Teure Sicherheit Warum Mischfonds sich oft nicht auszahlen
04.11.2021, 14:39 Uhr
Mischfonds schaffen es, wenn überhaupt, oft nur phasenweise, die Wertentwicklung eines vergleichbaren Finanzprodukts zu übertreffen.
(Foto: imago/Hermann J. Knippertz)
Sicherheit und Rendite: Das versprechen Mischfonds. Doch die gleichzeitige Anlage in Renten und Aktien kann erhebliche Nachteile haben. Worauf Anlegerinnen und Anleger unbedingt achten sollten.
Keine Frage: Fonds verkaufen sich in Deutschland derzeit gut. Nach Angaben des Fondsverbandes BVI ist Deutschland in Europa der größte Fondsmarkt. Zur Jahresmitte verwaltete die Branche ein Vermögen von über 4 Billionen Euro. 1,35 Billionen Euro davon entfallen auf offene Publikumsfonds.
Hier sind Aktienfonds mit 576 Milliarden Euro zwar die volumengrößte Gruppe. Aber schon auf Platz zwei folgt mit 366 Milliarden Euro eine andere Fondskategorie: Mischfonds. Anders als bei reinen Aktienfonds investieren die Anbieter hier in der Regel in Aktien und Anleihen. Die Chancen des Aktienmarktes werden also kombiniert mit der Sicherheit von Zinsanlagen oder Rohstoffen.
Fonds nehmen Anlegern Entscheidungen ab
Für Nicolas Pilz von der Societas Vermögensverwaltung ist die Beliebtheit dieser Fonds einfach zu erklären: Mischfonds ermöglichen es Anlegern, ihr Geld ohne großen Aufwand und notwendige Fachkenntnisse am Kapitalmarkt anzulegen. "Die Schwankungen sind in der Regel deutlich geringer als bei reinen ETF-Strategien", erklärt der Vermögensberater.
"Der Fonds übernimmt für den Anleger die Auswahl der attraktivsten Assetklassen und Titel", sagt Frank Wieser, Geschäftsführer PMP Vermögensmanagement. "Es ist quasi ein "Rundum-sorglos-Paket" für den Investor. Er muss sich nur vorab gut beraten lassen und für den richtigen Fonds entscheiden."
Den richtigen Mischfonds finden
Doch genau da beginnen für Interessierte die Probleme. Das Angebot ist groß. "Die Unterschiede hinsichtlich Herangehensweise, Kosten und Performance sind riesig. Und für Anleger ist es schwer, den richtigen Mischfonds zu finden", sagt Frank Wieser.
Dem Vermögensberater Philip Morgen zufolge gehen Anleger oft davon aus, dass Mischfonds grundsätzlich breit in verschiedene Assetklassen investieren. Das sei in der Praxis aber nicht immer der Fall.
"Oft unterliegen Mischfonds gemäß dem Fondsprospekt keinen Begrenzungen", erklärt der Geschäftsführer 3i Instituts. "So kann man mit einem Blick in die Factsheets feststellen, dass sehr viele Mischfonds nicht ausreichend diversifizieren und einen sehr hohen Aktienanteil mit zum Teil über 90 Prozent ausweisen."
Bankberater an Provisionen interessiert
Viele Anlegerinnen und Anleger setzen bei der Auswahl daher auf die Vorschläge ihrer Bankberater. "Die heben zwar immer die angebliche Qualität der eigenen Produkte hervor", sagt Honorarberater Michael Ritzau. "Doch eigentlich interessiert sind sie an den Provisionen für den Abschluss."
Ähnliches sagt auch Stefan Eberhardt: "Insbesondere durch das lukrative, provisionsgetriebene Beratungsgeschäft wurden Mischfonds in den letzten Jahren bevorzugt von Banken und Finanzdienstleistern vermittelt", so der Geschäftsführer der Eberhardt & Cie. Vermögensverwaltung. "Hohe Vertriebsprovisionen sowie konstante Bestandsprovisionen füllen dabei die Kassen der Vertriebsinstitute."
Die Folge: Kundinnen und Kunden bekommen nicht immer den für sie besten Fonds.
Kosten schmälern die Rendite
Ein weiterer Haken: "Mischfonds haben meistens höhere interne Kosten und zudem gibt es naturgemäß keine individuellen Eingriffsmöglichkeiten in die Anlagestrategie", sagt Nicolas Pilz. Die Kosten werden oft an die Kundinnen und Kunden weitergegeben.
Zudem werden beim Kauf oft Ausgabeaufschläge fällig. Mitunter kostet auch das Depot noch etwas. "Im schlechtesten Fall zahlt man ein bis zwei Jahre erst mal die Einstiegsgebühren ab, bevor man ins Plus kommt", erklärt Frank Wieser.
Mischfonds oft besonders teuer
So wundert es nicht, dass die Rating-Agentur Morningstar in ihrem letzten regelmäßigen Fondsvergleich 2020 nüchtern feststellte: "Fonds sind in Deutschland teuer." Und besonders teuer seien Mischfonds.
Sie kommen laut Morningstar auf Kosten von 1,80 Prozent. Zum Vergleich: Aktien- und Rentenfonds bringen es auf 1,46 beziehungsweise 0,74 Prozent. Hinzu kommt: Die Wertentwicklung hinkt ihren Vergleichsindizes oft hinterher. "Die Performance vieler Mischfonds ist einfach schlecht", sagt Michael Ritzau. Analysen von Morningstar bestätigen das: Besonders defensive und flexible Mischfonds schnitten in den Jahren seit 2015 im Vergleich zu ihrem Index schlechter ab. Die Fonds reagierten in Abwärtsphasen zudem viel stärker als in Aufwärtsphasen.
Einen eigenen Mischfonds bauen
Wer es sich zutraut, kann sich selbst Aktien und schwankungsarme Zinsanlagen ins Depot legen und sich quasi seinen eigenen Mischfonds bauen. Die Stiftung Warentest etwa empfiehlt eine solche Vorgehensweise und nennt das "Pantoffel-Portfolio", weil es bequem selbst gebaut werden kann.
Je nach Risikoneigung können Anlegerinnen und Anleger laut dieser Strategie zwischen 25 Prozent und 75 Prozent in einen weltweit streuenden Aktien-ETF investieren und den Rest auf ein Tagesgeldkonto legen. Ab und zu sollten Anleger nachsehen, ob ihre Aufteilung noch stimmt. Bei Abweichungen von 10 Prozentpunkten ist Umschichten ratsam.
Günstige Mischfonds: Nischenprodukte prüfen
Wenn Anlegerinnen und Anleger sich die Arbeit nicht selbst machen wollen und günstige Mischfonds suchen, lohnt ein Blick auf Nischenprodukte, rät Frank Wieser. "Speziell für gemeinnützige Organisationen entwickelte Stiftungsfonds basieren auch auf einem gemischten Ansatz, haben aber deutlich niedrigere Gebühren."
Diese Fonds werden allerdings nur selten angeboten. "Das liegt an dem etwas langweiligen Image und daran, dass nicht alle Fondsgesellschaften Stiftungsfonds anbieten."
Leichter kommen Anleger an einen Robo-Advisor. Diese digitalen Vermögensverwalter verteilen das Geld der Kundinnen und Kunden je nach Risikoprofil in Aktien- und Renten-ETF.
Quelle: ntv.de, Falk Zielke, dpa