Juncker und Tusk vor EU-Parlament Türkei soll sicheres Herkunftsland werden
06.10.2015, 13:58 Uhr
Sie will Mitglied der EU werden, da sollte die Türkei auch als sicheres Herkunftsland für Flüchtlinge gelten, sagt Kommissionspräsident Juncker vor dem Europarlament. Ratspräsident Tusk verteidigt die Zusammenarbeit mit Ankara.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker spricht sich dafür aus, die Türkei in die geplante Liste sogenannter sicherer Herkunftsstaaten aufzunehmen. "Die Türkei gehört auf die Liste der sicheren Länder", sagte Juncker in Straßburg vor dem Europaparlament. Wenn dies nicht zutreffe, müsse die EU die laufenden Beitrittsverhandlungen mit Ankara abbrechen.
Die Türkei unternehme große Anstrengungen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise, sagte Juncker weiter. Das Mittelmeerland habe allein 2,2 Millionen Flüchtlinge, vor allem Syrer, aufgenommen. Das müsse die EU anerkennen. "Ein bisschen Bescheidenheit täte uns manchmal gut."
EU-Ratspräsident Donald Tusk wies Kritik einiger Abgeordneter an der am Vortag mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan vereinbarten Zusammenarbeit bei der Flüchtlingspolitik zurück. "Sollen wir der Türkei Lehren erteilen, oder mit ihr zusammenarbeiten?", fragte er während einer mehrstündigen Debatte zu dem Thema.
"Revolution unserer Denkweise"
Die Türkei sei "nicht einfach", aber sie sei der "bestmögliche Partner". Angesichts der Flüchtlingskrise sei ein "gemeinsamer Ansatz" notwendig, die Europäische Union habe eine gemeinsame Verantwortung, betonte der polnische Ratspräsident. Dies erfordere eine "Revolution in unserer Denkweise".
Die Brüsseler Kommission will eine Liste "sicherer Herkunftsstaaten" aufstellen, um die Asylsysteme der EU-Staaten zu entlasten. Grundsätzlich können Asylbewerber aus diesen Ländern rascher zurückgeschickt werden - weil angenommen wird, dass ihnen dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche Behandlung droht.
Bei einigen EU-Staaten, darunter Deutschland, gibt es aber Bedenken, die Türkei auf diese Liste zu setzen, unter anderem wegen der Diskriminierung und Verfolgung der kurdischen Minderheit. Die Aufnahme von sechs Staaten des Westbalkans gilt hingegen als sicher. Die EU hat sich bisher zur Umverteilung von 160.000 Flüchtlingen bereit erklärt, die sich derzeit in Griechenland und Italien aufhalten. Ungarn und drei osteuropäische Staaten wollen sich daran allerdings nicht beteiligen.
Quelle: ntv.de, vpe/AFP