

Was für ein Geschenk kann gleichzeitig persönlich, anregend, tröstend, erleuchtend, unterhaltend und witzig sein? Richtig: ein Buch! Bücher gehören immer noch zu den beliebtesten Geschenken zu Weihnachten.
Doch was genau soll man schenken? Keine Sorge: Wir haben da ein paar Ideen!
Wer hat als Kind nicht einmal davon geträumt, als Astronaut das All zu erkunden? Für Sternengucker und Hobbyastronomen wäre die "Anleitung zur Schwerelosigkeit" ein passendes Geschenk. In dem Buch beschreibt der kanadische Astronaut Chris Hadfield seinen Werdegang vom kleinen Jungen, der begeistert in den Himmel schaut, bis zum Kommandanten der Internationalen Raumstation ISS.
Nebenher gibt er Karrieretipps, die nicht nur für angehende Allbesucher interessant sind, und zeigt zahlreiche Bilder aus seinem Privatarchiv. Hadfield, der mit seiner auf der ISS eingesungenen Version von David Bowies "Space Oddity" einen Youtube-Hit landete und der erste Kanadier auf der ISS war, macht in seinem Buch deutlich, was es bedeutet, ein Astronaut zu sein. Und das es die meiste Zeit darum geht, eine Null zu sein. (Heyne Verlag, 368 Seiten, 19,99 Euro)
Nicht hoch hinaus ins All, sondern tief hinein ins Un- beziehungsweise Unterbewusste führt uns "Der Untergrund des Denkens" von Philipp Hübl - und räumt ganz nebenbei mit dem Mythos auf, dass wir vom geheimnisvollen Unbekannten gesteuert würden.
Der Philosophieprofessor (und Bruder des Fotomodells Johannes Hübl) bricht in seinem neuen Buch unaufgeregt eine Lanze für die Vernunft und zeigt, wie sie uns vor Manipulation schützen kann. (Rowohlt, 480 Seiten, 19,95 Euro) (tle)
Wer es ein wenig einfacher, anschaulicher und unterhaltsamer mag, kann auch zu Hübls Erstling "Folge dem weißen Kaninchen" greifen, das sich gleichwohl um grundlegende Themen und große Fragen dreht. (Rororo, 352 Seiten, 11,99 Euro) (tle)
Der oder die Beschenkte sollte schon ein bisschen Fan sein, wenn ausgerechnet die Autobiografie von Kim Gordon unter der Tanne liegen soll. Eine gefühlte Ewigkeit ist es her, dass die Musikerin mit der Band "Sonic Youth" zum Poster-Girl des Indie-Rocks wurde. Doch die mittlerweile 62-Jährige ist bis heute eine Ikone. Wie ist das so, das Mädchen in einer Band zu sein? Diese Frage wurde Gordon im Laufe ihrer Karriere immer wieder gestellt. "Girl in a Band" könnte ihre Antwort sein.
Einblicke in die Geschlechterverhältnisse in der Musikszene liefert das Buch jedoch kaum. Dafür nimmt Gordons Abrechnung mit Ex-Mann und Bandkollege Thurston Moore viel zu viel Platz ein. Memoiren sind manchmal wie moderne Märchen - doch dieses hat kein Happy End, noch nicht. Denn schließlich schreibt Gordon: "Ich bin gern in einer schwachen Position und mache sie zu einer starken." (Kiepenheuer&Witsch, 352 Seiten, 19,99 Euro) (ame)
Wer Heimatroman hört, denkt fast automatisch an angestaubte Triviallektüre. Dass es auch frisch und unverbraucht geht, beweist Dörte Hansen. "Altes Land" spielt in dem gleichnamigen Landstrich südlich von Hamburg, der vor allem für seine Äpfel bekannt ist und wo sich jahrhundertealte Reetdachhäuser aus der Elbmarsch erheben.
In einem dieser Häuser ist Vera 1945 gestrandet, "Polackenkind" wurde sie genannt. 60 Jahre später ist sie noch immer eine Vertriebene und hält die Menschen mit ihrer Raubeinigkeit auf Abstand. Dann steht plötzlich ihre Nichte Anne mit ihrem kleinen Sohn vor der Tür. Sie ist vor dem Leben im Hamburger Szenekiez Ottensen geflüchtet und hat keine Lust mehr, verzogenen Gören das Flötenspiel beizubringen. Vera und Anne sind einander fremd - und haben doch mehr gemeinsam, als sie ahnen.
