die Queen kann ihrerseits gut mit ungewöhnlichen Charakteren umgehen. Ihr Plus ist der große Erfahrungsschatz. Seit Ende 1936, als ihr Vater Georg VI. den Thron bestieg und sie damit Kronprinzessin wurde, steht sie im Rampenlicht.
Der Ausstieg Großbritanniens ist ein schwerer Verlust für die Europäische Union. Man muss sich miteinander auf anderer Ebene arrangieren.
Elizabeth II. muss vor beiden Parlamentskammern die Pläne ihrer Regierung in der Zeit nach dem Brexit verlesen. Sie vollzieht diesen Akt mit der ihr eigenen königlichen Professionalität.
So wie sie 30 Jahre zuvor auch den politischen Umbruch in Europa nach dem Fall des Eisernen Vorhangs mit großem Interesse begleitet. Die Queen ist neugierig auf die neuen Staatsmänner aus dem ehemaligen sowjetischen Machtbereich, wie den Tschechen Vaclav Havel ...
... oder den Polen Lech Walesa.
Auch den politischen Umbruch in Südafrika, der die Abschaffung der Apartheid zur Folge hat, begrüßt die Queen. 1995 besucht sie gemeinsam mit dem südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela das Parlament in Kapstadt.
Zwischen beiden Staatsleuten herrscht großer Respekt. Mandela bewundert die große Lebensleistung der Königin und Elizabeth die Standhaftigkeit, Toleranz und politische Weitsicht des langjährig Inhaftierten.
Im höheren Alter werden die Auslandsreisen der Queen immer rarer. 2010 besucht sie Abu Dhabi. Hier ein Zusammentreffen mit Kronprinz Scheich Mohammed bin Zayed.
Angeregtes Gespräch auch mit dem Emir von Dubai, Scheich Mohammed al Rashid Al Maktum.
In ihren letzten Lebensjahren wird die Queen überwiegend besucht. Ein gern gesehener Gast ist Australiens Premierminister Scott Morrison, der der Queen 2021 seine Aufwartung macht.
Die Königin hat Australien während ihrer Regentschaft öfter besucht. Sie ist schließlich auch dort Staatsoberhaupt. 1970 kommt sie mit ihrer Jacht "Britannia" nach Brisbane. Das Schiff ist Ende der 1990er-Jahre aus Kostengründen von der Regierung Blair ausgemustert worden.
Begeisterter Empfang für Elizabeth und Tochter Anne.
Auch Indien liegt der Monarchin am Herzen. Ministerpräsident Narendra Modi besucht 2018 London. Indien und Großbritannien pflegen nach wie vor enge Beziehungen.
Daran hat die Queen einen großen Anteil. 1983 folgte sie einer Einladung von Regierungschefin Indira Gandhi, der Tochter des ersten Ministerpräsidenten Jawaharlal Nehru. Gandhi wurde ein Jahr später von zwei Sikh-Leibwächtern ermordet.
Besondere Ehre für Angela Merkel: Die Bundeskanzlerin bekommt kurz vor Ende ihrer 16-jährigen Amtszeit eine Einladung von der Queen. Beide Frauen treffen auf Schloss Windsor zusammen.
Zuvor hatte die Königin die Staats- und Regierungschefs der G7 in Cornwall getroffen.
Elizabeth II. wurde zuletzt im Ausland überwiegend von Thronfolger Charles und dessen Sohn William vertreten. Große Reise waren in den Jahren vor ihrem Tod für sie nicht mehr möglich.
Am 8. September 2022 stirbt die Queen mit 96 Jahren. Jetzt tritt ihr Sohn an ihre Stelle: König Charles III.