Eheleute aufgepasst Götterdämmerung für das Ehegattensplitting?
22.12.2021, 06:58 Uhr
Die neue Bundesregierung ist im Amt und wird in den kommenden Jahren ihre Pläne abarbeiten, wozu auch Vorhaben rund um das Ehegattensplitting gehören. Was die Koalition in ihrem Vertrag festgehalten hat und wie die Ideen zu interpretieren sind, erfahren Sie im Beitrag.
Ein Koalitionsvertrag bildet zunächst einmal Pläne und Kompromisse einer Regierung ab. Ob diese Pläne verwirklicht werden, steht dabei oftmals in den Sternen. Das gilt auch für das Ehegattensplitting: Der Koalitionsvertrag bleibt in diesem Punkt sehr schwammig. Wir erklären, wie die bereits bekannten Informationen zu verstehen sind.
Was plant die Ampel-Regierung in Sachen "Ehegattensplitting"?
Zunächst müssen wir uns anschauen, was der Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung mit Blick auf das Ehegattensplitting überhaupt festhält: "Wir wollen die Familienbesteuerung so weiterentwickeln, dass die partnerschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche Unabhängigkeit mit Blick auf alle Familienformen gestärkt werden. Im Zuge einer verbesserten digitalen Interaktion zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung werden wir die Kombination aus den Steuerklassen III und V in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV überführen, das dann einfach und unbürokratisch anwendbar ist und mehr Fairness schafft."
Wie funktioniert das Splittingverfahren?
Wenn die Ampel-Regierung die Steuerklassen III und V abschafft, müsste jeder Ehepartner den Lohnsteueranteil zahlen, den er auch verdient. Bisher profitieren Ehegatten in einer Lebenspartnerschaft immer dann von einem Splittingvorteil, wenn ein Partner einen deutlichen größeren Teil zum Gesamteinkommen beiträgt als der andere. Tatsächlich können so im Vergleich zu unverheirateten Paaren de facto Steuern gespart werden.
Der Nachteil oder Vorteil bisher ist, dass Eheleute meist nur eine gemeinsame Steuererklärung abgeben und nur ein zu versteuerndes Einkommen ermittelt wird. Damit sparte das Paar bereits auch unter dem Jahr Steuern. Mitunter wird dieser Effekt mit der Abgabe der Steuererklärung aber negiert und eine Nachzahlung fällig.
Von der Steuerbelastung für ein Paar ändert sich im Fall der Umsetzung der Ampel-Pläne übrigens nichts. Schaut man sich diese bei den Steuerklassen IV/IV sowie III/V an, so ist sie gleich.
Welchen Vorteil hat das Vorhaben der Ampel-Regierung dann überhaupt?
Das Ziel der Regierung: Sie will für mehr optische Gerechtigkeit zwischen Mann und Frau sorgen. Denn durch die Steuerklasse V muss meist die Frau, die Teilzeit arbeitet, eine höhere Steuerlast tragen. Der Vorteil einer Änderung für berufstätige Frauen, besonders in Teilzeit, wäre, dass sie mehr netto von ihrem Gehalt hätten. Damit steigt nach Wunsch der Regierung zugleich der Anreiz, eine Vollzeitstelle anzunehmen, da das jeweilige Nettogehalt pro Monat steigt.
Welche Probleme bringt eine Reform des Ehegattensplittings?
Auch wenn gerade berufstätige Frauen psychologisch profitieren, gibt es Steuerpflichtige, die benachteiligt würden. Ein Beispiel ist der Berufstätige mit verrentetem Partner - der Berufstätige wurde bisher in Steuerklasse III, der verrentete Ehepartner in V eingestuft - wie wird in diesem Fall verfahren? Ein anderes Beispiel sind Lebenspartner, bei denen der eine berufstätig und der andere in Elternzeit ist - auch hier erfolgt bislang die Einstufung nach III/V.
Ein weiterer problematischer Aspekt, der durch die Abschaffung der Steuerklasse III/V hervorgerufen wird, ist, dass die Menschen mit der ehemaligen Steuerklasse III künftig weniger Arbeitslosengeld oder Elterngeld erhalten.
Bei diesen Beispielen stellt sich die Frage, wie der Gesetzgeber in diesen Fällen für eine gerechte Steuerverteilung sorgt. Dies wird eine spannende Aufgabe für die Regierung sein.
Ehegattensplitting-Reform: Was sollten Ehepaare jetzt tun?
Kurz gesagt: nichts. Denn, wie erläutert, bildet der Koalitionsvertrag nur die Pläne ab, die die gemeinsam regierenden Parteien für die nächsten Jahre haben - wann und wie diese umgesetzt werden, bleibt offen.
Daniel Schollenberger ist Steuerexperte des Portals Steuertipps.de von Wolters Kluwer.
Quelle: ntv.de