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Erste Gipfel-Ergebnisse Deutschland-Ticket vertagt, Bürokratie-Abbau kommt

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Scholz will weniger Hürden für den Bau - und bekommt sie nun auch.

Scholz will weniger Hürden für den Bau - und bekommt sie nun auch.

(Foto: picture alliance/dpa)

Der große Brocken Migration ist noch zu klären, doch in anderen Fragen kommen Ministerpräsidenten und Bundeskanzler zu Vereinbarungen. Die künftige Finanzierung des Deutschland-Tickets soll erst 2024 besprochen werden. Scholz bejubelt den Abbau von Regelungen beim Bau von Häusern und Infrastrukturprojekten.

Bund und Länder haben die Entscheidung über die Zukunft des sogenannten Deutschland-Tickets auf 2024 vertagt. Bei der Beratung im Kanzleramt vereinbarte die Bundesregierung am Montag mit den 16 Ministerpräsidenten, dass nicht ausgegebene Zuschüsse aus dem Jahr 2023 im kommenden Jahr verwendet werden können. 2024 würden sich Bund und Länder dann "rechtzeitig" über die weitere Finanzierung verständigen - "einschließlich eines Mechanismus zur Fortschreibung des Ticketpreises, der auch eine Erhöhung beinhalten kann", heißt es weiter.

Damit folgt die Bundesregierung weitgehend einem Vorschlag, den die Länder in ihrem gemeinsamen Positionspapier vorgelegt hatten. Die Idee, die Restmittel zu verwenden, geht auf sie zurück. Wie für das Einführungsjahr 2023 vereinbart, hatten die Länder zuletzt auch für 2024 eine Bundes-Zusage gefordert, mögliche Mehrkosten zur Hälfte zu tragen. Von dieser Forderung nahmen sie nun Abstand. Stattdessen forderten sie, dass die Verkehrsminister beauftragt werden, "rechtzeitig ein Konzept zur Durchführung des Deutschlandtickets ab dem Jahre 2024 zu erarbeiten. Damit kann eine weitere Nachschusspflicht durch Bund und Länder im Jahr 2024 ausgeschlossen werden".

Laut einer Prognose des Verbands der Verkehrsunternehmen dürften die Verluste für die Branche 2023 wegen des Ticketstarts erst im Mai bei 2,3 Milliarden Euro liegen, für das volle Jahr 2024 dann bei 4,1 Milliarden Euro. Bei zwei Mal drei Milliarden Euro öffentlicher Zuschüsse für 2023 und 2024 ergäbe sich unter dem Strich also eine Finanzlücke von 400 Millionen Euro. Verkehrsminister Volker Wissing machte mehrmals deutlich, dass es vorerst noch keine genauen Berechnungen von Mehrkosten gebe. Der FDP-Politiker sieht derzeit keine Grundlage für Zuschüsse über die bereits zugesagten Mittel hinaus.

Scholz sieht bedeutenden Fortschritt

Gleich zu Beginn des Gipfeltreffens konnte Bundeskanzler Olaf Scholz eine Einigung über den von ihm so bezeichneten Beschleunigungspakt verkünden. Mit diesem wollen Bund und Länder mehr Tempo in Planungs- und Genehmigungsverfahren bringen, damit Windräder, Stromtrassen, Bahnstrecken und Wohnungen schneller gebaut werden können. Es gehe darum, "dass nicht noch ein Politiker sagt, alles soll schneller werden, sondern dass es tatsächlich passiert", sagte Scholz. In den letzten Jahrzehnten hätten Bund und Länder "mit großer Liebe und Zuneigung" immer mehr Vorschriften erfunden. Diese sollten nun vereinfacht werden.

Das Paket umfasse dazu an die hundert Einzelregelungen, unter anderem zu Autobahnen und Zugtrassen, zum Bau von Wohnungen, dem Ausbau von Dachgeschossen und dem Aufstellen von Mobilfunkmasten. Weitere Vereinfachungen etwa im Gesundheitswesen und der Wasserstoffindustrie sollten folgen, kündigte Scholz an.

Merz sieht Erfolg der Länder

Der hessische Regierungschef Boris Rhein betonte: "Ich freue mich sehr darüber, dass wir einig sind als Bund und Länder, und das ist im Föderalismus eben wichtig." Unter anderem beim Thema Bauen werde vieles erleichtert, sagte der CDU-Politiker. Einmal erteilte Typengenehmigungen für serielles Bauen sollten etwa bundesweit gelten. Der Um- und Ausbau von Wohnungen werde nicht mehr an Auto-Stellplätzen scheitern. Ein Windrad könne ohne Genehmigung an der gleichen Stelle durch ein anderes ersetzt werden.

CDU-Chef Friedrich Merz lobte die Bund-Länder-Pläne für schnellere Planungsverfahren - hob dabei aber vor allem die Länder hervor. Sie und nicht Bundeskanzler Scholz seien die treibende Kraft gewesen, sagte Merz dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Es ist gut, dass die Bundesländer bei der Planungsbeschleunigung den Druck aufrechterhalten und sich durchgesetzt haben." Das Papier habe fast ein halbes Jahr offenbar unbearbeitet im Kanzleramt gelegen. Jetzt müssten schnell Gesetze kommen.

Schwierigstes Thema: Migration

Das Paket soll aus Sicht des Kanzleramts Kern des von Scholz angestoßenen Deutschlandpakts sein. Die Union und die Länder, die Scholz damit adressiert hatte, haben den "Pakt" inzwischen aber thematisch erweitert und Forderungen zur Eindämmung der Migration gestellt. Diese Forderungen stehen im Zentrum des Bund-Länder-Treffens, das sich wegen der unterschiedlichen Positionen der Bundesländer zum Thema um drei Stunden verzögert hatte und erst am frühen Abend begann. Zum Verdruss der SPD-geführten Bundesländer hatten die von CDU und CSU regierten Bundesländer sowie Baden-Württemberg am Montag weitere Wünsche für ein gemeinsames Positionspapier aller Bundesländer eingebracht, die nach zähen Gesprächen zum Teil übernommen worden sind.

Offen ist, welche dieser Vorschläge sich die Bundesregierung zu eigen machen wird. Zumal die Bundesländer gemeinsam deutlich mehr Geld für Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen und anderen Zuwanderern fordern. Die Bundesregierung verweist auf leere Kassen. Ob noch im Laufe des Abends eine Einigung erzielt werden kann, ist offen.

Quelle: ntv.de, shu/dpa

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