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Brandherde, Mittagshitze, lüften Zwölf Hitzemythen im Faktencheck

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Eine Frau kühlt sich am Albertplatz in Dresden ab.

(Foto: picture alliance/dpa)

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Die Hitzewelle sorgt nicht nur in sozialen Netzwerken für feurige Diskussionen. Viele Behauptungen werden aufgestellt: Im Schatten gäbe es keinen Sonnenbrand, Extremtemperaturen lösten Waldbrände aus und Werte von 40 Grad gehörten in Deutschland zur Normalität. Aber stimmt das überhaupt?

40 Grad im Sommer sind in Deutschland normal

In den vergangenen Tagen ist die 40-Grad-Marke in den Wetterberichten geradezu inflationär benutzt worden. Das liegt natürlich an den Prognosen der Wettercomputer, mit denen uns die Vorhersagen vermitteln könnten, dass 40 Grad in Deutschland ganz normal sind. Das Gleiche gilt für Social-Media-Kommentare wie "Endlich mal Sommer - endlich mal wieder Hitze". Dabei sind 40 Grad in Deutschland alles andere als normal.

Die 40-Grad-Marke ist eine Schallmauer, die in der deutschen Wettergeschichte offiziell erstmalig im Jahr 1983 überschritten wurde. Und zwar am 27. Juli 1983 im bayrischen Gärmersdorf mit 40,2 Grad. Danach gab es eine erneute lange Pause, bevor es die extreme Hitze mit neuen Rekorden aus den Tiefen der Sahara mehrfach nach Deutschland verschlug - nämlich im Jahr 2015 mit 40,3 Grad und anschließend eben wieder im Juli 2019 mit Spitzen bis 40,5 Grad am 24. Juli und über 41 Grad am 25. Juli 2019.

Mittags ist es am heißesten ("Mittagshitze")

Erreicht werden die höchsten Temperaturen des Tages übrigens nicht etwa in der sogenannten Mittagshitze, sondern in der Regel erst am Nachmittag. Es sei denn, es funken Gewitter oder ein Luftmassenwechsel dazwischen. Auch eine Winddrehung kann beispielsweise an der Küste dazu führen, dass es bereits frühzeitiger den Höhepunkt der Temperaturen gibt. Das ist aber eher selten.

Im Schatten bekommt man keinen Sonnenbrand

Selbst im Schatten ist das Bad in der Sonne nicht ganz unbedenklich. Rund ein Drittel der ultravioletten Strahlung kommt im Schatten auf der Haut an. Insbesondere für empfindliche Hauttypen und Kinder ist also der Sonnenschutz durch Sonnencremes auf jeden Fall weiterhin notwendig.

Sommer sollten trocken und heiß sein

Auch hier vermitteln soziale Netzwerke und die vorgetragenen Meinungen oftmals ein falsches Bild vom Sommer. Gerade die Monate von Mai bis August zeichnen sich in unseren Breiten durch hohe Regensummen aus. Das ist der Tatsache geschuldet, dass die Luft warm ist und somit viel Feuchtigkeit transportieren kann - eine ideale Grundlage für sommerliche Gewitterlagen mit entsprechenden Regenmengen. Im Durchschnitt fallen in den Sommermonaten häufig um die 70 bis 80 Liter pro Quadratmeter und Monat, während es im Winter eher um die 50 bis 60 Liter sind.

Hitze löst Waldbrände aus

Wenn Hitze tatsächlich für Brände verantwortlich wäre, dann müssten es locker mal um die 300 bis 400 Grad sein. Die höchsten je gemessenen Temperaturen auf der Erde bewegen sich aber im Bereich um die 55 Grad. Das reicht somit bei Weitem nicht aus - auch wenn diese Temperaturen im Schatten und in zwei Metern Höhe gemessen werden. Am Boden und in der Sonne sind höhere Werte drin. Aber auch die sind viel zu gering, um ein Feuer zu entfachen.

