Minister im "ntv Frühstart" Habeck: "Putin hat den Energiekrieg nicht gewonnen"
23.02.2023, 09:50 Uhr Artikel anhören
Ein Jahr nach Kriegsbeginn sieht Vizekanzler Habeck deutliche Fortschritte bei Energieversorgung und Verbraucherpreisen. Tricksern bei den Russland-Sanktionen sagt er den Kampf an.
Zwölf Monate nach Beginn des Ukraine-Krieges hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck eine positive Bilanz der deutschen Energiepolitik gegenüber Russland gezogen. "Wenn man sagt, dass Putin Deutschland und Europa über den Energiekrieg in die Knie zwingen will, muss man sagen, Putin hat ihn jedenfalls nicht gewonnen", sagte Habeck im "ntv Frühstart". "Zu sagen, wir haben gewonnen, ist noch zu früh, weil wir noch immer in einer sensiblen Lage sind." Man habe die Situation zwar beherrschbar gemacht und sei "weit besser" durch den Winter gekommen als gedacht, man müsse aber noch weitere Infrastruktur aufbauen und die Lieferwege fixieren. "Aber wir sind auf einem ganz guten Weg."
Auf die Frage, ob kein deutsches Geld mehr in Putins Kriegskasse fließe, sagte Habeck: "Ganz so kann man es nicht sagen." Deutsche Unternehmen kauften kein russisches Gas mehr, über LNG-Terminals anderer Länder aber möge noch welches nach Deutschland kommen. "Aber das ist keine große Menge mehr." Der entscheidende Schritt sei, die Ölpreise zu drücken. "Das wird wahrscheinlich, nach all den Daten, die wir kennen, Russland am empfindlichsten treffen."
"Das muss unterbunden werden"
Der Grünen-Minister untermauerte seinen Plan, Firmen und Staaten schärfer anzugehen, wenn sie Sanktionen gegen Russland umschiffen. "Das geht nicht, das gehört sich nicht und das muss auch unterbunden werden." Es sei offensichtlich, dass Sanktionen umgangen würden. Die Stückzahlen etwa von aus Europa und Deutschland importierten LKW, Pickups oder anderen Geräten seien in bestimmten Ländern über viele Jahre stabil gewesen. "Und auf einmal geht es steil nach oben mit dem Kriegsbeginn."
Habeck hatte einen 10-Punkte-Plan gegen Sanktionsumgehung vorgelegt. RTL/ntv hatte zuerst darüber berichtet. Als zentrale Maßnahme nannte er eine Verschärfung der Regeln bei der Endverbleibskontrolle. Unternehmen müssten über eine Zollerklärung bestätigen, dass die zu exportierenden Güter im Zielland blieben. "Dann kann man auch kontrollieren und sagen, 'ihr habt da so und so viele LKW bekommen - sind die noch da'." Der Minister will zudem Firmen mit einer Sanktionslistung belegen, von denen man wisse, dass sie permanent nach Russland lieferten. Bevor es allerdings um juristische Maßnahmen gehe, wolle er Firmen zu mehr Verantwortung aufrufen, so Habeck. "Der Appell an alle, da genau hinzuschauen und nicht billigend in Kauf zu nehmen, dass man die Sanktionen umgeht."
Ende der Aufwärtsspirale in einem Jahr
Im Verlaufe des Ukraine-Krieges waren die Verbraucherpreise massiv gestiegen. Habeck rechnet mit einem Ende der Aufwärtsspirale in etwa einem Jahr. "Die Gas- und die Strompreisbremse gelten bis Frühjahr 2024 und dann sollten wir die Inflation auf ein Normalmaß runtergedrückt haben." Der Wohlstand werde wieder steigen, wenn die Preise runtergingen. "Und die Preise gehen jetzt runter." Noch zahlten die Bürger für Energie und Lebensmittel allerdings Preise, die im vergangenen Jahr entstanden seien.
Mit Blick auf die Gasmengen in Deutschland zeigte sich Habeck optimistisch, dass diese auch für den nächsten Winter gut reichen würden. Bei den Speicherständen gebe es "keine schlechtere" Ausgangslage als in den Vorjahren. Man werde voraussichtlich mit um die 60 Prozent aus dem Winter gehen. "Wir starten auf einem deutlich höheren Niveau." Zudem kämen LNG-Terminals hinzu. Anders als 2022 gebe es allerdings gar keine Lieferungen mehr aus Russland. Zudem hänge die Lage auch immer von der Witterung und vom Verbrauchsverhalten ab. "Wenn wir die Heizung und die Fenster aufreißen, dann werden wir ein Problem bekommen."
Quelle: ntv.de, psc