Anstieg bis über 400 Prozent Gaspreisexplosion - wie teuer wird es wirklich?
02.02.2024, 16:20 Uhr (aktualisiert) Artikel anhören
Die Zeiten, in denen alles nur einen Preis, aber nichts einen Wert hatte, sind erstmal vorbei. Von nun an gilt beides. Und es muss mitunter doppelt und dreifach bezahlt werden. Zumindest dann, wenn es sich um Gas handelt, wie eine aktuelle Untersuchung zeigt.
Die Kosten explodieren, im Jahresvergleich sind die vom Vergleichsportal Verivox ermittelten durchschnittlichen Gaspreise um 159 Prozent gestiegen. Zahlte eine Musterfamilie mit einem jährlichen Gasverbrauch von 20.000 kWh im Juli 2021 noch 1236 Euro, sind es im Juli dieses Jahres bereits 3199 Euro. Vor allem Neukunden sind unmittelbar von dem hohen Preisniveau betroffen. Wer eine feste Vertragslaufzeit mit Preisbindung hat, profitiert so lange, bis der Vertrag ausläuft, dann drohen heftige Preissprünge.
Preisanstieg je nach Versorger bis über 400 Prozent
Die Preiserhöhungen für Bestandskunden fallen dabei sehr unterschiedlich aus. Seit Anfang des Jahres haben laut Verivox regionale Versorger flächendeckend ihre Preise erhöht - teilweise sogar mehrmals. Im Schnitt liegen die Preiserhöhungen bei rund 45 Prozent. Das sind für die Musterfamilie Mehrkosten von 770 Euro im Jahr.
Allerdings hängt es von der Beschaffung der Versorger ab, wie stark der Preisanstieg im Großhandel auf die Verbraucherpreise durchschlägt. Wer große Mengen Gas frühzeitig eingekauft hat, kommt besser durch die Krise als Versorger, die größere Mengen zu den aktuellen Preisen einkaufen müssen. Bei einigen regionalen Versorgern haben sich die Gaskosten seit Jahresbeginn daher sogar verdrei- oder vervierfacht.
"Wir raten im Moment nach jeder Preiserhöhung zu einem Tarifvergleich. Der Markt ist hochdynamisch und die Preise schwanken stark. Wer nicht vergleicht und Preiserhöhungen einfach akzeptiert, zahlt womöglich hunderte Euro zu viel im Jahr," so Thorsten Storck, Energieexperte von Verivox.
Mieter müssen sich auf hohe Nachzahlungen einstellen
Wer selbst keinen Vertrag mit einem Gasversorger geschlossen hat, sondern Gas zum Beispiel über seine Mietnebenkosten abrechnet, spürt die derzeitige Preiswelle mitunter noch gar nicht.
Da die Nebenkostenabrechnung sich immer auf das vorangegangene Jahr bezieht, erreicht die jetzige Preiswelle Mieter erst deutlich später. Sie sollten daher das Gespräch mit ihrem Vermieter suchen und prüfen, ob eine Abschlagserhöhung sinnvoll ist. Denn sonst kann es sein, dass im nächsten Jahr Nachzahlungen im vierstelligen Bereich fällig werden. In jedem Fall sollten Verbraucher schon jetzt damit beginnen, Geld für die Nachzahlungen zur Seite zu legen, um später dann nicht in Zahlungsschwierigkeiten zu kommen.
Laut des Deutschen Mieterbundes (DMB) dürfen Vermieter von sich aus schon jetzt nur eine höhere Vorauszahlung verlangen. Nämlich dann, wenn sich ein Saldo zulasten des Mieters ergibt und abzusehen ist, dass die bisherigen Vorauszahlungen nicht ausreichen. Wer dann die erhöhten Vorauszahlungen gar nicht oder nur teilweise bezahlen kann, dem droht laut DMB die fristlose Kündigung. Und dies bereits dann, wenn die rückständige Summe mehr als eine Monatsmiete beträgt.
Wenn absehbar ist, dass der Mieter in Zahlungsschwierigkeiten geraten könnte, sollte in jedem Fall das Gespräch mit dem Vermieter gesucht werden. Laut Mieterbund gibt es die Möglichkeit, sich auf eine Rückzahlungsmodalität - etwa die Ratenzahlung - zu einigen. Zudem sollten Betroffene sich bei ihrem Mieterverein über staatliche Unterstützung erkundigen. Unter Umständen können Wohngeld oder andere Zuschüsse durch die finanziell angespannte Phase helfen.
Preiserhöhungswelle noch nicht vorbei
Abgesehen davon hat Verivox bereits für Juli und August weitere Preiserhöhungen registriert: insgesamt 105 Erhöhungen örtlicher Versorger um durchschnittlich 31 Prozent. Die Drosselung der Gaslieferungen durch Gazprom und die unklare Lage um mögliche weitere Lieferkürzungen treiben die Einkaufspreise der Versorger weiter nach oben. Außerdem soll es den Versorgern durch einen Beschluss der Bundesregierung zukünftig möglich sein, starke Preissprünge auf dem Gasmarkt an die Kunden weiterzugeben. Aktuell kostet eine Megawattstunde Gas rund 175 Euro. Zum Vergleich: Im langjährigen Mittel bewegt sich der Preis je Megawattstunde zwischen 10 und 25 Euro.
"Ein Ende des Preisanstiegs ist überhaupt nicht in Sicht. Im Gegenteil: Wir rechnen in den kommenden Monaten mit weiter stark steigenden Gaspreisen," so Storck.
(Dieser Artikel wurde am Mittwoch, 06. Juli 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, awi