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800.000 Asylbewerber Wer darf bleiben und Deutscher werden?

Flüchtlinge nach der Genfer Konvention und Asylberechtigte bekommen nach drei Jahren ein permanentes Aufenthaltsrecht.

Flüchtlinge nach der Genfer Konvention und Asylberechtigte bekommen nach drei Jahren ein permanentes Aufenthaltsrecht.

(Foto: picture alliance / dpa)

Hunderttausende Menschen fliehen vor Bürgerkrieg und Tod aus Syrien, Irak oder Afghanistan. Viele werden wohl auf Dauer bleiben. Denn die Voraussetzungen dafür sind gut. Wenn sie es wollen.

Täglich kommen Menschen wie Mohammad an der Berliner Erstaufnahmestelle für Asylbewerber an. "Ich bin 17 Jahre alt und aus Aleppo in Syrien. Meine Familie ist noch dort, meine Mutter, Schwester und mein kleiner Bruder. Ich musste Syrien verlassen, weil sie wollten, dass ich in der Armee kämpfe", sagt der junge Mann mit den dunklen Augen und schwarzem Haar. Mohammad ist nur einer von vielen, die sich in der Berliner Turmstraße als Flüchtling registriert haben und deren Schicksal der Berliner Fotograf Timo Stammberger mit seinen Bildern dokumentiert hat.

Tausende wie Mohammad sind bisher nach Berlin gekommen. 800.000 werden allein bis Ende des Jahres nach ganz Deutschland kommen, schätzt Innenminister Thomas De Maizière (CDU). Viele, die vor Bürgerkrieg, Gewalt und Tod aus Syrien, Irak oder Afghanistan fliehen, werden wohl auf Dauer bleiben. Denn Menschen wie Mohammad haben gute Chancen, unbefristet als Flüchtlinge in Deutschland zu leben oder Deutsche zu werden. Der Weg zur Staatsbürgerschaft ist nicht einfach, aber für viele Asylbewerber machbar - wenn sie ihn denn gehen wollen.

Verfolgt oder bedroht, das ist die Frage

Das wichtigste Nadelöhr liegt am Anfang des Weges. Denn mit der Einstufung nach ihrer Ankunft entscheidet sich, welche Rechte sie bekommen und wie lange ihre Odyssee in Deutschland weitergeht. Werden sie als Flüchtlinge gemäß der Genfer Konvention oder als Asylberechtigte nach dem Grundgesetz anerkannt, bekommen sie eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis. Dafür müssen sie von der Verfolgung wegen ihrer Rasse, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe durch den Staat oder wen auch immer bedroht sein.

Werden sie dagegen nur als sogenannte subsidiär Schutzberechtigte anerkannt, weil ihnen ein "ernsthafter Schaden" wie die Todesstrafe, Folter oder willkürliche Gewalt in einem Bürgerkrieg droht, bekommen sie nur eine einjährige Aufenthaltsgenehmigung, die um jeweils zwei Jahre verlängert werden kann. Gleiches gilt für diejenigen, die bloß ein Bleiberecht erhalten, weil ihnen bei einer Abschiebung konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht.

Mit dem anfänglichen Status entscheidet sich, wie schnell sie die wichtigste Hürde nehmen: das dauerhafte Aufenthaltsrecht. Flüchtlinge und Asylberechtigte bekommen nach drei Jahren eine unbefristete Niederlassungserlaubnis, falls die Gründe für ihre Verfolgung nicht weggefallen sind. Damit dürfen sie unbeschränkt arbeiten, haben Anspruch auf alle Sozialleistungen und sind vor Abschiebung sicher, solange sie nicht schwere Straftaten begehen. Subsidiär Schutzberechtigte können diese Niederlassungserlaubnis erst nach sieben Jahren bekommen. Und nur, wenn sie ihren Lebensunterhalt selbst sichern, ausreichend deutsch sprechen und die Bedrohung noch besteht, wegen der sie nach Deutschland gekommen sind.

In drei Jahren zum Bleiberecht

Wie genau das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) unterscheidet, ob Menschen nun systematisch verfolgt oder "nur" bedroht sind, bleibt sein Geheimnis. Fest steht aber: Rund 35 Prozent aller Bewerber im ersten Halbjahr wurden als Flüchtlinge eingestuft sowie ein Prozent als Asylberechtigte. Jeweils weniger als ein Prozent wurden als subsidiär Schutzbedürftige anerkannt oder bekamen ein Bleiberecht. Das heißt: Mehr als 90 Prozent der Menschen, die in diesem Jahr als eine befristete Aufenthaltsgenehmigung bekamen, können wohl schon bald dauerhaft bleiben.

Die überwältigende Mehrzahl kam aus Syrien oder Irak. Ob sie bleiben hängt davon ab, wie es dort in den nächsten drei Jahren weitergeht. "Ich sehe keine Anzeichen dafür, dass sich die Lage in den nächsten Jahren deutlich bessert. Ich rechne damit, dass deutlich mehr als die Hälfte der in diesem Jahr ankommenden Flüchtlinge, also mindestens 400.000, wohl langfristig hierbleiben werden", sagt Tobias Klaus von Pro Asyl.

Das Recht dazu hätten die meisten wohl schon bald. Aber wollen sie das überhaupt? Sie könnten theoretisch bis ans Lebensende als Flüchtlinge in Deutschland leben. Nach acht Jahren Aufenthalt können sie sich zudem einbürgern lassen, wenn sie ausreichend deutsch sprechen, ihren Lebensunterhalt ohne Sozialleistungen bestreiten und einen Test bestehen.

Doch wenn sie Deutsche werden, müssen sie nicht nur ihre Heimat und viele Angehörige für immer hinter sich lassen. Sie müssen auch ihre Staatsbürgerschaft aufgeben. Viele werden wohl erstmal abwarten, wie es in ihrer Heimat weitergeht.

Quelle: ntv.de

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