Mythen, Märchen & Legenden Populäre Rechtsirrtümer
01.04.2008, 15:31 UhrDie Schmidts kennen ihre Rechte. Das glauben sie zumindest, so wie die meisten Deutschen. Im Alltag zeigt sich jedoch oft, dass es mit der Paragraphenkenntnis nicht so weit her ist. Denn längst nicht alles, was wir für Recht halten, steht so im Gesetzbuch.
Zum Beispiel die Ermahnung im Kaufhaus: "Das Öffnen der Verpackung verpflichtet zum Kauf." Martin Schmidt will trotzdem wissen, ob das Unterhemd, das er vielleicht kaufen will, auch passt. Verstohlen holt er es aus der Schachtel. Dabei könnte sich Schmidt die Heimlichtuerei ersparen. Denn wenn er als Interessent die Packung öffnet, macht er noch kein Kaufangebot, weiß Rechtsanwalt Manfred Steinhausen. "Eine Verpflichtung zum Kauf kommt aber nur zustande, wenn ein Kaufvertrag geschlossen worden ist." Zahlen muss der Kunde also nur, wenn er die Ware auch haben will. Ob man mit dieser Argumentation durchkommt, wenn man im Supermarkt die Joghurtbecher aufreißt, ist allerdings fraglich.
Werktags-Wirrwar
Schmidts Frau Claudia ist derweil mit dem Auto unterwegs und endlich bei der Parkplatzsuche fündig geworden. Sie freut sich, denn das Parken ist nur werktags kostenpflichtig. Am heutigen Samstag, glaubt Frau Schmidt, kann sie sich die Parkgebühren sparen. Doch von wegen: "Alles, was nicht Sonn- oder Feiertag ist, gilt als Werktag", belehrt Steinhausen. Die etwas irreführende Bezeichnung ist historisch bedingt. Früher wurde von Montag bis Samstag durchgearbeitet. "Rechtlich ist der Samstag deshalb ein Werktag wie jeder andere."
So muss Claudia Schmidt also doch noch zum Parkscheinautomaten. Doch die Gebühren sind schnell vergessen, denn - welch ein Zufall - da liegt doch tatsächlich eine herrenlose Geldbörse auf dem Gehsteig. Stolze 150 Euro sind darin. Frau Schmidt glaubt, dass ihre Ehrlichkeit bei der Rückgabe mit mindestens 15 Euro honoriert wird, schließlich beträgt der Finderlohn zehn Prozent. Eine weit verbreitete Legende, weiß der Rechtsanwalt. "Der Finderlohn ist abhängig vom Wert der Sache, beträgt aber höchstens fünf Prozent. Bei allem, was über 500 Euro hinausgeht, gib es nur noch drei Prozent." Wer 1000 Euro findet, darf also 25 Euro für die ersten 500 Euro behalten, aber nur noch 15 Euro für den Rest. Macht zusammen 40 Euro Finderlohn. Claudia Schmidt stehen also nur 7,50 Euro zu, dazu kommen noch fünf Prozent der Wiederbeschaffungskosten für Karten und Ausweise im Geldbeutel.
Welcher Preis zählt?
Auch Martin Schmidt ist fündig geworden: In der Sportabteilung hat er ein Marken-Laufshirt zum Spottpreis aufgetan, da muss er nicht lange nachdenken. An der Kasse dann die Ernüchterung: Das Shirt war falsch ausgezeichnet, ein Versehen entschuldigt sich die Verkäuferin. Herr Schmidt glaubt sich im Recht, schließlich hat er einen Anspruch darauf, die Ware zum angegebenen Preis zu kaufen. Meint er - doch einen solchen Rechtsanspruch gibt es nicht. Entscheidend ist der Preis, der an der Kasse genannt wird. Zum Glück ist Schmidt an eine kulante Verkäuferin geraten, sie räumt ihm auf den richtigen Preis immerhin Rabatt ein. Ihre Freundlichkeit gerät allerdings an Grenzen, als Herr Schmidt die 35 Euro in Münzen zahlen will.
"Geld ist Geld", argumentiert der Käufer, doch auch wenn der Wert derselbe ist: Der Verkäufer muss keine Münzberge annehmen. "Das würde für den Verkäufer einen erheblichen Aufwand bedeuten, deshalb muss er keine unübersehbare Menge Münzen annehmen", sagt Steinhausen. Und weil die Verkäuferin vorhin schon einmal Gnade vor Recht ergehen ließ, zahlt Martin Schmidt jetzt lieber mit Karte.
Quelle: ntv.de