Politik

Gegen Schleuser aus Belarus Zwölf Staaten wollen EU-Geld für Grenzzäune

Die polnische Grenze zu Belarus ist bereits massiv verstärkt worden.

Die polnische Grenze zu Belarus ist bereits massiv verstärkt worden.

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

Seit Belarus illegal Migranten in die EU schleust, steigt der Druck auf Brüssel. Zwölf Mitgliedsstaaten fordern, ihre Grenzanlagen auch mit Gemeinschaftsgeld finanzieren zu dürfen. Auch eine Anpassung des Schengener Grenzcodex verlangen die Unterzeichner. Deutschland gehört nicht dazu.

Die unerwünschte Migration über Belarus in die EU befeuert die Debatte über den Schutz der europäischen Außengrenzen und den Umgang mit Migranten. Polen, Österreich und zehn weitere EU-Staaten brachten in diesem Zusammenhang nun mehr Stacheldraht und Zäune ins Spiel. "Physische Barrieren scheinen eine effektive Grenzschutzmaßnahme zu sein, die den Interessen der gesamten EU dient", heißt es in einem Brief an die zuständigen EU-Kommissare Ylva Johansson und Margaritis Schinas. Diese sollten "zusätzlich und angemessen aus dem EU-Budget" finanziert werden. Das Schreiben ist auf den Vortag des heutigen EU-Innenministertreffens in Luxemburg datiert.

Auf besonders viel Sympathie bei Innenkommissarin Johansson traf das Dutzend mit seinen Ideen nicht. Sie habe nichts dagegen, dass EU-Staaten Zäune bauen, sagte die Schwedin nach dem Ministertreffen. Aber ob es eine gute Idee sei, dafür EU-Geld zu nutzen? "Das denke ich nicht." Sie habe mehrere Vorschläge gemacht, wie die Außengrenzen besser geschützt und überwacht werden können. Diese lägen auf dem Tisch, müssten jedoch angenommen werden. Widerspruch kam auch von Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. Er sei "absolut nicht" dafür, mehr Mauern zu errichten, sagte der Luxemburger. Man müsse zwar wissen, wer in die EU komme, doch er sei entschieden dagegen, alle ankommenden Migranten in Internierungslagern unterzubringen.

Hybride Bedrohung: EU-Rechtsrahmen soll angepasst werden

Die zwölf Staaten nehmen mit ihren Forderungen etwa Bezug auf die Lage an der Grenze zwischen Belarus und den EU-Staaten Polen, Litauen und Lettland. Dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko wird vorgeworfen, in organisierter Form Migranten aus Krisenregionen an die EU-Außengrenze zu bringen und die Staatengemeinschaft so destabilisieren zu wollen. Die zwölf Unterzeichner fordern nun, den EU-Rechtsrahmen so zu ändern, dass "Versuche der Instrumentalisierung illegaler Migration mit politischen Zielen und andere hybride Bedrohungen" angemessen adressiert werden könnten.

Polen, Litauen und Lettland haben bereits mit verstärktem Grenzschutz reagiert und mit dem Bau von Hunderten Kilometern Grenzzaun begonnen. Im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus sind in den vergangenen Wochen mehrere Menschen gestorben. Hilfsorganisationen werfen den EU-Ländern vor, Migranten illegal nach Belarus zurückzuweisen - ohne Möglichkeit, einen Asylantrag zu stellen.

Deutschland, Frankreich, Spanien und andere Länder, in denen die Vielzahl der Asylanträge gestellt wird, haben den Brief nicht unterschrieben. Stattdessen sind etwa Ungarn, Bulgarien, Zypern, Tschechien, Lettland, Litauen und Dänemark dabei. Sie zielen mit ihren Vorschlägen auf die geplante Reform des Schengener Grenzkodex ab, die die EU-Kommission im Juni angestoßen hatte. Unter anderem fordern sie auch klare Regeln, wie die EU-Staaten im Falle "hybrider Attacken" wie im Falle von Belarus reagieren können. Auch Slowenien, das derzeit die rotierende EU-Ratspräsidentschaft innehat, signalisierte am Nachmittag Zustimmung für das Papier.

Gewaltsame Zurückweisungen in Kroatien und Griechenland

Die Debatte läuft auch vor dem Hintergrund der jüngsten Berichte über illegale und teils brutale Zurückweisungen Schutzsuchender an den Außengrenzen Kroatiens und Griechenlands. Videoaufnahmen eines europäischen Rechercheverbundes, die diese Woche öffentlich wurden, sollen schwere und systematische Menschenrechtsverletzungen durch maskierte Uniformierte an der kroatischen Grenze zu Bosnien belegen. Zugleich wird Griechenlands Küstenwache vorgeworfen, Asylsuchende auf Rettungsflöße zu setzen, sie zurück aufs offene Meer zu ziehen und sich dann selbst zu überlassen. Auch Hinweise, dass die Spezialeinheiten und deren Ausrüstung mit EU-Mitteln finanziert worden sind, sorgen für Brisanz.

Pushback-Vorwürfe wurden in der Vergangenheit bereits mehrfach gegen beide Länder erhoben. Der griechische Migrationsminister Notis Mitarakis versprach Aufklärung. Jeder Vorwurf werde untersucht, das habe er am Vorabend auch EU-Innenkommissarin Johansson gesagt. Die Schwedin zeigte sich jedoch wenig überzeugt von seinen Aussagen. Sie habe klar gemacht, dass sie nicht akzeptieren werde, dass Griechenland den Vorwürfen nicht nachgehen werde. "Wir müssen unsere Außengrenzen schützen, aber wir müssen auch unsere Werte, den Rechtsstaat und Grundrechte verteidigen." Die kroatische Regierung nehme die Anschuldigungen hingegen sehr ernst, sagte Johansson. Der Minister sei geschockt gewesen.

Unterdessen teilte Litauens Regierung mit, das Land habe bereits knapp 30 Millionen Euro von der EU-Kommission zur Bewältigung des Migrantenandrangs an der Grenze zu Belarus erhalten. Mit der Finanzhilfe sollen die Kosten für die Unterbringung und die Grundversorgung der illegal in das baltische EU-Land eingereisten Flüchtlinge gedeckt werden. Der Rest der Unterstützung von insgesamt 37 Millionen Euro soll zu einem späteren Zeitpunkt folgen. Damit sollen auch Zuschläge für Beamte und Wachpersonal in den Migrantenlagern bezahlt werden.

Quelle: ntv.de, mau/dpa

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