Politik

Müller befürchtet Flüchtlingsdrama Kurden bereiten sich auf Straßenkämpfe vor

Rauch steigt über Kobane auf - die Stadt steht bereits unter Beschuss.

Rauch steigt über Kobane auf - die Stadt steht bereits unter Beschuss.

(Foto: AP)

Die USA und ihre Verbündeten weiten ihre Luftangriffe auf Syrien aus. Doch es gibt kaum Erfolge: Der IS erzielt weiter Erfolge und rückt auf Kobane vor. Entwicklungsminister Müller befürchtet derweil den Tod Zehntausender Flüchtlinge, weil Hilfsgelder fehlen.

Trotz des Beschusses von Kampfflugzeugen setzt die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) ihren Vormarsch auf die nordsyrische Stadt Kobane fort. Die Kämpfe zwischen den Extremisten und kurdischen Einheiten hätten sich zugespitzt, berichtete die in Großbritannien ansässige syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.

Tausende kurdische Flüchtlinge aus Syrien harren im Grenzgebiet zur Türkei aus.

Tausende kurdische Flüchtlinge aus Syrien harren im Grenzgebiet zur Türkei aus.

(Foto: AP)

IS-Anhänger rückten von drei Seiten auf die Stadt vor, im Westen erzielten sie Geländegewinne. Die Kurden bereiten sich demnach auf Straßenkämpfe vor. Die internationale Koalition habe IS-Kämpfer südlich und östlich der Stadt bombardiert, meldete die kurdische Internetseite Welati.

Der im Arabischen Ain al-Arab genannte Ort an der Grenze zur Türkei ist die letzte Bastion in einer Enklave, die bisher unter Kontrolle syrischer Kurden stand. Den tausenden mit modernsten Waffen und mit Panzern ausgerüsteten Dschihadisten stehen nur wenige hundert schlecht ausgerüstete kurdische Kämpfer entgegen. Die Beobachtungsstelle steht der syrischen Opposition nahe. Sie stützt sich bei ihren Berichten auf ein weites Netz von Informanten, doch lassen sich die Angaben von unabhängiger Seite nur schwer überprüfen.

Müller fordert mehr Hilfen

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller informierte sich unterdessen im nordirakischen Kurdengebiet über die Verwendung der deutschen Hilfsleistungen. Zum Auftakt seiner zweitägigen Reise besuchte er in Erbil ein Zentrum für Opfer schwerer Menschenrechtsverletzungen, das mit Mitteln seinen Hauses unterstützt wird, und traf jesidische Flüchtlinge.

Vor seinem Abflug hatte Müller weitere Hilfe für die Region verlangt. "Auf der Flucht vor IS-Terroristen und dem Bürgerkrieg in Syrien haben mehr als zwei Millionen Menschen aus Syrien und dem Irak Zuflucht in der kurdischen Autonomieregion gefunden", sagte er.

"Der Winter kommt bald, und das bedeutet für die Menschen in den Flüchtlingsgebieten eine zusätzliche Härte. Sie brauchen jetzt unsere Hilfe." Das Welternährungsprogramm musste wegen ausbleibender Geldmittel bereits die Rationen der Flüchtlinge kürzen. Der "Passauer Neuen Presse" sagte Müller: "Wenn wir die Hilfe nicht verstärken, werden es Zehntausende nicht schaffen und sterben." Deutschland werde seine Hilfe weiter aufstocken, fügte Müller an.

Kurdischer Vorstoß im Irak

Angesichts des IS-Vormarsches stimmt das türkische Parlament über ein Mandat für einen Militäreinsatz gegen Terrorgruppen in Syrien und im Irak ab. Der Regierung des Nato-Mitglieds soll erlaubt werden, über den Zeitpunkt, die Dauer und das Ausmaß militärischer Operationen in den Nachbarländern zu entscheiden. Zudem soll Ankara befugt werden, über die Anwesenheit ausländischer Truppen in der Türkei zu entscheiden.

Der inhaftierte PKK-Chef Abdullah Öcalan setzt die türkische Regierung unter Druck. Sollten die Extremisten in Kobane ein Massaker verüben, werde die Kurdische Arbeiterpartei PKK den Friedensprozess mit der türkischen Führung beenden, erklärte Öcalan. Seine Stellungnahme wurde am Donnerstag von einer der PKK nahestehenden Delegation verbreitet, die Öcalan am Mittwoch im Gefängnis besucht hatte.

SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich warnte dagegen im RBB-Inforadio, die türkische Regierung könne den Beschluss nicht nur für den Kampf gegen die Dschihadisten nutzen, sondern auch für einen Militäreinsatz gegen die kurdische PKK. Und das wäre ein "zusätzlicher Konfliktbeschleuniger in einer ohnehin unübersichtlichen Situation".

Der Regierung in Ankara war zuletzt wiederholt ein mangelndes Engagement im Kampf gegen den IS vorgeworfen worden. Laut den Vereinten Nationen hat die Türkei mehr Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen als jedes andere Land. Die IS-Terrormiliz kontrolliert im Norden und Osten Syriens rund ein Drittel der Fläche des Landes. Sollte sie Kobane einnehmen, würde sie auch weite Teile der rund 900 Kilometer langen türkisch-syrischen Grenze beherrschen.

Die USA und ihre arabischen Verbündeten hatten zuletzt IS-Stellungen östlich von Kobane bombardiert, um die Extremisten zu stoppen. Doch während es den Kurden im Norden des Iraks auch dank westlicher Waffen und Luftunterstützung gelungen war, einige Dörfer vom IS zurückzuerobern, stehen die Extremisten inzwischen seit mehr als zwei Wochen vor Kobane. Der IS habe Verstärkung von neuen Kämpfern aus dem Osten Syriens erhalten, sagte der Chef der selbst ernannten Regionalregierung von Kobane.

Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP

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