Politik

Für Handel, gegen Putin und Xi Scholz und Habeck werben um Südostasien

Hotspot Südostasien: Auf der Asien-Pazifik-Konferenz der deutschen Wirtschaft in Singapur werben Bundeskanzler Scholz und Bundeswirtschaftsminister Habeck in der Region um eine vertiefte Partnerschaft - auch um gemeinsam eine chinesische Bedrohung zu kontern.

Auf seinem Weg von Vietnam zum G20-Gipfel in Indonesien hat Olaf Scholz einen Zwischenstopp eingelegt. Auf der Asien-Pazifik-Konferenz in Singapur sicherte der Bundeskanzler den Ländern der Region ein verstärktes Engagement Deutschlands zu - samt klarem Seitenhieb gegen China. "Meine Botschaft lautet: Deutschland hat richtig Lust darauf, die wirtschaftlichen Beziehungen zu Ihrer Region zu stärken", sagte Scholz im Beisein des stellvertretenden Regierungschefs von Singapur, Lawrence Wong. Scholz beschwor die gemeinsamen Interessen von Singapur und der Bundesrepublik an einem Ausbau des Freihandels sowie der Aufrechterhaltung der regelbasierten Staatenwelt - in klarer Abgrenzung zu China und Russland.

Scholz bedankte sich, dass Singapur als einer der ersten Staaten in der Region Putins Angriff auf die Ukraine entschieden verurteilt hatte. "Zusammenarbeit zu vertiefen, ist entscheidend, denn wir alle spüren, dass sich der geopolitische Boden unter unseren Füßen verschiebt", sagte Scholz. Was für Russland gelte, gelte auch für andere Kontinente. "Kein Land ist der 'Hinterhof' eines anderen Landes", sagte Scholz mit Blick auf Spannungen zwischen China und seinen Nachbarstaaten. Er habe deshalb auf seiner Reise nach China bei Staatschef Xi Jinping darauf gedrungen, die Regeln der UN-Charta zu achten.

"Die Ergebnisse des jüngsten Volkskongresses der Kommunistischen Partei Chinas lassen wenig Zweifel daran, dass das heutige China ein anderes ist als das China von vor fünf oder zehn Jahren", sagte Scholz. "Unsere politische und wirtschaftliche Herangehensweise muss das widerspiegeln." China bleibe ein wichtiger Handelspartner. "Aber: Es braucht zwei, um einen Tango zu tanzen."

Asiatische Staaten "wollen nicht zwischen China und USA wählen müssen"

Scholz bekräftigte damit eine Position, die zuvor auch schon Habeck während der 17. Asien-Pazifik-Konferenz beworben hat: Weil China immer schwerer zu kalkulieren ist für die deutsche Wirtschaft, müsse die deutsche Wirtschaft ihre Rohstoffversorgung, ihre Produktion und ihre Absatzmärkte in der Region stärker diversifizieren. China sei für Deutschland bislang ein Dreiklang aus "Partner, Wettbewerber und Rivale", so Habeck. China entwickle sich aber stärker "in Richtung eines Rivalen".

Die Bundesregierung will mit einer aktiveren Handelspolitik neue strategische Partner in der Wachstumsregion Südostasien finden, auch in Antwort auf protektionistische Tendenzen, in China genauso wie in den USA. Die verbündeten Amerikaner sprach Scholz zwar nicht an, doch auch sie dürften gemeint gewesen sein, als Scholz sagte: "Protektionismus führt nirgendwohin."

Singapurs stellvertretender und voraussichtlich künftiger Regierungschef Lawrence Wong begrüßte Deutschlands verstärktes Engagement in der Region und lobte insbesondere den multilateralen Ansatz Berlins. "Deutschland hat kein Interesse an einer neuen Blockbildung in der Welt", sagte Wong. "Das ist auch Singapurs Sichtweise und die vieler anderer Länder in der Region." Die wachsenden Spannungen in den US-chinesischen Beziehungen gefährdeten Wohlstand und Stabilität Südostasiens. Die ASEAN-Staaten wollten "nicht zwischen China und den USA wählen müssen", sagte Wong. Eine Entkopplung von Wirtschaftsräumen wäre zum Schaden aller Staaten.

"De-Globalisierung ist keine Option"

Scholz und Habeck beteuerten gleichermaßen, dass das Ziel der Bundesregierung, die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von China zu reduzieren, weder einer Abkehr von der Globalisierung noch einer Entkopplung vom chinesischen Markt gleichkomme. "Wir raten von einer Entkopplung ab, solange es nicht unbedingt geboten ist", sagte Habeck. "De-Globalisierung ist keine Option", sagte Scholz.

Scholz bekräftigte die vielfältigen Möglichkeiten zur Zusammenarbeit. Neben mehr Freihandelsabkommen mit den Ländern der Region, die mit Japan, Australien, Singapur geschlossen sind und bald mit Indien und Neuseeland festgezogen werden sollen, gebe es auch gemeinsame Interessen bei den Themen Klimawandel und Sicherheit. Scholz lud die Staaten Südostasiens noch einmal in den von ihm gegründeten "Klima-Club" ein und erinnerte daran, dass die deutsche Luftwaffe in diesem Sommer erstmals Manöver mit der australischen Armee abgehalten habe und weitere Übungen zwischen der Bundeswehr und der australischen Armee geplant seien.

"Deutschland teilt Ihr Interesse an freien Schifffahrtswegen und an der Einhaltung des Seerechts in der Region und darüber hinaus", sagte Scholz in Singapur. Vor diesem Hintergrund habe Deutschland erstmals seit 20 Jahren eine Fregatte der Marine in den Pazifik geschickt. Die Bundesrepublik verfolge eine mit der Europäischen Union abgestimmten Indo-Pazifik-Strategie.

Während Scholz am Nachmittag zum G20-Gipfel weiterflog, trat Habeck nach zwei Tagen in Singapur den Heimflug an. Am Montagmorgen (Ortszeit) sagte Habeck: "Ich habe das Gefühl, nicht länger als 48 Stunden aus Berlin weg sein zu können, so viel ist zu tun", sagte der Wirtschaftsminister auf Englisch, flocht aber die deutschen Begriffe "Strom- und Gaspreisbremse" ein.

Quelle: ntv.de

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