Politik

Völkermord-Resolution im Bundestag Erdogan appelliert an "Menschenverstand"

Erdogan warnt vor Folgen für die diplomatischen, wirtschaftlichen, politischen, kommerziellen und militärischen Beziehungen.

Erdogan warnt vor Folgen für die diplomatischen, wirtschaftlichen, politischen, kommerziellen und militärischen Beziehungen.

(Foto: AP)

Am Donnerstag will der Bundestag das Massaker an Armeniern durch die Türkei als Völkermord einstufen. Ankara versucht bis zuletzt, das zu verhindern. In einem Telefonat wendet sich Ankara an Kanzlerin Merkel. Daheim droht Erdogan.

Kurz vor der geplanten Verabschiedung einer Armenien-Resolution des Bundestages hat die Türkei in Telefonaten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Kritik verschärft. Präsident Recep Tayyip Erdogan appellierte an den "gesunden Menschenverstand" Deutschlands und warnte vor einer Verschlechterung der deutsch-türkischen Beziehungen. Ministerpräsident Binali Yildirim beklagte "die haltlosen und ungerechten politischen Urteile" der Entschließung. Deutsche Spitzenpolitiker aller Fraktionen stellten sich hinter die Resolution.

Wenn Deutschland "in diese Falle tappt, würde das unsere künftigen Beziehungen beschädigen - die diplomatischen, wirtschaftlichen, politischen, kommerziellen und militärischen Beziehungen", sagte Erdogan in Izmir. All dies müsse berücksichtigt werden. Nach der Abstimmung werde die Türkei über mögliche Reaktionen nachdenken. Nach Angaben eines Berliner Regierungssprechers ging es in dem Telefonat Merkels mit Erdogan neben der Armenien-Resolution auch um die weitere Umsetzung des EU-Türkei-Flüchtlingsabkommens. 

Regierungschef Yildirim sagte Merkel nach türkischen Angaben, seine Regierung, das ganze Land sowie Millionen Türken in Deutschland verfolgten die Entwicklung mit Sorge. Ankara erwarte von der Bundesregierung und vom Bundestag eine "respektvolle Haltung".

Der Bundestag stimmt am Donnerstag über eine von Union, SPD und Grünen eingebrachte Resolution über die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich vor hundert Jahren ab. Darin werden die Massaker, bei denen bis zu 1,5 Millionen Armenier sowie Aramäer und Angehörige weiterer christlicher Minderheiten ums Leben gekommen waren, als Völkermord eingestuft.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier äußerte die Hoffnung, dass die Resolution nicht "den Weg verstellt zu dem, was eigentlich notwendig ist", nämlich die Aufarbeitung des Geschehens durch die beiden Nachbarländer. Diese stehe "immer noch an und ich bin mir sicher, dass die schwierige Nachbarschaft zwischen Armenien und der Türkei nicht zu überwinden sein wird, wenn man sich nicht dieser Aufgabe irgendwann stellt", sagte er. Bislang haben mehr als 20 Staaten das Massaker als Völkermord eingestuft , darunter Frankreich, Italien und Russland.

Quelle: ntv.de, jwu/AFP

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