Erstmals rückläufige Zahlen Weniger Klagen wegen Hartz IV
24.01.2012, 12:41 UhrAls vor sieben Jahren das Arbeitslosengeld II eingeführt wurde, blieben viele Formulierungen im Sozialgesetzbuch schwammig. Unbestimmte Rechtsbegriffe wie "angemessen" oder "besondere Härte" lassen viel Raum für Interpretationen. Das letzte Wort sprechen dann oft Sozialgerichte. Im letzten Jahr hatten sie erstmals weniger zu tun.
Erstmals seit der Einführung von ALG II vor sieben Jahren gibt es weniger Klagen gegen Hartz-IV-Bescheide. Im vergangenen Jahr seien bei den deutschen Sozialgerichten nur noch 144.000 Klagen gegen Bescheide der Jobcenter eingegangen. Dies seien knapp neun Prozent weniger als im Vorjahr, bekräftigte die Bundesagentur für Arbeit (BA). Auch die Zahl der Widersprüche gegen Jobcenter-Bescheide sinke - und zwar um 13,7 Prozent von 2010 auf 2011.
Klagen von Betroffenen gegen Hartz-IV-Bescheide seien auch zunehmend weniger erfolgversprechend. So habe die Erfolgsquote 2011 bei 44,1 Prozent gelegen - nach 45,3 Prozent im Jahr davor, berichtete die Bundesagentur. Häufiger Streitpunkt sind demnach die Kosten der Unterkunft. Aber auch die Frage, in welchem Umfang Einkommen oder Vermögen bei der Berechnung von Hartz-IV-Leistungen zu berücksichtigen sind, veranlassen Arbeitslose immer wieder dazu, vor das Sozialgericht zu ziehen.
Auch früher wurde geklagt
Ein Sprecherin der Bundesagentur gab zu bedenken, dass die Zahl der Klagen insgesamt nicht höher liege als vor der Hartz-IV-Reform. Allerdings habe es davor zwei Klagewege gegeben: Um die Sozialhilfe wurde vor dem Verwaltungsgericht gestritten, um Arbeitslosenhilfe vor den Sozialgerichten. Summiere man die entsprechenden Klagen vor beiden Gerichten, komme man etwa auf die heutige Zahl. "Das Verhalten von Leistungsempfängern, rechtlich gegen Leistungsbescheide vorzugehen, hat sich kaum verändert."
Die immer noch große Zahl von Klagen hängt nach Ansicht der Bundesagentur auch damit zusammen, dass es sich bei Hartz IV um eine noch relativ junge Rechtsmaterie handele. Es bestehe aus diesem Grund ein erhöhter juristischer Klärungsbedarf bei Einzelfragen. Da zudem einige Fragen noch vom Bundessozialgericht höchstrichterlich geklärt werden müssten, seien manche Klagen formal erforderlich, damit Betroffene ihre Rechtsansprüche nicht verlören. Zudem enthalte das Sozialgesetzbuch II, das Hartz IV regelt, zahlreiche unbestimmte Rechtsbegriffe wie "angemessen", "besondere Härte", "wichtiger Grund" und "Eignung", die interpretierbar seien.
Quelle: ntv.de, dpa