Politik

Obergrenze soll nicht so heißen CDU und CSU stehen vor Durchbruch

Horst Seehofer und Angela Merkel suchen nach einem Kompromiss.

Horst Seehofer und Angela Merkel suchen nach einem Kompromiss.

(Foto: dpa)

Es sieht nach einer Einigung aus: CDU und CSU sind dabei, eine gemeinsame Linie bei Zuwanderung und Flüchtlingen zu finden. In einem Entwurf dafür legen sie eine Art Obergrenze für Flüchtlinge fest. Auch wenn sie diese nicht so nennen.

CDU und CSU stehen nach jahrelangem Streit vor einem Durchbruch beim Thema Migration - und wollen die Zuwanderung offenbar mit einer Art Richtwert deckeln. Das berichten mehrere Nachrichtenagenturen übereinstimmend und berufen sich auf Teilnehmerkreise der Unionsverhandlungen über einen gemeinsamen Kurs für die anstehenden Jamaika-Koalitionsgespräche. Aus der Runde um Kanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer hieß es am frühen Abend, man arbeite noch an einem endgültigen Text für die Einigung.

Mit einem Kompromiss in der lange schwelenden Obergrenzen-Debatte wäre das wichtigste Hindernis für einen gemeinsamen Kurs der zerstrittenen Unionsschwestern in den anstehenden Jamaika-Verhandlungen mit FDP und Grünen beseitigt. Der Kompromiss wird nach Informationen der Deutschen Presse Agentur eine Zahl von 200.000 Menschen als Obergrenze enthalten. Diese werde sich auf den humanitären Zuzug beziehen, also auf Asylbewerber und Flüchtlinge. Arbeitsmigration oder europäische Freizügigkeit seien nicht betroffen.

Seehofer kann sein Gesicht wahren

In dem Entwurf für eine Einigung heißt es, die Union strebe an, dass die Gesamtzahl der Aufnahmen aus humanitären Gründen die Zahl von 200.000 Menschen im Jahresschnitt nicht übersteigt. Unklar ist, ob es bei der Formulierung des Anstrebens bleibt oder eine konkretere Aussage getroffen wird.

Hier kommt Merkel an der CDU-Zentrale in Berlin an, wo das Treffen stattfindet.

Hier kommt Merkel an der CDU-Zentrale in Berlin an, wo das Treffen stattfindet.

(Foto: dpa)

CDU/CSU fassen demnach unter diese Zahl neben Flüchtlingen Menschen mit eingeschränktem Schutzrecht (subsidiär Geschützte), Familiennachzug, Umsiedlung von Flüchtlingen (Relocation und Resettlement). Abgezogen werden soll die Zahl der Rückführungen sowie der freiwilligen Ausreisen.

Das Wort Obergrenze fällt nicht

Sollte die Zahl 200.000 tatsächlich in der Endfassung des Kompromisses stehen, hätte Seehofer zumindest einen gesichtswahrenden Kompromiss erreicht. Er hatte in den vergangenen Jahren gegen Merkels strikten Widerstand auf einer Flüchtlings-Obergrenze in dieser Größenordnung bestanden. Auch mit den Grünen dürfte eine Obergrenze in den Verhandlungen über ein Jamaika-Bündnis nicht durchzusetzen sein.

Auch künftig soll kein Asylsuchender an der deutschen Grenze abgewiesen werden. In Fällen, in denen Menschen an der Grenze Asyl beantragten, werde es auch künftig ein ordentliches Verfahren geben, hieß es weiter. Das Wort Obergrenze werde deshalb nicht verwendet, hieß es weiter. Damit werde Merkels Zusage umgesetzt, dass das Grundrecht auf Asyl keine Obergrenze kenne.

Asylbewerber sollen in Zentren bleiben

CDU und CSU wollen sich zudem für eine EU-weite Lösung im Umgang mit Asylsuchenden und Flüchtlingen einsetzen. Die illegale Migration solle reduziert und die Schlepperkriminalität besser bekämpft werden. Der Kompromiss sieht nach dpa-Informationen auch eine Ausnahmeregelung vor. Demnach sollen in Ausnahmesituationen - beispielsweise humanitären Krisen - Bundesregierung und Bundestag sich mit der Frage befassen, wie man mit einem möglichen neuen Flüchtlingsansturm auf Europa und Deutschland umgeht.

Neu ankommende Asylbewerber sollen demnach künftig in speziellen Aufenthaltszentren bleiben, bis über ihre Verfahren entschieden ist. Verfahren sollen nach den Plänen der Unionsschwestern in "Entscheidungs- und Rückführungszentren" gebündelt werden. Vorbild seien entsprechende Einrichtungen in den bayerischen Städten Manching und Bamberg sowie im baden-württembergischen Heidelberg. Falls Anträge abgelehnt werden, sollten die Betroffenen aus diesen Einrichtungen zurückgeführt werden.

Zudem wird in dem Entwurf die Forderung untermauert, die Liste der sicheren Herkunftsländer zu erweitern. Dies gelte mindestens für Marokko, Algerien und Tunesien. CDU und CSU einigten sich zudem auf ein neues Gesetz zur Steuerung der Fachkräftezuwanderung. Außerdem sollen die Kontrollen an den deutschen Außengrenzen vorerst nicht eingestellt werden.

Gespräche werden vertagt

Auch nach dem Durchbruch beim Thema Obergrenze, sind die Beratungen der Schwesterparteien noch nicht beendet. Sie wurden aber vertagt, wie ein Parteisprecher am späten Abend erklärte. Ein Datum nannte er nicht.

Seehofer hatte vor dem Treffen - auch angesichts der Wahlerfolge der AfD - auf eine konservative Rückbesinnung der Union gedrängt. Die Union war bei der Wahl am 24. September zwar stärkste Kraft geworden, hatte aber mit 32,9 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit 1949 eingefahren. Nachdem sich die SPD auf eine Oppositionsrolle festgelegt hat, will Merkel mit FDP und Grünen über ein Bündnis verhandeln.

Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP

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