Programme für Islamisten Radikalisierungsgefahr lauert im Gefängnis
17.01.2015, 17:26 Uhr
SPD-Politiker warnen davor, dass junge Straftäter von Islamisten in deutschen Gefängnissen radikalisiert werden können.
(Foto: picture alliance / dpa)
Junge Straftäter im Fokus von inhaftierten Islamisten: Politiker fürchten eine Rekrutierungswelle in deutschen Gefängnissen und fordern Aussteigerprogramme. Bundesjugendministerin Schwesig geht das nicht weit genug.
Sicherheitsgesetze, Einwanderungskonzepte, Präventionsmaßnahmen - in Deutschland wird weiter intensiv über die Reaktionen auf die Anschläge in Paris diskutiert. Der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka plädiert für Aussteigerprogramme für Islamisten auch in Gefängnissen. SPD-Chef Sigmar Gabriel machte sich für ein Einwanderungsgesetz stark. Auch der Streit um die Vorratsdatenspeicherung ging weiter.
Lischka sagte der "Rheinischen Post": "Wenn wir Islamisten schon mal für längere Zeit in Haft haben, dann müssen wir die Zeit auch gut nutzen, um den Wettlauf mit der salafistischen und islamistischen Szene zu gewinnen." Er warb dafür, in den Justizvollzugsanstalten Islamisten-Aussteigerprogramme aufzulegen, wie es sie auch für rechtsextremistische Gefangene gebe. Der SPD-Politiker sprach sich zudem für eine bessere Integration von Imamen in die Häftlingsbetreuung aus, um eine "verhängnisvolle Fehlinterpretation des religiösen Weltbildes" zu verhindern.
Muslimische Verbände und Imame müssen mithelfen
Islamisten im Gefängnis beim Ausstieg zu helfen, hält Bundesjugendministerin Manuela Schwesig von der SPD nicht für ausreichend. Sie verwies auf ein bereits bestehendes und vom Bund gefördertes Präventionsprojekt im Strafvollzug, das überdies verhindern soll, dass Islamisten Mithäftlinge negativ beeinflussen. "Wir müssen alles daran setzen, dass jugendliche Straftäter während ihrer Gefängnisaufenthalte nicht von Islamisten und Salafisten für ihre Zwecke rekrutiert und radikalisiert werden", sagte sie. Dazu sei auch die Hilfe muslimischer Verbände und von Imamen nötig.
Vizekanzler Gabriel schrieb in einem Beitrag für den Berliner "Tagesspiegel", Deutschland brauche ein Einwanderungsgesetz - unabhängig von der Aufnahme von Flüchtlingen. Es gehe darum klarzumachen, "wem wir in der Welt ein Angebot machen wollen, zu uns zu kommen, weil wir wirtschaftlich darauf angewiesen sind". Das Einwanderungsgesetz müsse "aber auch klarmachen, wen wir nicht aufnehmen können oder wollen".
Für ein Einwanderungsgesetz, wie es bereits CDU-Generalsekretär Peter Tauber angeregt hatte, sprach sich nun auch die CDU/CSU-Nachwuchsorganisation Junge Union (JU) aus. JU-Bundesvorsitzender Paul Ziemiak sagte der "Rheinischen Post", Deutschland müsse sich Gedanken machen, welche Fachkräfte benötigt würden und wie diese zu bekommen seien. Taubers Vorstoß ist in der CDU/CSU allerdings umstritten. Das CDU-geführte Bundesinnenministerium sieht keinen Bedarf für ein Zuwanderungsgesetz. Auch der Vorsitzende des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration, Ludger Pries, hält rechtliche Neuerungen für unnötig. Das deutsche Einwanderungsrecht habe sich "sehr zum Positiven verwandelt", sagte er der "Wirtschaftswoche".
Umstritten bleibt auch die Forderung nach Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung. Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer plädierte in der "Welt am Sonntag" dafür, das Instrument einzuführen und nicht erst auf neue EU-Vorgaben zu warten. Die innere Sicherheit müsse gewährleistet werden, sagte die CDU-Politikerin. Linksfraktionsvize Jan Korte dagegen lehnte die Vorratsdatenspeicherung als "unverhältnismäßig, unbrauchbar und unvereinbar mit Grundrechten" ab. Das deutsche Gesetz zur Speicherung aller Verbindungsdaten von Telefon, E-Mail und Internet war im März 2010 vom Bundesverfassungsgericht kassiert worden. Im vergangenen April entschied auch der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung reformiert werden müsse. Ein neuer Vorschlag liegt noch nicht vor.
Quelle: ntv.de, tno/AFP