Mit viel Zuneigung beschreibt Hansen ihre Protagonistinnen, stellt ihnen wortkarge Dorfbewohner an die Seite und nimmt nebenbei Hamburger Supermamis und Großstädter mit ihrem Traum vom romantischen Landleben auf die Schippe. Wer die Titel der Bestsellerlisten sonst links liegen lässt, sollte hier eine Ausnahme machen: Es lohnt sich. (Knaus Verlag, 288 Seiten, 19,99 Euro) (kse)
Auch nicht zu verachten ist der Bestseller "Gone Girl" von Gillian Flynn: Es ist die alte Geschichte von Liebe, Leid und Leidenschaft. Just an ihrem fünften Hochzeitstag verschwindet Amy, die Frau von Nick Dunne. Eine verzweifelte Suche beginnt, und Nick stellt sich die ewige Frage: "Wie gut kennt man eigentlich den Menschen, den man liebt?"
Der mittlerweile mit Rosamund Pike und Ben Affleck verfilmte Roman sucht auf fast 600 Seiten hierauf eine Antwort und fesselt dabei bis zur letzten Zeile. Tipp: Erst lesen, dann Film schauen! (Fischer, 592 Seiten, 9,99 Euro) (ghö)
Auch eine Art Liebesroman, voller Humor und Mitgefühl erzählt, ist Alina Bronskys "Baba Dunjas letzte Liebe". Baba Dunja ist eine resolute alte Frau, die sich einst als Krankenschwester um die Überlebenden der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl kümmerte und die nun in das verlassene Dorf Tschernowo in die Todeszone zieht.
Bald folgen ihr eine Reihe kurioser Eigenbrötler - doch als ein junger Mann mit seiner Tochter sich ein Haus im Dorf aussucht, geschieht die Katastrophe.(Kiepenheuer&Witsch, 160 Seiten, 16,00 Euro) (ghö)
Von einer Katastrophe - und natürlich einer fatalen Liebe - handelt auch der Roman "Schlamassel" der israelischen Autorin Edna Mazya. Die atemlos erzählte Geschichte, in der es um einen älteren Ehemann, seine junge Frau, ihren Liebhaber und eine kauzige Mutter geht, zeigt, wie ungewollt das Verhängnis über einen hereinbrechen kann - und alles immer, immer schlimmer wird. (KiWi-Taschenbuch, 304 Seiten, 7,90 Euro) (ghö)
Im vergangenen Jahr erschien die hochgelobte Familiensaga "Das achte Leben" von Nino Haratischwili. Klitzekleiner Haken: Das Buch hat 1280 Seiten. Da kapituliert sogar manch unerschrockener Leser. Aber niemand muss auf die Sprachgewalt der Autorin verzichten, denn der Wälzer ist nicht ihr einziger Roman. Sehr zu empfehlen ist "Mein sanfter Zwilling".
Die Geschichte handelt von Stella und Ivo, die sich lieben und gleichzeitig hassen. Jeder Versuch, ohne den anderen zu leben, geht schief, die beiden sind durch einen Schicksalsschlag für immer aneinandergefesselt. Mitreißend erzählt Haratischwili von einer fatalen Leidenschaft, einer verlorenen Kindheit und enthüllt Schritt für Schritt ein unfassbares Familiendrama. (Frankfurter Verlagsanstalt, 384 Seiten, 22,90 Euro) (kse)
Eine ganz eigene Familie bilden die Freunde Seri, Aja und Karl, die zusammen mit ihren Müttern in einer süddeutschen Kleinstadt eine scheinbar endlose Anzahl Kindersommer voller heller Tage erleben. Doch die hellen Tage bergen dunkle Schatten: Seris Vater starb kurz nach ihrer Geburt, Ajas Vater kommt nur einmal im Jahr zu Besuch und Karls Familie zerbrach, als sein kleiner Bruder in einem unbeobachteten Moment in ein fremdes Auto stieg und nie zurückkehrte.
