Ratgeber

Laufzeit von 1188 Monaten Sparkasse darf Sparvertrag nicht kündigen

(Foto: imago stock&people)

Auch Finanzinstitute leiden unter Niedrigzinsen. Alte Verträge, die Kunden noch vergleichsweise hohe Zinsen versprechen, sind oft eine Last. Gekündigt werden dürfen die Kontrakte aber trotzdem nicht einfach, wie ein Urteil zeigt.

Ein Finanzinstitut darf einen langfristigen Sparvertrag nicht in jedem Fall einfach kündigen. Das gilt vor allem, wenn eine Laufzeit fest vereinbart wurde, wie ein Urteil des Oberlandesgerichts Dresden zeigt (Az.: 8 U 1770/18). Die Niedrigzinsphase sei ebenfalls kein Grund für eine Kündigung.

In dem verhandelten Fall, über den die "Neue juristische Wochenschrift" (Ausgabe 9/2020) berichtet, hatte eine Sparkasse Anfang der 1990er-Jahre mit einer Kundin mehrere Prämiensparverträge abgeschlossen. Die Enkelin der Kundin erbte diese Verträge und ließ sie auf sich umschreiben. In den Verträgen war eine Laufzeit von 1188 Monaten (99 Jahre) angegeben. Das Geldinstitut kündigte die Verträge dennoch im Jahr 2017. Ein Argument: 1188 Monate seien keine Laufzeit, sondern eine Höchstfrist, die das Unternehmen jederzeit durch Kündigung abkürzen könne. Die Enkelin zog dagegen vor Gericht.

99 Jahre sind keine Höchstfrist

Mit Erfolg: Die Kündigungen waren unwirksam. In den Verträgen sei an mehreren Stellen eine Laufzeit von 1188 Monaten vereinbart worden, so das Gericht. Dabei handele es sich nicht um eine Höchstfrist. Das folge auch aus dem Wortlaut der Verträge. Die Prämienstaffel, die ebenfalls 99 Jahre ausweise, stütze diese Auslegung.

Auch eine Kündigung aus wichtigem Grund wie dem geänderten Marktumfeld schied aus Sicht des Gerichts aus. Denn die Kalkulation der Zins- und Prämienleistung oblag allein dem Geldinstitut. Dass dies hierbei eine längerfristige Niedrigzinsphase nicht vorhergesehen habe, berechtige nicht zur fristlosen Kündigung, weil dann das Risiko vollständig auf die Kunden abgewälzt werde.

Prämiensparverträge zeichnen sich durch eine vergleichsweise geringe variable Verzinsung aus, die mit nach Laufzeit gestaffelten Bonuszinsen ausgeglichen werden sollen. Viele dieser Sparverträge haben nach 15 Jahren die höchste Prämienstufe erreicht und dürfen gekündigt werden. Allein bis Ende letzten Jahres sind mehr als 200.000 Sparkassenkunden aus ihren Sparverträgen gedrängt worden.

Im Mai hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe geurteilt, dass langjährige Prämiensparer die Kündigung ihrer Altverträge durch die Sparkassen hinnehmen müssen, wenn sie die einmal vereinbarte Bonusstaffel ausgeschöpft haben. In dem Fall hatten Kunden der Kreissparkasse Stendal in Sachsen-Anhalt geklagt, die drei entsprechende Verträge aus den Jahren 1996 und 2004 weiterführen wollten. (BGH-Urteil vom 14.5.2019 AZ: XI ZR 345/18)

Möglicherweise können Zinsen nachgefordert werden

Das Marktwächter-Team Finanzen der Verbraucherzentralen warnt allerdings, dass die vom BGH formulierte Kündigungsmöglichkeit nicht für alle Sparverträge gilt. Demnach kündigen viele Sparkassen mit Verweis auf das BGH-Urteil langjährige, gut verzinste Sparverträge, die vor mehr als 15 Jahren abgeschlossen wurden. Doch der BGH hat nach Meinung der Verbraucherschützer den Sparkassen kein pauschales Kündigungsrecht eingeräumt. Ein Rauswurf ist nur bei entsprechenden Prämien-Sparverträgen möglich, wenn die im Vertrag vereinbarte Prämiengarantie beendet ist. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Spitze oder der Höchstsatz der zugesagten Prämie erreicht ist - also wenn die Prämie nicht mehr größer werden kann.

Die Marktwächter raten Verbrauchern, die eine Kündigung ihres Sparvertrags erhalten haben, deren Rechtmäßigkeit von ihrer Verbraucherzentrale vor Ort prüfen zu lassen. Bei dieser Gelegenheit prüfen Experten zudem die Zinsänderungsklausel, die in alten Sparverträgen unwirksam sein kann. Möglicherweise können die Sparer hier sogar noch Zinszahlungen nachfordern.

Quelle: ntv.de, awi/dpa

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