Atom-Deal mit dem Iran Netanjahu: "Historischer Fehler für die Welt"
14.07.2015, 17:07 Uhr
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat das Abkommen gegeißelt.
(Foto: picture alliance / dpa)
Ein Sieg hartnäckiger Diplomatie oder ein gewaltiger Fehler? International überwiegt die Freude über die Einigung im Atomstreit mit dem Iran. Nur Israel verweigert sich der Euphorie. Im Gegenteil, der Ministerpräsident warnt seine Partner.
Die historische Einigung im Atomstreit mit dem Iran ist zumindest außerhalb Israels mit enormer Erleichterung und teils gar Euphorie begrüßt worden. "Wir eröffnen ein neues Kapitel in unseren Beziehungen", erklärten die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif unisono. Erreicht worden sei ein "guter Deal" für alle Seiten. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach von einem "historischen und bedeutenden" Durchbruch.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier äußerte die Hoffnung, das Abkommen möge Frieden und Sicherheit im Nahen Osten sowie darüber hinaus fördern: "Nach über einem Jahrzehnt können wir einen Konflikt beilegen, der die Welt zwischenzeitlich sogar an den Rand einer militärischen Auseinandersetzung gebracht hat."
Aus Sicht des iranischen Präsidenten Hassan Ruhani wurde "eine Sieger-Verlierer-Lösung" vermieden, stattdessen gebe es nur Gewinner. "Wir haben es geschafft, unsere nationalen Interessen zu wahren und einen Wendepunkt zu erzielen", sagte der als gemäßigt geltende Reformer. Selbst konservative Parteipolitiker in Teheran attestierten der iranischen Delegation, die Interessen des Landes "erfolgreich verteidigt" zu haben.
US-Außenminister John Kerry bezeichnete den Atomkompromiss als beste Möglichkeit, das iranische Atomprogramm zu begrenzen. Die Republikaner im US-Kongress sehen das historische Abkommen mit dem Iran skeptisch: Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, John Boehner, kündigte an, dass der Kongress "jedes Detail dieses Abkommens sehr genau" überprüfen werde. "Anstatt die Verbreitung von Atomwaffen im Nahen Osten zu stoppen, wird dieser Deal wahrscheinlich ein atomares Wettrüsten rund um die Welt auslösen", sagte er.
Präsident Barack Obama drohte dem US-Kongress vorsorglich mit einem Veto, falls dieser das Atomabkommen per Resolution zu kippen versuchen sollte. Umgekehrt würden etwaige Verstöße Teherans gegen bestehende Auflagen sofort mit einer Wiedereinsetzung der Sanktionen beantwortet. Russlands Präsident Wladimir Putin äußerte sich "überzeugt, dass die Welt heute vor Erleichterung laut aufgeatmet hat".
Die Bombe kommt trotzdem...
Positive Reaktionen kamen überdies von den iranischen Nachbarstaaten Türkei, Pakistan und Afghanistan sowie von der britischen und französischen Regierung. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu geißelte das Abkommen hingegen als "historischen Fehler für die Welt", der Iran nicht vom Bau einer Atombombe abhalten werde.
Das Land kann US-Regierungskreisen zufolge bei einer Umsetzung des Abkommens auf die Freigabe von eingefrorenen Geldern in Milliardenhöhe hoffen. Die Summe belaufe sich auf mehr als 100 Milliarden Dollar, sagten US-Regierungsvertreter in Wien. Im Zuge der Sanktionen wurde dem Land auch der Zugang zu Finanzmittel auf internationalen Konten verwehrt.
Kritik an dem Abkommen kommt auch von der iranischen Exilopposition. Teherans Verhandlungspartner hätten versäumt, dem iranischen Streben nach Atomwaffen endgültig den Garaus zu machen, erklärte die deutsche Vertretung des Nationalen Widerstandsrates Iran. Zudem sei der von ihnen erwirkte Kompromiss nicht völkerrechtlich bindend und lasse Teheran zu viele Schlupflöcher.
Die in Wien geschlossene Vereinbarung zwischen den fünf UN-Vetomächten und Deutschland sowie dem Iran sieht vor, dass Teheran sein Atomprogramm deutlich zurückfährt, um der Welt den friedlichen Charakter des Programms zu beweisen. Im Gegenzug sollen die internationalen Sanktionen schrittweise fallen.
Quelle: ntv.de, tno/dpa/rts