Wie in ihrem preisgekrönten Roman "Der Schwimmer" nimmt Zsuzsa Bánk ihre Leser auch in "Die hellen Tage" wieder mit auf die Suche nach Heimat, erforscht in einer schwebenden Sprache die Tiefen von Verlust. Und sobald man sich auszukennen glaubt, in dieser Kleinstadt, wo berufstätige Mütter und ehemalige Seiltänzerinnen in den 1960er-Jahre eine Allianz gegen den Schmerz schmieden, stellt Bánk alles auf den Kopf - als wäre die Kleinstadt Kirchblüt nichts als das Panorama in einer Schneekugel. (Fischer, 544 Seiten, 9,99 Euro) (sla)
Wo wir schon einmal bei Familiengeschichten sind, selten ist der Alltag mit Kindern gleichzeitig gnadenloser und vergnüglicher beschrieben worden als von Patricia Cammarata. Seit Jahren bloggt sie als "Das Nuf" über Bonus- und eigene Kinder. Ein "Best of" dieser Geschichten ist nun unter dem Titel: "Sehr gerne, Mama, Du Arschbombe" als Buch erschienen.
Bei Cammarata kann man jeden Euphemismus lernen, der über Kinder und das Leben mit ihnen verbreitet wird. Beispiele: Kind1 ist "willenstark". Die Übersetzung dazu lautet, dieses Kind macht niemals, was Eltern wollen. Kind2 ist hingegen "extrem geordnet", also diszipliniert bis zur Gruseligkeit. Stille wiederum ist ein äußerst ersehnter Zustand, bei dessen Eintreffen man allerdings sofort heftig alarmiert sein sollte. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Die Botschaft an alle Eltern und Menschen, die es dringend werden wollen: "Wir sind nämlisch gar nischt so niedlich, wie Du gedenkt hast." (Bastei Lübbe, 240 Seiten, 8,99 Euro) (sba)
Umberto Eco hat einen neuen Roman geschrieben. Seinen letzten wie der 83-jährige Autor und Professor betont. "Nullnummer" ist eine provozierend und mit viel Ironie verfasste Kriminalgeschichte im Spannungsfeld zwischen Wirtschaft, Politik und Presse. Eine Zeitung, die nie gedruckt werden wird, und Redakteure, die sich im Manipulieren üben, bilden die Folie für den Roman. Im Hintergrund zieht ein Medienfürst die Strippen, der nicht nur entfernt an Silvio Berlusconi erinnert.
Dann entspinnt einer der Enthüllungsjournalisten eine wilde Verschwörungstheorie rund um Freimaurer, CIA und Vatikan. Aber was nach einem unglaublichen Fantasiegebilde klingt, erweist sich in Teilen als wahr. Am Ende seiner Mediensatire umreißt Eco den moralischen Verfall seines Heimatlandes mit knappen Worten: "Korruption ist autorisiert, die Mafia offiziell im Parlament, der Steuerhinterzieher an der Regierung, und im Gefängnis sitzen nur die albanischen Hühnerdiebe". (Hanser, 240 Seiten, 21,90 Euro) (kse)
Doris Dörrie ist nicht nur Regisseurin und Filmproduzentin, sondern auch Schriftstellerin? Sie gehört also auch zu den "Dieben und Vampiren". So bezeichnet die "Meisterin" in Dörries neuem Buch Autoren, weil diese vom Erlebten anderer zehren. Alice lernt die "Meisterin" 1984 im Mexiko-Urlaub kennen. Die elegante Schriftstellerin wird zum Vorbild der jungen Deutschen, die bisher ihr Leben als Geliebte eines verheirateten Mannes vertrödelte. Jahrzehnte später ist Alice tatsächlich eine erfolgreiche Schriftstellerin. Doch einen Roman hat sie nie geschrieben.
