Politik

Corona-Sitzung ohne Ergebnis EU-Staaten können sich nicht einigen

Sie verhandeln und verhandeln: Bundesfinanzminster Scholz und seine EU-Kollegen per Videoschalte.

Sie verhandeln und verhandeln: Bundesfinanzminster Scholz und seine EU-Kollegen per Videoschalte.

(Foto: imago images/photothek)

Dass Europa seinen besonders von der Corona-Krise getroffenen Regionen helfen will, scheint klar. Nur wie, steht auf einem anderen Blatt. Es geht um Hunderte Milliarden Euro. Das Treffen der Finanzminister endet vorerst ohne Ergebnis - obwohl sicher geglaubte Lösungen bereits vorher im Raum standen.

Die Beratungen der EU-Finanzminister über Hilfen für schwächere Länder in der Corona-Krise sind ohne Einigung vorerst beendet worden. Wie Eurogruppen-Chef Mario Centeno mitteilte, unterbrach er die Verhandlungen, die am Donnerstag wieder aufgenommen werden sollten. "Nach 16 Stunden Gesprächen kamen wir nahe an eine Einigung, aber wir sind noch nicht am Ziel", erklärte er. Die per Videokonferenz geführten Verhandlungen seien in der Nacht immer wieder unterbrochen worden, um neue Dokumente und Formulierungen zu besprechen, hieß es aus Verhandlungskreisen.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz schrieb nach der Vertagung auf Twitter: "In dieser schweren Stunde muss Europa eng zusammenstehen. Gemeinsam mit (dem französischen Finanzminister) Bruno LeMaire rufe ich deshalb alle Euroländer auf, sich einer Lösung dieser schwierigen Finanzfragen nicht zu verweigern und einen guten Kompromiss zu ermöglichen - für alle Bürgerinnen und Bürger."

Es geht um eine gemeinsame Antwort der EU-Staaten auf die erwartete schwere Wirtschaftskrise als Folge der Covid-19-Pandemie. Nicht nur die Mitgliedstaaten haben bereits Programme von insgesamt mehreren Billionen Euro aufgelegt, auch auf EU-Ebene wurden Regeln gelockert und Milliarden aus dem EU-Budget mobilisiert und die Europäische Zentralbank hat ein riesiges Anleihekaufprogramm gestartet. Nun soll jedoch noch einmal nachgelegt werden.

Scholz hatte vor der Sitzung mit seinen EU-Kollegen für drei "Instrumente der Solidarität" geworben, die weitgehend konsensfähig schienen: vorsorgliche Kreditlinien des Eurorettungsschirms ESM für besonders getroffene EU-Staaten wie Italien; ein Garantiefonds für Unternehmenskredite der Europäischen Investitionsbank und das von der EU-Kommission vorgeschlagene Kurzarbeiter-Programm namens "Sure". Nach Angaben von Eurogruppen-Chef Mario Centeno ergäben sie zusammen ein "Sicherheitsnetz" im Wert mehr als 500 Milliarden Euro.

Streit gibt es jedoch immer noch über die gemeinsame Schuldenaufnahme in der EU über Gemeinschaftsanleihen, sogenannte Corona- oder auch Recovery Bonds. Frankreich, Italien, Spanien und andere Länder beharrten nach Angaben in der Sitzung darauf, solche europäischen Schuldtitel zumindest für Wiederaufbauprogramme nach der Pandemie ins Auge zu fassen. Deutschland, die Niederlande und andere hätten dies weiter abgelehnt, hieß es.

Die debattierten Finanzinstrumente im Überblick:

Kreditlinien des ESM

Beim Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM könnten sogenannte vorsorgliche Kreditlinien für die Staaten der Eurogruppe eingerichtet werden. Daran soll die Bedingung geknüpft werden, dass das Geld direkt in die Krisenbewältigung fließt. Bis zu 240 Milliarden Euro an Krediten könnten auf diese Weise ausgezahlt werden.

Ein Garantiefonds bei der EIB

Die Europäische Investitionsbank EIB hat einen sogenannten Paneuropäischen Garantiefonds vorgeschlagen, der so funktionieren könnte: Die EU-Staaten zahlen anteilig 25 Milliarden Euro in den Fonds ein, der zur Absicherung von Krediten der Investitionsbank an den Mittelstand dienen soll. Nach Einschätzung der EIB ließen sich so bis zu 200 Milliarden Euro an Liquidität für Firmen mobilisieren.

Die europäische Kurzarbeiter-Hilfe "Sure"

Das Konzept "Sure" der EU-Kommission soll Kurzarbeitergeld in den EU-Staaten unterstützen. Das sind Lohnzuschüsse für Firmen, die in der Krise trotz Auftragsmangels ihre Mitarbeiter nicht entlassen. Der Vorschlag: Die EU-Staaten hinterlegen unwiderrufliche Garantien in Höhe von 25 Milliarden Euro. Mit dieser Rückendeckung nimmt die EU-Kommission bis zu 100 Milliarden Euro zu günstigen Konditionen am Kapitalmarkt auf und reicht sie nach Bedarf für Kurzarbeit an EU-Staaten weiter.

Corona-Bonds oder Recovery Bonds

Dies würde so funktionieren: Mit fest verzinsten Wertpapieren leihen sich EU-Staaten gemeinsam Geld an Finanzmärkten, das direkt in die jeweiligen Haushalte flösse. Für Zinsen und Rückzahlung haften alle gemeinsam. Hoch verschuldete Staaten könnten so zu günstigeren Konditionen an frisches Geld am Kapitalmarkt kommen als alleine.

Quelle: ntv.de, mra/dpa

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