GDL streikt um ihr Überleben "Weselsky ist klar, dass er verloren hat"
18.05.2015, 20:27 Uhr
Die Gewerkschaft der Lokführer legt ihre Arbeit erneut nieder. Wann der Streik diesmal beendet sein soll, ist ungewiss. Die Deutsche Bahn sieht eine Schlichtung als einzige und letzte Chance, um dem Tarifstreit beizukommen. Auch die Bundesregierung pocht auf das Einschalten eines Mediators. Das schlägt GDL-Chef Claus Weselsky bislang mit der Begründung aus, dass über Grundrechte nicht geschlichtet werde. Er wittert eine Verzögerungstaktik der Bahn, da im Sommer das Tarifeinheitsgesetz droht. Mit harten Bandagen kämpf die GDL daher um ihr Fortbestehen. Dieser Kampf wird jedoch immer aussichtsloser, urteilt die Presse und fordert eine gesetzliche Streikordnung.
Die große Koaltion sollte endlich das Streikrecht gesetzlich ändern, "zumindest für den Bereich der Daseinsvorsorge wie Verkehr, Gesundheit, Bildung und Erziehung", plädiert die Welt. Vorschläge dafür gebe es schon, das Tarifeinheitsgesetz gehe hingegen nicht weit genug. "Damit der Arbeitskampf wieder zum letzten Mittel im Tarifkonflikt wird, könnte eine obligatorische Schlichtung vorgeschrieben werden. Erst wenn der Schlichter scheitert, darf gestreikt werden", lautet der Vorschlag des Blatts. Zusätzlich sollte es eine vorgeschriebene Warnzeit geben, während der sich die Betroffenen auf den Ausstand vorbereiten können. "Der Gesetzgeber ist jetzt gefordert, zu handeln und das heiße Eisen Streikrecht anzufassen."
Eine gesetzlich geregelte Streikordnung fordert ebenso die Frankfurter Allgemeine Zeitung. "Viele Länder in Europa schreiben für Bereiche wie Gesundheit, Erziehung oder Verkehr vor, dass geschlichtet werden oder ein nennenswerter Teil der Belegschaft für einen Streik stimmen muss. Warum nicht auch in Deutschland?" Abwegig sei ein solches Gesetz nicht, da die politischen und wirtschaftlichen Reaktionen auf den Austand umso heftiger würden, "je wahnhafter dieser Streik wird". Beim Zugfahren der Zukunft, könnte ein Lokführer zudem sowieso entbehrlich werden. "Wenn Computer bald sogar Autos steuern, warum nicht auch den Zug?", fragt die Zeitung provokativ.
"Für alle Arbeitskämpfe, die massiv in Infrastruktur und öffentliche Ordnung einschneiden, sollten schärfere Regeln gelten", schreibt der Münchner Merkur und stimmt dem allgemeinen Tenor zu. Da ein politisches Eingreifen in die Tarifautonomie jedoch ein Balanceakt sei, müsse sich die Gesetzgebung künftig auf die Daseinsvorsorge berufen. Claus Weselsky sei dabei "ein unter Druck stehender Gewerkschaftschef, dem bei der Wahl der Mittel in einem legitimen Streik schlicht die Sicherung durchgebrannt ist".
In Bezug auf den GDL-Chef erkennt der Berliner Tagesspiegel, dass er an diesem Punkt des Streiks vor allem darauf ziele, möglichst gesichtswahrend aus dem Konflikt herauszukommen. "Auch Weselsky ist längst klar, dass er verloren hat." Die Zeitung vergleicht die GDL mit den Galliern aus den Asterix-Comics: "Würden sie nach acht Angriffen ihren Widerstand aus freien Stücken aufgeben, blieben sie nicht als Gallier, sondern nur als Querulanten in Erinnerung." Auch wenn die Streiks "nervtötend und schädlich für die Volkswirtschaft" erscheinen, seien sie nichtsdestotrotz legitim und rechtens. "Streiks werden aber unmoralisch von dem Zeitpunkt an, an dem Streikende wissen, dass sie nicht mehr weiterkommen können."
Es sei das gute Recht der GDL, die vorgeschlagene Schlichtung abzulehnen, urteilen die Nürnberger Nachrichten. "Die entscheidende Frage wird deshalb sein, wie lange die Basis noch mit diesem Kurs einverstanden und dazu bereit ist, Einkommensverluste ebenso zu ertragen wie den Zorn ausgebremster Fahrgäste." Sowohl die Streikenden als auch die Bahnkunden würden ungeduldiger und zweifelten an dem Dauerstreik-Zustand. Deren Zweifel und Zorn wüchsen mit jedem neuen Streik.
Die Stuttgarter Zeitung widersetzt sich der allgemeinen Stimmung in dem Sinne, als sie berechtigte Zweifel an einer Zwangsschlichtung äußert. Die Bahn könne sich keinen anderen Ausweg als eine Schlichtung vorstellen. Diese "würde zumindest mehr Transparenz und Sachlichkeit in den Konflikt bringen. Eine Zwangsschlichtung hingegen wäre ein sehr scharfes Schwert", lautet die Position des Blattes.
Zusammengestellt von Katja Belousova
Quelle: ntv.de