Feuer durch weggeworfene Glasflaschen

Es ist zwar nicht ganz auszuschließen, dass Glasscherben als Brennglas fungieren können und dass auf diesem Wege Waldbrände ausgelöst werden, wahrscheinlich ist es aber nicht. Der überwiegende Teil der Brände hat andere Ursachen - und die hängen nahezu ausschließlich mit menschlichen Aktivitäten zusammen: offenes Feuer, Grillen, unachtsam entsorgte Zigarettenkippen oder sogar Brandstiftung, um nur einige Auslöser zu nennen.

Nur morgens und abends lüften

Morgens, abends und in den Nächten lüften ist auf jeden Fall sehr ratsam. Doch auch tagsüber ist unverbrauchte Luft wichtig. Auch wenn diese heiß ist. Eine Linderung gegen die Temperaturen bringt hierbei Bewegung in der Luft, sprich: Wind, beispielsweise durch Ventilatoren. Oftmals muss es gar nicht der Riesenpropeller sein, sondern ein kleines Gerät reicht durchaus, um ein bisschen Abkühlung zu bringen.

Im Sommer sollten wir nur Kaltes trinken

Erst einmal ist es wichtig, ausreichende Mengen zu trinken. Alkoholfreie und ungesüßte Getränke - kalt, lauwarm oder wie es verträglich ist. Aber bitte mehr als die oft zitierten zwei bis zweieinhalb Liter pro Tag. Drei Liter oder mehr sind ratsam. Gerade bei älteren Semestern ist das ein großes Problem, denn im Alter kostet das ausreichende Trinken in der Regel mehr Überwindung.

Hitze ist gleich Hitze

Trockene Hitze, wie beispielsweise in der Wüste oder in der Sauna ohne Aufguss, ist wesentlich leichter als feuchte Hitze. Denn umso mehr Wasserdampf in der Luft gelöst ist, desto belastender und unangenehmer ist es für uns. Zudem erschwert feuchtere Luft die Verdunstung, die ja - angetrieben durch das Schwitzen - für die Kühlung unseres Körpers wichtig ist.

Tropennächte, Sommer- und Hitzetage - was ist was?

Verwirrung herrscht wiederholt bei den Definitionen in der bunten Sommerwelt. Ein Sommertag ist es, wenn die Temperatur die Sommermarke von 25 Grad erreicht. Steigt der Wert auf 30 Grad und mehr, dann ist es ein Hitzetag. Von extremer Hitze wird in unseren Breiten meistens ab 35 Grad gesprochen. 20 Grad sind hingegen die Untergrenze für eine Tropennacht. Kühlt es nachts nicht unter 20 Grad ab, dann ist es tropisch warm.

Kissen, Decken und Polster aus der Wohnung verbannen

Was uns wärmt, wärmt unsere vier Wände noch lange nicht. Dementsprechend ist es ziemlicher Humbug, Kissen oder Decken zu verbannen. Das ändert an der Hitze gar nichts. Derweil ist natürlich das Verbannen des Sonnenlichts enorm sinnvoll.

Hitze ist doch harmlos - was sind schon "stille Unwetter"

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Unwetter kommen für gewöhnlich mit Knall und Krawall einher. Per Definition sind es schließlich Extremwetterereignisse, und damit spielen sie in unserer Wahrnehmung im Dunstkreis von Sturm, Gewittern oder Starkregen. Doch auch Hitzewellen sind Extremwetterereignisse - aber eben lautlose oder stille Unwetter, die leider mit hohen Opferzahlen einhergehen können.

Vor allem Temperaturen über 35 Grad erhöhen die Sterblichkeitsrate signifikant. Das hieß zum Beispiel im enorm heißen Sommer im Jahr 2003, dass europaweit von mehreren Zehntausend Toten ausgegangen wurde, die direkt oder indirekt der enormen Hitze zum Opfer gefallen sind.

(Dieser Artikel wurde am Dienstag, 19. Juli 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de

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