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Ampelkritik bei Illner Linnemann: Scholz muss Vertrauensfrage stellen

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"Die Menschen sehnen sich nach einer Führung", sagt CDU-Generalsekretär Linnemann.

"Die Menschen sehnen sich nach einer Führung", sagt CDU-Generalsekretär Linnemann.

(Foto: ZDF)

Der Plan der Ampel ist geplatzt - aus der Aufstellung des Haushalts für 2024 wird in diesem Jahr nichts mehr. Der CDU-Generalsekretär sieht ein grundsätzliches Problem der Koalition bestätigt: SPD, Grüne und FDP "haben kein gemeinsames Fundament". Er fordert den Kanzler auf, Konsequenzen zu ziehen.

Wirklich überraschend war die Meldung nicht, die am Donnerstagmittag veröffentlicht wurde: Der Bundeshaushalt 2024 wird erst im Januar im Bundestag diskutiert werden. Noch wissen Bundeskanzler Olaf Scholz, Vizekanzler Robert Habeck und Bundesfinanzminister Christian Lindner nicht, wie der Haushalt für das kommende Jahr aussehen wird. Bei Maybrit Illner im ZDF sagt SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert am Donnerstagabend nicht, wo die Probleme liegen.

"Wir haben das Bestreben, so schnell wie möglich fertig zu werden", so Kühnert, "aber mit dem heutigen Tag ist klar: Vom zeitlichen Rahmen gibt es jetzt keine Abläufe mehr, die uns noch vor Weihnachten zu einem Beschluss des Haushalts 24 bringen." Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vor gut drei Wochen sei die Grundlage aller Politik in Deutschland, der öffentliche Haushalt, um einen großen Milliardenbetrag reduziert worden. Dieses Loch zu stopfen, sei eine große Operation.

Man könnte die Investitionstätigkeit des Staates zurückfahren. "Und das sind wir nicht bereit, zu tun", so Kühnert. "Hier geht es um Investitionen, die den Kern, die Substanz der Volkswirtschaft in Deutschland, unser industrielles Rückgrat, bewahren sollen; dass hier in den nächsten 10, 20, 30 Jahren industriell etwas produziert wird." Gemeint sind zum Beispiel Förderungen für die Chiphersteller Intel, TSMC und Infineon, die Werke in Dresden und Magdeburg errichten wollen. Es gehe darum, ob dieser Staat ein investierender Staat sein kann, so Kühnert.

"Land ist völlig verunsichert"

Das sieht auch der Ökonom Jens Südekum so. Die Reaktion auf das Karlsruher Urteil dürfe nicht sein, hektisch Geld zusammenzukratzen und zu sparen. Stattdessen solle sich die Ampelkoalition nach der Veröffentlichung des Haushalts 2024 mit der Schuldenbremse beschäftigen. "Die scharf gestellte Schuldenbremse, die wir jetzt haben nach dem Urteil, ist meiner Meinung nach ein scharf gestelltes Korsett", so Südekum. Sie sei zurzeit nicht dazu geeignet, die Aufgaben zu bewältigen, vor denen dieses Land stehe. Deutschland sei in einer Rezession. Experten gehen laut Südekum von einer Erholung im nächsten Jahr aus. Dazu werde es nicht kommen, wenn bei den Investitionen gekürzt werden sollte. Vielmehr müsse die Regierung die Wirtschaft fördern.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann kritisiert die Arbeit der Ampel. "Das Land ist völlig verunsichert. Ich spreche jeden Tag mit Bürgerinnen und Bürgern und mit Unternehmen. Viele sind frustriert, weil es keinen Plan gibt, kein Ziel gibt, keine Zukunft. Und jetzt gehen wir über die Jahreswende ins Jahr 24 mit wenig Hoffnung."

Die Ampelkoalition habe kein gemeinsames Fundament, klagt der CDU-Politiker weiter. Mit Blick auf die Regierungserklärung von Scholz in der vergangenen Woche sagt er: "Die Menschen sehnen sich nach Führung und Orientierung, und der Bundeskanzler zeigt das einfach nicht." Der Kanzler müsse die Vertrauensfrage im Bundestag stellen, fordert Linnemann. Würde er die gewinnen, müsse die Ampelkoalition einen Plan für die nächsten zwei Jahre aufstellen. "Die können gerne einen neuen Anfang machen, aber so darf es nicht weitergehen."

Wie die CDU sparen will

Dass die Christdemokraten auf Sparpläne - vor allem im Sozialbereich - setzen, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Linnemann geht nun noch einen Schritt weiter. Es gehe nicht mehr nur um die Kürzung des Bürgergeldes. Menschen müssten in Arbeit gebracht werden - auch durch Zwang. Zudem fordert er, dass ukrainischen Flüchtlingen nicht mehr sofort nach der Einreise Bürgergeld bezahlt werden soll. Vielmehr sollen diese schneller einer Arbeit nachgehen.

Sahra Wagenknecht, die im Januar ihre eigene Partei gründen will, sieht das ähnlich. Für das Haushaltsloch hat die ehemalige Linken-Abgeordnete jedoch einen anderen Plan. Dies solle vor allem durch höhere Steuern für Reiche gestopft werden. Zudem kritisiert sie das Sondervermögen für die Bundeswehr. Diese müsse zwar wehrhaft sein, das sei jedoch auch mit einer geringeren Förderung möglich, so Wagenknecht. Die Politikerin fordert grundsätzlich eine andere Politik in Deutschland.

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Dass es dazu kommt, kann sich Linnemann nicht richtig vorstellen. Die Ampelkoalition habe einfach keinen Fahrplan. Dennoch ist er sich sicher: "Die werden sich einigen." Am kommenden Sonntag fände ein Koalitionsausschuss statt, und bis Montag, also dem Beginn der letzten Bundestagssitzungswoche in diesem Jahr, werde eine Lösung gefunden. Aber, sagt Linnemann: "Das Kernproblem bleibt. Der Kanzler muss sich die Frage stellen, ob er es kann. Ich bin nicht mehr der Überzeugung." Zwar fordert Linnemann nicht direkt Neuwahlen, doch er scheint diesen Schritt für den besten zu halten.

Kühnert sieht das anders. Er will, dass die Ampel weiter regiert. Zudem hält er es, ähnlich wie Wagenknecht, für eine gute Idee, die reichen Menschen in diesem Land zur Kasse zu bitten. Das wiederum hält Linnemann für ausgeschlossen. Überhaupt sieht es so aus, als ob sich die beiden in keinem Punkt einig sind. Bis auf einen: Eine Neuauflage der Großen Koalition wollen beide nicht.

Quelle: ntv.de

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