Neuwahl in Frankreich Putin ist der heimliche Gewinner in Paris


Putins massive Desinformationskampagne in Frankreich trägt Früchte.
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In Frankreich tobt noch der Wahlkampf. Die guten Ergebnisse für die Rechtspopulisten vom RN zeigen aber, wer schon gewonnen hat: Russlands Präsident Putin.
Jordan Bardella muss noch bangen. Seine Partei Rassemblement National (RN) hat zwar den ersten Wahlgang in Frankreich mit 29,2 Prozent für sich entschieden. Doch nur, falls die Rechtspopulisten im zweiten Wahlgang die absolute Mehrheit holen, muss Präsident Emmanuel Macron Bardella zum Premierminister ernennen. Während in Paris bis zum kommenden Sonntag noch nichts entschieden ist, reibt sich ein Präsident Tausende Kilometer entfernt schon die Hände: Wladimir Putin dürfte die Wahl im Kreml mit Genugtuung verfolgt haben. Putin kann schon die Krimsekt-Korken knallen lassen - seine massive Desinformationskampagne in Frankreich trägt Früchte. Nie war die politische Zerrissenheit im zweitgrößten Mitgliedsstaat der Europäischen Union so groß.
Die angebliche Präsenz französischer Bodentruppen in der Ukraine, ein vermeintlicher Mordkomplott gegen Macron in Kiew, Gerüchte um das Geschlecht von Macrons Frau: Russische Troll-Netzwerke lassen der Fantasie online freien Lauf, wenn es darum geht, die französische Regierung zu diskreditieren. Die Urheber solcher Kampagnen sind schwer auszumachen. Multipliziert werden sie etwa vom Account der russischen Botschaft. Stets bemüht sich der Élysée-Palast, die Falschbehauptungen richtigzustellen. Stets entwerfen die russischen Trolle neue Strategien. Stets werden Millionen von Nutzern aufs Neue mit Propaganda geflutet. Zusammenhänge verfälschen, Zweifel nähren, Zwietracht sähen: Putin führt parallel zu der Invasion in die Ukraine einen brandgefährlichen Informationskrieg in Europa.
Bei der Verbreitung von Desinformation helfen Putin nicht nur die Online-Trolle, sondern auch seine Freunde in Paris. Mehrere RN-Politiker sind ausgewiesene Putin-Fans, obwohl die Rechtspopulisten im Wahlkampf versuchen, ihre Verbindungen zu vertuschen. Ein Untersuchungsbericht der Nationalversammlung vergangenes Jahr kam zu dem Schluss, die Rechtspopulisten seien der "Übertragungsriemen" des Moskauer Regimes in Paris. In einer Anhörung kurz darauf bestritt Marine Le Pen, die Strippenzieherin des RN, die Vorwürfe. Zugleich sagte Le Pen jedoch, Putin habe sein Land auf "bewundernswerte" Weise saniert und "in das Konzert der Nationen zurückgeführt". Le Pen, die Putin-Bewunderin, will nach der nächsten Wahl 2027 Frankreichs Präsidentin werden. Praktisch für Putin: Sollte Le Pen siegen, hätte er sogar eine Fürsprecherin im Élysée-Palast.
Unterstützung für die Ukraine bröckelt in Frankreich
Was Putins Angriffskrieg betrifft, gab sich Le Pens Ziehsohn Bardella in den letzten Wochen handzahmer - auch um gemäßigte Wähler nicht abzuschrecken. Plötzlich beteuert Bardella, er wolle die Ukraine grundsätzlich weiter unterstützen. Als "rote Linie" bezeichnet er allerdings die Lieferung von Raketen mit großer Reichweite sowie die Entsendung französischer Bodentruppen in die Ukraine. Das alles klingt vergleichsweise harmlos, sollte aber aufhorchen lassen. Die unbedingte Unterstützung der Ukraine, die Präsident Macron fordert, lehnt der RN ab. Die Botschaft verfängt bei vielen Franzosen, wie ein Blick auf die Wahlergebnisse verrät. Die Unterstützung für die Ukraine bröckelt also - ein weiterer Erfolg für Putin.
Sollte er Premierminister werden, könnte Bardella Putins Interessen nicht nur in Paris durchboxen. Auch auf EU-Ebene kann eine Regierung unter Führung des RN Chaos stiften. Denn Bardella darf dann höchstwahrscheinlich die französischen Minister ernennen, die mit ihren europäischen Amtskollegen über das Vorgehen gegen Russland beraten. Das Machtgleichgewicht im Rat der EU würde sich zugunsten der Rechtsextremisten verschieben. Sie könnten mit Gleichgesinnten etwa in Ungarn und der Slowakei gemeinsame Sache machen. Generell hat sich der RN die Schwächung der EU zum Ziel gesetzt. Falls die EU an Bedeutung verliert, gewinnt vor allem einer: Putin.
Egal wie die zweite Wahlrunde in Paris ausgeht, in Moskau gibt es schon genug Gründe zum Feiern. Die russische Propaganda wird online weiterverbreitet, die Rechtspopulisten sind auf dem Vormarsch und die Wähler kriegsmüde. Einhalt gebieten kann Putin nur eine Politik, die dem RN die Wähler wieder abjagt.
Quelle: ntv.de