Politik

Wie reagiert Deutschland im Irak? Unionspolitiker fordern Waffen für Kurden

Kurdische Peschmerga-Kämpfer bekommen Waffen aus den USA - demnächst auch aus Deutschland?

Kurdische Peschmerga-Kämpfer bekommen Waffen aus den USA - demnächst auch aus Deutschland?

(Foto: dpa)

Das militärische Eingreifen der US-Amerikaner im Irak stellt die Bundesregierung vor schwere Entscheidungen. Sollte Deutschland Waffen liefern? Einige Abgeordnete von CDU und CSU sagen eindeutig Ja - einer geht sogar noch weiter.

Für US-Präsident Barack Obama war der Irak-Einsatz immer ein "ungeliebter Krieg". Trotzdem fliegen über dem arabischen Land jetzt wieder US-Kampfjets. Obama kündigte sogar ein längeres Engagement im Irak ein. In der vergangenen Wochen haben die USA mit Waffenlieferungen an kurdische Kämpfer begonnen. Auch Frankreich setzt sich für Waffenlieferungen ein - und will die EU-Staaten für die Idee gewinnen.

Die Bundesregierung setzt dies unter Zugzwang und stellt sie vor eine schwierige Entscheidung. In Berlin lautet die offizielle Linie bisher: Humanitäre Hilfe ja, Waffenlieferungen nein. Aber wie lange bleibt es dabei? Der CDU-Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann mahnt bereits, Deutschland könne nach den Vertreibungen von Hunderttausenden Jesiden und Christen im Irak nicht nur Besorgnis äußern und "ein paar Zelte liefern". Auch CSU-Politiker Hans Peter Uhl forderte, den Kampf der Kurden gegen die Gruppe Islamischer Staat (IS) mit Waffen zu unterstützen

Vertriebene Jesiden flüchten aus dem Nordirak in Richtung Syrien.

Vertriebene Jesiden flüchten aus dem Nordirak in Richtung Syrien.

(Foto: REUTERS)

Unionsfraktionsvize Andreas Schockenhoff hält einen militärischen Einsatz Deutschlands unter bestimmten Umständen für denkbar. "Für den Fall eines UN-Mandats könnte sich die Bundeswehr an der Absicherung von Hilfstransporten vor Ort beteiligen", sagte Schockenhoff dem "Spiegel". "Auch sollte Deutschland dann nicht ausschließen, bestimmte Gruppen in der Krisenregion mit Waffen zu unterstützen." Ein UN-Mandat für einen Einsatz ist nach Schockenhoffs Einschätzung derzeit aber nicht in Sicht.

"Mit der Yogamatte unterm Arm"

Norbert Röttgen, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, forderte die schwarz-rote Regierung auf, ihre Haltung in der Irak-Krise grundlegend zu ändern. Die Bundesrepublik müsse sich zusammen mit EU "aktiv dafür einsetzen, dass der Terrororganisation IS innerhalb des Irak und in der Region die politische Unterstützung entzogen wird", sagte Röttgen. Obwohl kaum jemand bestreitet, dass die im Irak wütende Terrorgruppe Islamischer Staat grausam und gefährlich ist, schreckt auch die Opposition vor einem aktiven Eingreifen zurück.

Militärinterventionen und Waffenlieferungen überlässt man, wenn überhaupt, lieber den Amerikanern. Dass die nordirakischen Kurden jetzt mit Waffen, die aus den USA stammen, gegen die IS-Terroristen kämpfen, findet Grünen-Chef Cem Özdemir nicht verwerflich. Schließlich hätten die Peschmerga in den vergangenen Tagen Tausenden von Jesiden das Leben gerettet, sagt er in der ARD und fügt hinzu: "Das haben sie nicht mit der Yogamatte unterm Arm gemacht, sondern mit Waffen." Linksfraktionschef Gregor Gysi erklärte im ARD-Sommerinterview mit Blick auf den Einsatz der Amerikaner: "Ich befürworte auf jeden Fall, dass sie Wasser und Lebensmittel abwerfen für die Bevölkerung. Das ist wichtig."

Die SPD sieht in der Eskalation der Situation im Irak auch keinen Anlass, den Kurs ihres Wirtschaftsministers Sigmar Gabriel infrage zu stellen. Der hatte die deutsche Rüstungsindustrie zuletzt mit der Aussage aufgeschreckt, er wolle die Genehmigung von Waffengeschäften mit undemokratischen Ländern ab sofort restriktiver handhaben.

Heikle Waffenlieferungen

Die Bundesregierung - und da sind sich die Koalitionspartner einig - will sich im Irak-Konflikt nur humanitär engagieren. Den Vormarsch der Terrorgruppe IS aufzuhalten, dafür seien vor allem die USA und die politischen Parteien im Irak zuständig, erklärt Regierungssprecher Steffen Seibert. Den Vorwurf, in den Krisengebieten Irak, Ukraine und Gaza sei derzeit wenig von der aktiven neuen deutschen Außenpolitik zu spüren, die Bundespräsident Joachim Gauck vor einigen Monaten gefordert hatte, weist die Regierung zurück. "Der Grad der Aktivität richtet sich natürlich auch immer danach, was man als deutsche Regierung erreichen kann", gibt Seibert zu bedenken. Auch im Außenministerium verwehrt man sich gegen den Vorwurf der Untätigkeit. Ein Sprecher verweist unter anderem auf Steinmeiers Vorstoß für eine Rückkehr europäischer Kontrolleure an den Grenzübergang zwischen Ägypten und den palästinensischen Gazastreifen.

Waffenlieferungen an die Kurden im Nordirak sind nicht nur heikel, weil in Deutschland der Grundsatz gilt, keine Waffen in Kriegsgebiete zu schicken. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Kampfverbände der irakischen Kurden, die Peschmerga, ihre Waffen später benutzen würden, um ihrem Autonomiegebiet weitere Landstriche einzuverleiben oder um ihre staatliche Unabhängigkeit mit Gewalt durchzusetzen.

Zudem waren an der Rettung der verfolgten Jesiden zuletzt laut Berichten aus dem Krisengebiet nicht nur Peschmerga beteiligt, sondern auch Kämpfer der kurdischen Arbeiterpartei PKK, die aus Syrien und der Türkei stammen. Dass die PKK jetzt Seite an Seite mit den Truppen von Kurden-Präsident Massud Barsani kämpft, dürfte bei der Regierung des Nato-Landes Türkei zumindest für Unbehagen sorgen.

Quelle: ntv.de, cro/dpa/AFP

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