Ruf nach EU-Polizeieinsatz Moskau: Poroschenko gefährdet Minsk II
19.02.2015, 08:58 Uhr
Ukrainische Truppen ziehen sich nach wochenlangen Kämpfen aus Debalzewe zurück.
(Foto: AP)
Die Separatisten machen weitere Geländegewinne, der ukrainische Präsident Poroschenko fordert nun einen internationalen Friedenseinsatz für die Ostukraine. Die Reaktion aus Moskau kommt prompt: Poroschenko "zerstöre" das Abkommen von Minsk.
Der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin hat dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko vorgeworfen, mit seiner Forderung nach einem internationalen Friedenseinsatz in der Ostukraine das Abkommen von Minsk zu gefährden. Wenn Kiew, statt die Vereinbarungen umzusetzen, nun schon ein "neues Schema" vorschlage, rufe das den Verdacht hervor, dass das Minsker Abkommen "zerstört" werden solle, sagte Tschukrin laut der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Wegen der neuen Forderung stelle sich die Frage, ob Kiew die Vereinbarungen überhaupt einhalten wolle.
Auch die Rebellen wiesen Poroschenkos Vorschlag umgehend zurück. Dabei handele es sich um eine Verletzung des Abkommens von Minsk, sagte ein hochrangiger Separatisten-Führer RIA zufolge.
Nach der Einnahme der strategisch wichtigen Stadt Debalzewe durch prorussische Rebellen hatte sich Poroschenko am Mittwochabend für einen internationalen Friedenseinsatz im Osten des Landes ausgesprochen. "Das beste Format wäre eine von der UNO beauftragte Polizeimission der Europäischen Union", sagte er bei einer Sitzung des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates in Kiew. Dieser billigte den Vorschlag, wonach eine von der UN mandatierte Friedensmission die Grenze zwischen den Rebellengebieten und Russland überwachen soll.
Das Gremium gab Poroschenko für entsprechende Gespräche mit den Vereinten Nationen und der EU grünes Licht. Blauhelmsoldaten wie sie sonst mit UN-Mandat weltweit vielerorts im Einsatz sind, waren damit aber nicht gemeint. Solche Vorschläge aus Moskau hatte die Regierung in Kiew bereits zuvor abgelehnt. Sie befürchtet, dass dies ein Dauerzustand werden könnte. Moskau wiederum hatte Vorbehalte gegen eine EU-Mission geäußert, weil die EU parteiisch in dem Konflikt sei.
Poroschenko sagte, er habe vergangene Woche in Minsk bereits mit Kanzlerin Angela Merkel sowie den Präsidenten von Russland und Frankreich, Wladimir Putin und François Hollande, über eine mögliche internationale Mission gesprochen. "Falls der Sicherheitsrat zustimmt, beginnen wir Gespräche", betonte er.
Scharfe Kritik an Russland
Beim Abzug von rund 2500 Regierungssoldaten aus der strategisch wichtigen Stadt Debalzewe seien mindestens sechs Militärangehörige von Separatisten getötet und mehr als 100 verletzt worden, sagte Poroschenko. Er warf den prorussischen Aufständischen vor, die vereinbarte Waffenruhe von Beginn an bewusst verletzt zu haben. Der Rückzug der ukrainischen Truppen hatte den Weg für die Umsetzung des Friedensprozesses offen gehalten. Poroschenko kritisierte Russland scharf. "Die ganze Welt hat gesehen, dass Russland seine Verpflichtungen nicht einhält."
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte Russland erneut. Zugleich warb sie aber für eine Rückkehr Moskaus zu einer Partnerschaft mit der EU. Die prorussischen Separatisten hatten zuvor weite Teile von Debalzewe trotz einer vereinbarten Waffenruhe eingenommen und damit den Friedensplan gefährdet.
Für Poroschenko ist der Verlust von Debalzewe eine herbe Niederlage. Putin hatte eine Kapitulation der ukrainischen Truppen in Debalzewe gefordert. Poroschenko bemühte sich dennoch, Stärke zu demonstrieren. Er sei "stolz, Oberbefehlshaber solcher Streitkräfte" zu sein. Die Einheiten hätten in Debalzewe "bis zuletzt mutig ausgeharrt".
Quelle: ntv.de, ghö/AFP