Wenn man das hübsche Diogenes-Büchlein liest, ist klar: Doris Dörrie versteht was vom Schreiben. Sie weiß, wie man eine Geschichte so erzählt, dass man sie in einem Zug durchliest. Ein Schriftsteller lebt zweimal, heißt es in "Diebe und Vampire". Bei Dörrie sind es mindestens drei Leben. Vielleicht sollte man sich doch mal mit ihren anderen Büchern und Filmen beschäftigen. Das wären dann gleich weitere Geschenkideen. (Diogenes, 224 Seiten, 21,90 Euro) (sla)
Warum nicht mal ein Krimi aus Brandenburg? Ja, das größte der neuen Bundesländer bietet nicht nur Stoff für hämische Texte westdeutscher Liedermacher, sondern auch für spannungsgeladene Lektüre. Dass dies besonders für die ehemalige Industriestadt Brandenburg an der Havel zutrifft, stellt Jean Wiersch …
… seit nunmehr acht Jahren eindrucksvoll unter Beweis. Der ehemalige Polizist schickt in "Havelwasser", "Havelsymphonie", "Haveljagd" und "Havelgeister" Kommissar Andrea Manzetti auf Verbrecherjagd. Egal, ob ein Geistlicher, ein Ehepaar oder auch ein Sprayer ermordet wird: Bei seinen Ermittlungen kann sich der Halbitaliener stets auf seine Frau, seine Tochter und seine Hartnäckigkeit verlassen. Oder auf Rechtsmediziner Bremer - wenn dieser zurechnungsfähig ist. (Prolibris, 220 bis 235 Seiten, jeweils 12,00 Euro) (cri)
Diesen Sommer ist mit "Havelbande" der nunmehr fünfte Band der "Havel-Krimis" erschienen. Erneut spielt die Geschichte in der traditionsreichen Domstadt in der Mark. Nur: Diesmal hat Manzetti Pause. Nichtsdestotrotz bietet Wierschs neuestes Werk abermals einen verzwickten Mordfall, dessen Spuren tief in die Vergangenheit reichen - und Kommissar Barrus mit Kunstraub und Kriegsverbrechen konfrontieren. (Prolibris, 215 Seiten, 12,00 Euro) (cri)
Auch der Wind der Geschichte weht über die Dörfer. Auf fast 500 Seiten entblättert Regine Scheer das Panorama des Dorfes Machandel vom Zweiten Weltkrieg bis über das Ende der DDR hinaus. Die Protagonisten berichten von den Kriegstagen und dem Aufbau, von Flüchtlingen und Überzeugten, von Gescheiterten und denen, die schon immer da waren. In monologischen Erinnerungen und Protokollen entspinnen sich Familienbeziehungen, Dramen und unerfüllte Wünsche.
Es ist ein großes Stück deutsche Geschichte mit Blick nach Osteuropa, das sich Seite für Seite zusammensetzt. Die Einwebung des Grimmschen Märchens "Von dem Machandelboom" bringt obendrein einen Schuss Mystik - und lässt über kleine handwerkliche Schwächen des Debütromans hinwegsehen. (Knaus, 480 Seiten, 22,99 Euro) (jwu)
"Großmutter, warum hast du so große Ohren?" Diese Frage kennt wohl jedes Kind, schließlich gehört die Geschichte vom Rotkäppchen zu den bekanntesten Märchen überhaupt. Die wenigsten jedoch dürften damit die großmütterliche Antwort "Ich betätige mich als ehrenamtliche Mitarbeiterin des Ministeriums für Staatssicherheit!" verbinden. Die DDR-Version des Märchens ist nur eine von Dutzenden Varianten, …
… die Hans Ritz in "Die Geschichte vom Rotkäppchen" zusammengetragen hat. Neben der Grimmschen Originalversion finden sich in dem Büchlein auch Parodien wie "Rotkäppchen auf Amtsdeutsch", "Rotkäppchen auf Mathematisch" oder in der Version von Otto Waalkes. All diese Varianten sowie die Tatsache, dass Ritz sich dabei ausführlich mit der Entwicklung der Erzählung auseinandersetzt, machen sein Werk zu einem ganz besonderen Märchenbuch. (Muriverlag, 296 Seiten, 10,00 Euro) (cri)
Einfach der schnelllebigen Welt entfliehen und die schönen Seiten des Lebens genießen - wer hin und wieder davon träumt, sollte sich Hermann Hesses "Knulp" zu Gemüte führen.
