Zu krakelig Testament gilt nicht
16.09.2015, 15:49 UhrWer an der eigenen Handschrift zweifelt, lässt sein Testament lieber vom Notar aufsetzen. Ansonsten wird der letzte Wille womöglich nicht anerkannt, wie ein Urteil zeigt.
Testamente müssen entweder von einem Notar verfasst oder aber eigenhändig geschrieben werden. Die Tücke beim handschriftlichen Testament: Es muss auch lesbar sein. Wenn das Dokument selbst durch einen Schriftsachverständigen nicht entziffern ist, wird es nicht wirksam, hat jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig entschieden (Az.: 3 Wx 19/15).
Eine alte Dame war im Jahr 2012 verstorben, ein Jahr nach ihrem Ehemann. Die Eheleute hatten in einem gemeinsamen Testament zwar ihre Bestattung geregelt, nicht aber ihren Nachlass. Nach der gesetzlichen Erbfolge war die Tochter Alleinerbin, also beantragte sie den Erbschein, der ihr auch erteilt wurde. Doch dann trat eine frühere Pflegerin der Verstorbenen auf den Plan und reichte vor Gericht ein Schreiben ein, das die Mutter angeblich zwei Monate vor ihrem Tod verfasst und einer anderen Pflegekraft übergeben habe. Darin vermachte sie angeblich ihr ganzes Vermögen besagter Pflegerin, mit der sie auch privat Kontakt gehabt hatte.
Das Nachlassgericht sah dieses Schreiben nicht als ein wirksames Testament an, daraufhin legte die Pflegerin beim OLG Beschwerde gegen die Erteilung des Erbscheins ein. Erfolglos. Das eingereichte Schriftstück genüge nicht den Anforderungen an die Form eines wirksamen Testaments, so das Gericht. Bei einem eigenhändigen Testament müsse der erklärte Wille in vollem Umfang aus dem Geschriebenen hervorgehen. Dafür sei es zwingend notwendig, dass die Niederschrift auch lesbar sei, so das Gericht. Trotz langjähriger Erfahrung sei der Spezialsenat für Nachlassangelegenheiten nicht in der Lage, das Schriftstück soweit zu entziffern, dass der Inhalt eindeutig sei.
Die ersten und die letzten Worte sowie die Unterschrift ließen sich zwar korrekt zuordnen. In der Mitte des Textes würden jedoch einige nicht zweifelsfrei lesbare Worte verbleiben. Eine Sachverständige habe zwar das erste der umstrittenen Worte als "vermache" identifiziert, nicht jedoch die weiteren Wörter, so dass unklar bleibe, was vermacht werden sollte.
Ob die alte Dame wegen Demenz oder Leseunfähigkeit womöglich schon testierunfähig war, prüfte das Gericht erst gar nicht. Auch die Frage, ob das Schriftstück überhaupt von ihr stammte, blieb außen vor. Es reichte schon die Unleserlichkeit, um der Tochter zum alleinigen Erbe zu verhelfen.
Quelle: ntv.de, ino