Pressestimmen

Verschärfte Sicherheitsgesetze "De Maizière sitzt zwischen den Stühlen"

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(Foto: picture alliance / dpa)

Thomas de Maizière stellt sein Sicherheitspaket vor und weist damit teilweise Forderungen seiner Unionskollegen zurück. Er muss jedoch vor allem beim Thema der doppelten Staatsbürgerschaft Kompromisse machen und die Presse reagiert darauf gespalten. Manche Kommentatoren loben den Innenminister für seinen Spagat zwischen zwei Extremen, andere hingegen hatten sich wohl mehr erhofft.

Die "Neue Osnabrücker Zeitung" findet deutliche Zustimmung für de Maizières Pläne: "Die SPD kann wieder abrüsten. Bei näherer Prüfung ist es kein Teufelszeug, mit dem Bundesinnenminister de Maizière die Sicherheit in Deutschland verbessern will. Was ist zu sagen gegen den Einsatz verdeckter Ermittler im Darknet, wo der 18-jährige Attentäter von München seine Waffe erwarb? Was spricht gegen den Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit bei Deutschen mit Doppelpass, die für eine Terrormiliz im Ausland an Kampfhandlungen teilnehmen? Nichts. Und was vorab als Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht aufgeblasen wurde, entpuppt sich jetzt als Kontaktaufnahme mit der Medizinerschaft mit dem Ziel, psychisch kranke Gewalttäter schneller zu erkennen. Absolut nachvollziehbar."

Die "Landeszeitung" schreibt über de Maizière, in Zeiten des Terrors gäbe es dankbarere Jobs als den des Bundesinnenministers. Das Lüneburger Blatt lobt das Sicherheitspaket als Kompromiss und goldenen Mittelweg. "Kein anderer Ressortkollege muss so oft Dämme gegen die Angst bauen. Und das bei Gegenwind aus zwei Richtungen. An der einen Flanke wird die reale Gefahr noch dramatisiert, um Wähler zu ködern - zuletzt von seinen CDU-Länderkollegen. An der anderen wird verharmlost, weil man mit dem Kopf im Sand so schwer erkennen kann, wie die Welt nun mal ist. Wenig verwunderlich, dass de Maizière oft zwischen den Stühlen sitzt. Erfreulich, wenn er einen gangbaren Mittelweg findet, wie jetzt beim Sicherheitspaket. Deutschland verwirft zum Glück nicht den Doppel-Pass aus der naiven Annahme heraus, damit wäre das Problem eines fehlenden Zugehörigkeitsgefühls gelöst. Überfällig war sogar ein neues Instrument, um denen beizukommen, die nicht abgeschoben werden können, weil sie ihre Identität verschleiern."

"Wie hart darf es denn sein?" fragt die "Südwest-Presse" aus Ulm. Die Kommentatoren schreiben ebenfalls positives über die Haltung des Bundesinnenministers gegenüber den Forderungen der Unionskollegen. "Seit den jüngsten Anschlägen gehen manche in der Union mit ihren Phantasien, die Sicherheitsgesetze zu verschärfen, derart in die Vollen, dass sich dagegen selbst die Ansichten von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) moderat ausnehmen: Das ist gut so. 97 Prozent der Bürger - so die nichtrepräsentative Umfrage eines Nachrichtensenders - finden die bestehenden Gesetze zu lax. Das bedeutet: Scharfmacher, die das Ziel der Terroristen, die freie Gesellschaft zu zerstören, nur zu gerne selbst besorgen, haben derzeit gute Karten. Der Versuchung, ihnen nach dem Mund zu reden, hat De Maizière zu Recht widerstanden."

Kritischer dagegen äußert sich die "Berliner Zeitung" zu de Maizières Vorschlägen: "Nach den vielen Verschärfungen von Sicherheitsgesetzen der vergangenen Monate und Jahre ist der Spielraum für weitere Maßnahmen eng geworden - jedenfalls, wenn sie seriös, rechtlich tragfähig und wirkungsvoll sein sollen. Eben, weil an der Seriosität des Bundesinnenministers im Ganzen nicht zu zweifeln ist, wird der begrenzte Spielraum an seinem Paket besonders deutlich."

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" erwartet wenig Gegenwind und Zurückhaltung seitens der Opposition. "Der Innenminister [dürfte] mit Vorschlägen wie der Beschleunigung von Abschiebungen oder der Erweiterung der Zugriffsmöglichkeiten von Sicherheitsbehörden auf Verbindungsdaten nicht nur der Opposition (...) neue Stichworte gegeben haben. (...) Es wäre ein Wunder, wenn nicht auch das Bundesverfassungsgericht im einen oder anderen Fall seine überdehnte Grundrechtsdogmatik in Stellung bringen würde. Die SPD wird sich wenige Wochen vor zwei wichtigen Landtagswahlen nicht zu Fundamentalkritik an de Maizières Vorschlägen hinreißen lassen. (...) Würde sie auf offener Bühne Konflikte inszenieren, dürften sich in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin noch mehr auf Protest gestimmte Wähler von ihr abwenden, als es sich derzeit abzeichnet. Statt Polemik und Profilierungsgehabe ist Augenmaß das Gebot der Stunde."

Der "Tierischer Volksfreund" wirft dem Innenminister dagegen fehlende Kommunikation vor. "Leider macht de Maizière jetzt an anderer Stelle Fehler. Für sein Paket braucht er Unterstützung. Nicht nur im Bundestag, sondern auch außerhalb. Doch offenbar hat er vorher weder mit dem Koalitionspartner SPD noch mit der Ärzteschaft geredet, sondern nur an seinen eigenen großen Auftritt gedacht. So beginnen die Maßnahmen erst einmal mit Streit. Das ist gut gemeint, schlecht gemacht."

Zusammengestellt von Stefanie Rosenthal

Quelle: ntv.de

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