In drei kurzweiligen Geschichten geht es um den Landstreicher Knulp, der überall gern gesehen, doch nirgendwo wirklich zu Hause ist. Der sympathische Charmeur entzieht sich den gesellschaftlichen Zwängen und fristet trotz vollkommener Freiheit ein einsames Dasein. Wer Joseph von Eichendorffs "Aus dem Leben eines Taugenichts" mag, wird Hesses "Knulp" lieben. (Suhrkamp, 144 Seiten, 7,00 Euro) (cri)
Wer schon mal dabei ist, kann sich gleich noch einen Hesse vornehmen: Grau und etwas zäh, so präsentiert sich zu Beginn der alternde "Der Steppenwolf". Wer sich mit dem Protagonisten weiterschleppt und das Verlangen nach dem Ende ignoriert, wird wie er belohnt. Dann bekommt diese Geschichte Tempo, Farbe und Tiefe, alles sprachlich wundervoll ausgestaltet. Ein Lehrbuch des Lebens für Jüngere, für Ältere ein Ratgeber zur Reflexion. (Suhrkamp, 288 Seiten, 7,99 Euro) (rpe)
Wer Hesse sagt, muss auch Max Frisch sagen: Homo Faber will nicht mehr. Während er versucht, sein Ende hinauszuzögern, trifft er auf eine junge Frau, die ihm den Kopf verdreht - und den Tod, aber anders als gedacht. Und dann ist da noch Hanna, die große Liebe aus der Vergangenheit. Max Frisch erzählt aus der Ich-Perspektive und verstrickt sich mit seinen Rechtfertigungen vor sich selbst immer wieder in Widersprüche. Das Seelenbild eines fast zu Ende gelebten Lebens. (Suhrkamp, 208 Seiten, 8,00 Euro) (rpe)
Ein ebenfalls empfehlenswerter Klassiker ist Friedrich Wolfs "Professor Mamlock". Das Stück spielt im Deutschland Anfang der 1930er-Jahre. SA-Truppen liefern sich Straßenschlachten mit Kommunisten; die Weimarer Republik ist dem Untergang geweiht. Inmitten dieser turbulenten Zeit ist der Chefchirurg Professor Mamlock auf seiner Station um Normalität bemüht. Doch auch unter seinen Mitarbeitern fängt die Ideologie der erstarkenden Nationalsozialisten an, allmählich Früchte zu tragen.
Zwar steht auch Mamlock für Werte wie Sauberkeit, Mut und Kameradschaft ein und ist als Weltkriegsveteran nicht zuletzt Träger des Eisernen Kreuzes I. Klasse - doch: er ist Jude. Schon bald erfahren er und seine Familie den aufkeimenden Antisemitismus am eigenen Leib. Für den vaterlandstreuen Mediziner bricht eine Welt zusammen.
Als Friedrich Wolf 1933 "Professor Mamlock" verfasst, befindet er sich längst im Exil. Noch heute ist seine Gesellschaftskritik an der ehemaligen, sich selbst ruinierenden Heimat lesenswert. In dem tragischen Theaterstück erzählt er eine ergreifende Geschichte um Prinzipien, Korrumpierung und Verrat und skizziert den Weg der deutschen Gesellschaft in den Faschismus. (Reclam, 123 Seiten, 3,80 Euro) (cri)
Gläschen gefällig? "Der Trinker" gilt als das persönlichste Werk des Schriftstellers Hans Fallada. 1944 verfasste er den Roman heimlich im Gefängnis. Es geht darin um Erwin Sommer - und Erwin Sommer geht es schlecht. Sein Geschäft läuft nicht, Gleiches gilt für die Ehe. Seinen Kummer spült er mit Alkohol weg. Wieso es zu Weihnachten nun ausgerechnet dieser Klassiker sein soll? Weil er nochmal spannend neu aufgelegt wurde.
Der Kampf gegen die Sucht verlangt nach verstörenden Bildern. Und genau solche liefert der Illustrator Jakob Hinrichs. Für Metrolit hat er dem Stoff eine düstere Maske in Schwarz, Weiß und Magenta aufgesetzt. Hinrichs Adaption beginnt in der Landesanstalt Neustrelitz-Strelitz, wo einst Fallada einsaß und lässt dann die Geschichten von Autor und Protagonist gemeinsam über die Seiten plätschern. (Metrolit, 160 Seiten, 25,00 Euro) (ame)
Ein Klassiker ganz anderer Natur ist diese Schauspielerin: Ingrid Bergman, in Schweden geboren, in Hollywood zum Star geworden, aber auch in Rom, Paris, London und New York war sie zu Hause. Sie gilt als die größte Schauspielerin des 20. Jahrhunderts – 2015 wäre sie 100 Jahre geworden. Schirmer-Mosel feiert "die" Bergman mit einem opulenten Bildband über ihr Leben.
