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Fragen und Antworten Der Haushalt ist nur das eine Problem der Ampel

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Noch haben sie die Milliarden nicht beisammen: Lindner, Habeck und Scholz.

Noch haben sie die Milliarden nicht beisammen: Lindner, Habeck und Scholz.

(Foto: picture alliance/dpa)

Die Ampelkoalition schafft es nicht, in diesem Jahr noch einen Haushalt durch den Bundestag zu bringen. Das ist nur der vorläufige Höhepunkt in der Haushaltskrise der Ampel, ausgelöst vom historischen Verfassungsgerichtsurteil am 15. November. Aber was bedeutet das jetzt?

Was ist die Lage?

Vor drei Wochen stürzte das Bundesverfassungsgericht die Ampelkoalition in ihre bisher schwerste Krise. 60 Milliarden Euro mussten aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) gestrichen werden. Das ist ein Sondervermögen mit dem die Bundesregierung die Wirtschaft grün machen, E-Autos und die Bahn fördern und Gebäudesanierungen finanzieren wollte. Außerdem musste infolge des Urteils auch der Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds geschlossen werden.

Nie zuvor musste eine Bundesregierung einen solchen Schlag verkraften. Schnell legte sie einen Nachtragshaushalt für das laufende Jahr auf und beschloss dafür, die Schuldenbremse auszusetzen. Seitdem versuchen Bundeskanzler Olaf Scholz, Finanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck, sich auf einen neuen Haushalt für 2024 zu einigen. Eigentlich sollte das noch vor Weihnachten passieren. Mittlerweile ist klar, dass es dieses Jahr nicht mehr klappen wird, den Haushalt für 2024 im Bundestag zu verabschieden.

Das liegt daran, dass das erforderliche Gesetzgebungsverfahren seine Zeit braucht und nicht durchgepeitscht werden darf. Auch dazu hatte das Bundesverfassungsgericht die Ampel schon gemahnt - mit einem Urteil im vergangenen Sommer. Möglich ist noch, dass sich die Ampelspitzen vor Weihnachten grundsätzlich einigen und der Bundestag den Haushalt im Januar beschließt. Daher wird es zu einer vorläufigen Haushaltsführung kommen. Der Staat wird Regelausgaben wie Rente, Bafög und Bürgergeld weiter leisten, aber alles andere muss der Finanzminister genehmigen.

Wie viel Geld fehlt?

Dazu äußerte sich Lindner erstmals vergangene Woche. Demnach geht es um 17 Milliarden Euro. In Interviews mit dem Bayerischen Rundfunk und der "Wirtschaftswoche" präzisierte er das aber nun. Dieses Geld fehle für den Haushalt 2024 und gehe nur teilweise auf das Urteil des Verfassungsgerichtes zurück. Sechs Milliarden Euro kämen durch Mehrausgaben beim Bürgergeld, drei Milliarden Euro durch Senkung der Stromsteuer zustande. Lindner betonte, darüber hätte ohnehin verhandelt werden müssen. Mit den KTF-Milliarden hat diese Summe also nichts zu tun.

Warum dauert es so lange?

Das liegt zum einen daran, dass es nur wenig Spielräume gibt. 380 der 450 Milliarden Euro im Haushalt für das kommende Jahr sind gesetzliche Leistungen, wie Lindner der "Wirtschaftswoche" sagte. Daran lässt sich kurzfristig nichts ändern, und selbst wenn man doch einen Weg fände, setze das "politische Einigkeit" voraus, wie er hinzufügte. Die gibt es aber nicht. Die drei Ampelparteien setzen ihre Prioritäten vollkommen unterschiedlich. Die FDP ist strikt gegen Steuererhöhungen und eine erneute Aussetzung der Schuldenbremse. Die SPD will keine Sozialleistungen kürzen und die Grünen beharren auf den Maßnahmen zum Klimaschutz.

Welche Rolle spielt der Klima- und Transformationsfonds?

Das Karlsruher Urteil war ein schwerer Schlag für den Klima- und Transformationsfonds (KTF), denn der war so etwas wie die Geschäftsgrundlage der Ampel. Er machte möglich, dass alle drei Parteien das bekamen, was sie wollten. Habeck konnte teure Vorhaben zur Klimaneutralität planen, ohne dass dafür die Schuldenbremse gerissen werden musste. Letzteres ist das wichtigste Anliegen der FDP. Im Haushalt blieb dadurch Spielraum für das Bürgergeld, das die SPD einführen wollte. Durch das Urteil mussten 60 Milliarden Euro daraus gestrichen werden, weil sie ursprünglich für die Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise vorgesehen waren und nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts nicht hätten umgewidmet werden dürfen. Außerdem hätten die Schulden nicht auf Vorrat aufgenommen werden dürfen.

Wie viel Geld ist noch übrig?

Laut Haushaltsdokumenten müssten es etwa 39 Milliarden Euro sein. Das Geld kommt aus zwei Quellen: In den KTF hinein fließt Geld aus der CO2-Bepreisung in Deutschland und dem europäischen Emissionshandel. Das sollen im kommenden Jahr laut Haushaltsentwurf für das kommende Jahr immerhin 19,1 Milliarden Euro sein. Außerdem gibt es dort bereits eine Rücklage. Vor dem Urteil betrug diese inklusive einer globalen Mehreinnahme 80 Milliarden Euro. Da nun 60 Milliarden Euro wegfallen, bleiben 20 Milliarden übrig. Demnach stünden für 2024 rund 39 Milliarden Euro zur Verfügung. Allerdings war der Plan, 2024 insgesamt 57,6 Milliarden Euro auszugeben. Nach Informationen von ntv ist der Fehlbetrag tatsächlich allerdings geringer als es diese Zahlen nahelegen. Demnach fehlen 12 Milliarden Euro. So oder so gibt es also zwei Riesenlöcher: eins im Haushalt und eins im KTF.

Reicht das Geld im KTF?

Das ist nun die Frage. Die Tendenz geht zum Nein. Habeck, Lindner und Scholz arbeiten an einem neuen Wirtschaftsplan für den KTF. Das ist eine Aufstellung, wie viel Geld wann und wofür ausgegeben wird. Bis dahin wurde der Fonds gesperrt. Alles, was bereits rechtsverbindlich zugesagt wurde, habe Bestand, sagte Lindner. Der Rest steht auf dem Prüfstand.

Am Sonntag sagte Habeck in der ARD: "In den Gesprächen, die wir führen, versuchen wir wirklich, in der Tiefe von Haushaltstabellen oder dem Klima- und Transformationsfonds zu identifizieren, was vielleicht später kommen kann, was man vielleicht auch gar nicht mehr machen will oder kann." Pikant ist, dass aus dem KTF auch wichtige Anliegen wie die Subventionen für Chipfabriken von Intel und TSMC bei Magdeburg und Dresden bezahlt werden sollten. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff hat bereits gesagt, Scholz habe ihm und dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer versichert, es bleibe bei den vereinbarten Subventionen.

Direkt nach dem Urteil sperrte Finanzminister Christian Lindner den KTF und kündigte an, einen neuen Wirtschaftsplan zu erarbeiten. Habeck betonte, bereits gemachte Zusagen für das kommende Jahr könnten eingehalten werden.

Quelle: ntv.de

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