Politik

Neue sichere Herkunftsländer Guter Flüchtling, schlechter Flüchtling

Gazmend Syla hat sich in Deutschland bereits eingelebt.

Gazmend Syla hat sich in Deutschland bereits eingelebt.

(Foto: Benjamin Geese / n-tv.de)

Bundestag und Bundesrat entscheiden, ob der Kosovo, Albanien und Montenegro zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden. Das Gesetz soll vor allem ein Signal senden: Wirtschaftsflüchtlinge sind nicht willkommen.

Gazmend Syla ist die Art von Flüchtling, die sich viele Deutsche wünschen. Syla ist integrationswillig, spricht Deutsch, hat schnell Freundschaften gefunden und macht seit September eine Ausbildung zum Verkäufer in einem Magdeburger Sportgeschäft. Dort wurde er prompt zum Mitarbeiter des Monats gekürt. Syla ist hier, um zu arbeiten und sich eine Zukunft aufzubauen. Doch dazu wird es wohl nicht kommen. Denn sein Asylantrag wurde abgelehnt, bis Ende des Jahres muss der 31-Jährige Deutschland verlassen.

Für Syla wäre es bereits die zweite Ausweisung aus Deutschland, denn während des Kriegs im Kosovo war er als Kind schon einmal hier. Bleiben durfte er auch damals nicht.

Weder wurde Syla in seiner Heimat politisch verfolgt noch herrscht dort Krieg. Er war einfach nur arm. Für seine Arbeit in einem Restaurant hat er gut 80 Euro im Monat bekommen. Für das deutsche Asylrecht macht es einen Unterschied, ob die Sicherheit einer Person durch Artilleriegeschütze gefährdet ist oder durch Armut und ihre Folgen wie fehlende medizinische Versorgung.

Heute beschäftigt  sich der Bundestag in letzter Lesung damit, ob Kosovo, Albanien und Montenegro zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden sollen. Am Freitag entscheidet der Bundesrat - die Zustimmung mehrerer, vor allem rot-grün regierter Länder gilt als unsicher. Der Status des sicheren Herkunftslandes hätte für die Flüchtlinge aus diesen Ländern die Folge, dass ihnen quasi per Gesetz unterstellt würde, keinen triftigen Grund für einen Asylantrag zu haben. Die Anträge sollen schneller abgelehnt, die Verfahren verkürzt werden. Vor allem aber soll das Gesetz weitere Flüchtlinge abschrecken.

Arbeitsvisum bei 48.400 Euro Jahresgehalt

Eine wirkliche Chance auf Asyl haben sie allerdings schon jetzt nicht. Zwischen Januar und August haben 33.824 Menschen aus dem Kosovo Asyl in Deutschland beantragt. 99,7 Prozent wurden wieder nach Hause geschickt. Von den 38.245 Albanern wurde 99,8 Prozent kein Asyl gewährt. Ob der Flüchtlingsstrom wirklich abebbt, wenn den Menschen auf dem Balkan suggeriert wird, dass es jetzt noch unwahrscheinlicher ist, Asyl in Deutschland zu bekommen, ist zumindest fraglich.

Legale Arbeitsmöglichkeiten richten sich bisher vor allem an Hochqualifizierte. Wer sich Hoffnungen auf eine "Blue Card", die das Arbeiten in Deutschland erlaubt, machen will, muss einen Hochschulabschluss vorweisen - und ein Jobangebot in Deutschland mit einem Jahressalär von mindestens 48.400 Euro. Für Mangelberufe wie Ingenieure und Ärzte reichen 37.752 Euro. Bei Engpässen in bestimmten Berufssparten kann die Bundesagentur für Arbeit auch Einzelfallentscheidungen treffen und Menschen mit Berufsausbildung ins Land lassen. Unter den Tausenden Flüchtlingen, die die Bundesregierung von den Grenzen fernhalten will, dürften sich allerdings nur wenige finden, die diese anspruchsvollen Voraussetzungen erfüllen.

Deshalb sollen sich Menschen aus den Balkan-Staaten ab 2016 auch auf jeden anderen Job bewerben dürfen - vorausgesetzt, sie haben zwei Jahre lang keine Asylleistungen bezogen. Der Deal: Ihr kommt nicht als Flüchtling nach Deutschland, dafür bieten wir euch eine vage Perspektive. Für Flüchtlinge wie Gazmend Syla, die sich bereits erfolglos um Asyl bemüht haben, kommt das Angebot allerdings zu spät.

Quelle: ntv.de

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