Die ersten schauspielerischen Gehversuche; der internationale Durchbruch in Hollywood mit dem unvergessenen Klassiker "Casablanca" etwa; die Ehe mit Roberto Rossellini; die Geburt ihrer Kinder.
Auf mehr als 500 Seiten tummeln sich nahezu 400 Abbildungen. Da der Jubiläumsband in enger Zusammenarbeit mit Bergmans Kindern entstand, finden sich darunter zudem viele fotografische Schmuckstücke aus dem Familienarchiv. Der Band ist ein Muss für alle Film- und Bergman-Fans! (Schirmer Mosel, 528 Seiten, 49,80 Euro) (bad)
Miranda July muss eine von diesen unverschämten Menschen sein, denen irgendwie alles gelingt. Sie hat schon Musik aufgenommen und mit multimedialen Kunstwerken wie der Service-App "Somebody" von sich reden gemacht. Für ihren ersten Spielfilm "Ich und du und alle die wir kennen" wurde sie einst in Cannes mit dem Filmpreis Caméra d'Or ausgezeichnet. Als wäre das an Talent nicht schon genug: Die 41-Jährige kann auch noch schreiben.
Mit ihrem ersten Roman "Der erste fiese Typ" landete sie in diesem Jahr einen Hit, bereits 2007 erschien ihre Kurzgeschichtensammlung "No one belongs here more than you". Mit scharfer Beobachtungsgabe erinnert July damit an sonderbare Alltäglichkeiten, die man vielleicht kennt, jedoch nicht einmal im Ansatz so hätte wiedergeben können. Gibt es auch auf deutsch, macht aber lange nicht so viel Freude. (Scribner, 224 Seiten, 11,95 Euro) (ame)
Männer erklären gerne mal, wie die Welt funktioniert - vor allem Frauen. Da ist sich Rebecca Solnit sicher. Wie das genau funktioniert erklärte sie vor einiger Zeit in ihrem Essay "Wenn Männer mir die Welt erklären", der später auch namensgebend für ihr Buch werden sollte. "Mensplaining" hieß der Begriff, den die 54-jährige Schriftstellerin aus Kalifornien aus den englischen Wörtern "men" (Mann) und "explaining" (erklären) schuf und der dann ...
... in feministischen Internet-Ecken und darüber hinaus in der ganzen Welt verbreitet wurde. Es geht um Machtverhältnisse in der Gesellschaft, um Bevormundung und Deutungshoheit. Wer Zeitgenössisches über Geschlechterrollen lesen will und Laurie Penny zu links, Roxane Gay zu unakademisch findet, der kommt an Solnit nicht vorbei. (Hoffmann und Campe, 176 Seiten, 16 Euro) (ame)
In Deutschland gibt es keinen anderen Fußballverein, der so polarisiert, wie Bayern München. Rekordmeister, Rekordpokalsieger, Rekordeinnahmen, Rekordtransfers. Rekordneid? Die Bayern-Fans sagen ja, die Gegner sind sich keiner Schuld bewusst. Warum auch. Sie halten es mit den Toten Hosen und singen "Wir würden nie zum FC Bayern München gehen. Nie zu den Scheiß-Bayern gehen."
Das sehe ich auch so. Der Bundesliga ginge es ohne den "Großkopferten" besser: Sie wäre wieder ausgeglichener, vielleicht würden es Klubs wie Eintracht Frankfurt dann auch mal wieder schaffen Meister zu werden? Flucht vor der Realität. Vielleicht. Aber was bleibt einem Fußball-Traditionalisten denn sonst auch übrig? Das "Mia san mia" der Bayern stinkt mir. Da helfen auch die "111 Gründe Bayern München zu lieben" nicht weiter. Allerdings ist das Buch eine ganz klare Empfehlung für die Millionen Jünger der "Roten" aus München. (Schwarzkopf & Schwarzkopf, 256 Seiten, 9,99 Euro) (bad)
Totgesagte leben länger. So erging es in der Autoindustrie beispielsweise Jaguar oder auch Borgward. Nur bei Karmann wartet der Karosserieenthusiast noch auf eine Wiederbelebung. Tradition satt verspricht die Marke, deren Wurzeln bis zur vorletzten Jahrhundertwende reichen. Zwei Weltkriege überstanden, Auftragsfertigungen für alle namhaften deutschen Hersteller - und am Ende doch die Insolvenz.
