Kanzler will umverteilen EU-Haushalt: Scholz kontert Forderung nach mehr Geld
27.10.2023, 17:28 Uhr Artikel anhören
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen will der Ukraine bis 2027 mit 50 Milliarden Euro helfen. Kanzler Scholz will der EU dafür aber nicht mehr Geld zur Verfügung stellen.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Die Staaten der Europäischen Union ringen um die Finanzierung des Gemeinschaftshaushalts. Grund dafür ist eine Milliardensumme, die der Ukraine in Aussicht gestellt wurde. Einige Staatschefs fordern daher mehr Geld von den Ländern, Kanzler Scholz verfolgt einen anderen Weg.
In Brüssel zeichnen sich komplizierte Gespräche über die finanzielle Ausstattung des EU-Gemeinschaftshaushalts ab. Länder wie Slowenien, Bulgarien und Estland forderten beim Gipfeltreffen wie die EU-Kommission, den mehrjährigen Finanzrahmen aufzustocken. Deutschland, Schweden oder auch die Niederlande wollen hingegen lediglich bereits zugesagte Mittel umverteilen.
Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, es seien "natürlich" zusätzliche Mittel zur Unterstützung der Ukraine nötig. Neue "finanzielle Aufgaben" sollten aber in erster Linie durch "Repriorisierungen und Umschichtungen" im EU-Haushalt ermöglicht werden. In Anspielung auf die Kommission ergänzte er: "Da ist noch nicht sehr viel Arbeit bisher geschehen, da muss noch mehr Intensität in diese Aufgabe gesteckt werden." Das Thema werde die EU noch "einige Zeit" beschäftigen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte Ende Juni eine "Reserve" für die Ukraine in Höhe von 50 Milliarden Euro für die kommenden vier Jahre vorgeschlagen. Davon sind 17 Milliarden Euro als direkte Zuschüsse aus dem EU-Haushalt vorgesehen sowie weitere 33 Milliarden als Kredite.
Milliarden für Migration und Erneuerbare
Dafür müssten die Mitgliedsländer den bis 2027 geltenden Budget-Finanzrahmen nach Darstellung der Kommissionschefin massiv aufstocken. Weitere Milliarden sind für den Bereich Migration vorgesehen sowie für die Bewältigung von Naturkatastrophen und den Ausbau "grüner" Technologien. Insgesamt veranschlagt von der Leyen die Zusatzmittel auf 66 Milliarden Euro bis 2027. Das Europaparlament fordert sogar 76 Milliarden Euro zusätzlich von den Mitgliedsländern.
Estland etwa betonte zudem die Notwendigkeit höherer Militärausgaben. "Wir haben den Krieg (in der Ukraine) nicht vorhergesehen, und jetzt sind wir in der Situation, dass wir tatsächlich mehr in die Verteidigung investieren müssen", sagte die estnische Regierungschefin Kaja Kallas. Sie sei beunruhigt, denn im Kreis der Staats- und Regierungschefs habe sie nicht den Eindruck gehabt, dass dies allgemein so gesehen werde.
Slowenien und andere Länder fordern zudem mehr Geld, um mit den hohen Zahlen ankommender Migranten umzugehen. Auch der bulgarische Ministerpräsident Nikolaj Denkow forderte "zusätzliche Mittel" statt einer Umverteilung. Die Mittel aus der Kohäsionspolitik oder für die Landwirtschaft sollten nicht "beeinträchtigt" werden. Dies fordern aber neben Scholz auch weitere EU-Nettozahler wie Schweden, Dänemark und die Niederlande.
Aus Diplomatenkreisen hieß es, dass das Thema zu langen und zähen Verhandlungen beim nächsten Treffen der 27 Staats- und Regierungschefs im Dezember führen dürfte. Für Streit könnten auch noch die massiven Staatshilfen Deutschlands für die Wirtschaft sorgen. Kallas forderte, "die Regeln für staatliche Beihilfen abzuschaffen, denn am Ende werden selbst den reichen Ländern die Steuergelder ausgehen, um ihre Unternehmen zu subventionieren".
Scholz will sich hingegen dafür einsetzen, die gelockerten Beihilfevorgaben der EU bis 2027 beizubehalten. Mit Blick auf die von der EU-Kommission vorgeschlagene Haushaltsaufstockung kritisierte er zudem, dass dadurch "Kürzungsentscheidungen in unseren nationalen Ausgabeprogrammen" nötig würden.
Quelle: ntv.de, als/AFP