Das verspricht Spannung und die liefert Bernd Wiersch in seinem bei Delius-Klasing erschienenen Buch auch. Fakten satt, verpackt in einer flüssigen Schreibe - das macht Spaß! Dass Wiersch nicht in den offiziellen Unternehmensarchiven wühlen durfte, fällt dank der Fachkompetenz des Autors nicht ins Gewicht. (Delius Klasing, 208 Seiten, 29,90 Euro) (bad)
Ausdauersportler haben ein Problem, wenn sie noch jung sind: Ihnen fehlt schlichtweg die Zeit fürs Training. Das ändert sich im "Alter" dann. Und so verwundert es nicht, dass der Sportverlag Covadonga ein Trainingsbuch für Ausdauersportler "ab 50" herausgebracht hat. Verfasst hat es kein Geringerer als Joe Friel, Ausdauer-Ikone und mittlerweile selbst über 70.
Er räumt mit dem Vorurteil auf, dass Ausdauersportler - egal, ob nun Läufer, Schwimmer, Radfahrer oder Triathlet - mit zunehmendem Alter einen Teil ihrer Leistungsfähigkeit einbüßen. Fundiertes Wissen, gut les- und nachvollziehbar findet sich auf etwas mehr als 300 Seiten - und die Erkenntnis, dass Älterwerden auch etwas Positives haben kann. Friels Trainingsfibel ist genau das Richtige für die Nachweihnachtszeit - und für jedes Alter. (Covadonga, 312 Seiten, 19,80 Euro) (bad)
Lernen gegen die Verzweiflung: "Durch die Wand" klingt erstmal nach Sylvester Stallone oder Vin Diesel, hat damit in diesem Fall aber gar nichts zu tun. Es geht um eine junge Frau, die "es" gegen alle Widrigkeiten geschafft hat. "Blättere ich heute die vielen dicken Ordner durch, die der Fall Bislimi über all die Jahre füllte, kann ich es noch immer kaum glauben. In regelmäßigen Abständen erreichten uns diese hässlichen Umschläge, und sie enthielten nie etwas Gutes. Jedes Mal öffneten wir sie mit bangen Gefühlen …", schreibt Nizaqete Bislimi.
14 Jahre lebt sie, die mit ihrer Familie 1993 als 14-Jährige von Fluchthelfern aus dem Kosovo gebracht wird, mit der Angst, abgeschoben zu werden. Und das Roma-Mädchen geht einen Weg, der ihr nicht gerade in den Schoß gefallen ist: Sie schafft es, Anwältin zu werden. Davon erzählt sie in ihrem Buch "Durch die Wand" - aktueller geht es kaum. (DuMont, 256 Seiten, 19,99 Euro) (soe)
Zum Schluss noch ein Ratgeber für die ganze Familie: Wenn Ihnen der Name "Paolo Pinkas" nichts mehr sagt, dann haben Sie entweder a.) damals keine Nachrichten gesehen b.) kein Herz für Talkshow-Moderatoren oder c.) sich das Hirn selbst mit weißen Substanzen vernebelt beziehungsweise zerlöchert. Und falls Sie sich aufklären lassen wollen, mit allem PiPaPo in Bezug auf Drogen, dann sei Ihnen dieses Buch ans hoffentlich gleichmäßig klopfende Herz gelegt. Hier wird alles beantwortet, was Sie nie zu fragen wagten, ...
... wie zum Beispiel: "Wandte man im alten Rom Opium tatsächlich auch gegen Schlaflosigkeit an?" oder "War Hitler wirklich gegen Alkohol-, Nikotin- und Fleischkonsum und war er nicht trotzdem ein mieses Schwein?" Das alles können Sie lesen, lernen und im "Raum für eigene Notizen" erweitern, sofern Erfahrungen oder Wünsche vorhanden. (Rogner und Bernhard, 279 Seiten, 19,95 Euro) (soe)