Cold Calls Zu Hause kalt erwischt
16.07.2009, 08:11 Uhr
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Es ist einer der Erfolge für Verbraucher in der zu Ende gehenden Legislaturperiode - das Gesetz zum Schutz vor unerwünschten Werbeanrufen, den sogenannten Cold Calls. Und doch bleibt das Problem bestehen, wie die Erfahrungen von Verbraucherschützern zeigen. Einfach auflegen oder in die Offensive gehen - so lautet ihre Empfehlung. Auf ein halbherziges Gespräch sollte man sich besser gar nicht erst einlassen.
Obwohl illegale Telefonwerbung schon lange verboten ist und Mitte Mai auch der Bundesrat dem neuen Gesetz zugestimmt hat, sind sogenannte Cold Calls weiter gängige Praxis. "Wir erfassen nicht zahlenmäßig, wie viele Fälle hier eingehen. Es handelt sich aber nach wie vor um ein zunehmendes Problem", sagt Beate Wagner von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Dabei sieht das Gesetz scharfe Regeln vor: So ist ein Werbeanruf laut dem Bundesjustizministerium in Berlin nur dann zulässig, wenn der Angerufene vorher ausdrücklich erklärt hat, Werbeanrufe erhalten zu wollen. Und Verstöße gegen das Verbot der unerlaubten Anrufe können nun mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Unterdrücken Call-Center die Rufnummer beim Anruf, droht neuerdings eine Geldbuße von bis zu 10.000 Euro.
Widerrufsrecht eingeführt
Für Zeitungs- und Zeitschriftenabonnements sowie Wett- und Lotterieangebote, die am Telefon abgeschlossen wurden, gilt nun ein Widerrufsrecht, so das Ministerium. Der Vertragsausstieg wurde für Verbraucher erleichtert. In diesen Bereichen komme es besonders häufig zu unerlaubter Telefonwerbung, die Verbraucher zu einem Vertragsabschluss bewegen soll.
Ein am Telefon abgeschlossener Vertrag kann künftig innerhalb eines Monats ohne Angaben von Gründen gekündigt werden. Außerdem kann der Verbraucher nun Verträge widerrufen, wenn er über sein Widerrufsrecht nicht in Textform belehrt wurde. Bisher hatte er dieses Recht nicht mehr, wenn das Unternehmer mit der Ausführung der Dienstleistung mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers begonnen hatte.
Wenn das Telefon klingelt
Im Prinzip gibt es zwei Möglichkeiten, erklärt der Rechtsanwalt Martin Bachmann. "Entweder Sie sagen zügig und direkt, dass Sie kein Interesse haben und legen auf. Oder aber der Angerufene lässt sich zunächst auf das Gespräch ein, um herauszufinden, wer ihn da aus welchem Zweck anruft." Mit diesen Angaben könne sich der Angerufene an die Verbraucherzentrale wenden, die das Unternehmen abmahnt.
Falls sich der Anrufer weigert, seine Kontaktdaten herauszugeben, sollte der Verbraucher einfach auflegen, rät Bachmann. "Das Problem der Cold Calls liegt darin, dass die Anrufer meist gut geschult sind und die Gesprächspsychologie am Telefon beherrschen." Manche wichen bei Nachfragen des Verbrauchers aus, andere stellten direkt selbst wieder Gegenfragen. Teilweise würden die Anrufer auch unverschämt, wenn man sie mit Nachfragen bedrängt. "Es fallen dann gerne Sätze wie: Warum sind sie nicht bereit, auf meine einfachen Fragen zu antworten?"
Anrufer müssen sich erklären
Ob im Vorfeld eine Einwilligung erteilt wurde oder nicht: Werbeanrufer seien zu Beginn des Gesprächs verpflichtet zu sagen, in wessen Auftrag und aus welchem Grund sie anrufen, sagt Bachmann. Auch woher die Informationen stammen, müsse nach einem Urteil des Amtsgerichts Berlin offengelegt werden. Das Opfer eines Cold Calls darf demnach vom Anrufern darüber Auskunft verlangen, welche Daten zu seiner Person bei dem Unternehmen zu welchem Zweck gespeichert sind und woher sie stammen (Az. 25 C 280/08).
Trotzdem tappen viele den Werbern in die Falle: "Manche willigen einfach zu irgendetwas ein, um den Verkäufer möglichst schnell loszuwerden", lautet die Erfahrung von Wagner. Oder aber der angebotene Vertrag klingt zunächst überzeugend und stellt sich erst später als viel zu teuer heraus. "Wir raten den Verbrauchern, sich erst gar nicht in ein Gespräch verwickeln zu lassen."
Richtig widerrufen
Wenn es aber zu spät ist, könne der Betroffene den Vertrag einfach widerrufen, erklärt Bachmann. Dafür reiche in der Regel eine E-Mail aus. "Die sollte sich der Verbraucher aber ausdrucken." Außerdem sei es sinnvoll, eine Übermittlungs- oder Lesebestätigung anzufordern. Hat der Verbraucher ein Produkt gekauft, das er nicht haben wollte, sei der Widerruf in der Regel unproblematisch. Schwieriger werde es, wenn es sich um eine Dienstleistung handelt - etwa um einen Internetzugang oder den Bezug eines Zeitschriftenabonnements.
"Hier sollte die beschlossene Gesetzesänderung weiterhelfen, die bei einigen Dienstleistungen auch dann einen Widerruf zulässt, wenn der Käufer die Dienstleistung schon erhalten hat", sagt Bachmann. Außerdem gilt: Wer Geld haben möchte, müsse beweisen, dass es vorher zum Vertragsabschluss kam. Wer sich absolut sicher ist, am Telefon keinen Vertrag abgeschlossen zu haben, sollte nicht einknicken. "Die betreffenden Firmen wissen selbst, dass Cold Calls unseriös und unzulässig sind und empfindliche Bußgelder drohen", sagt Bachmann. Wer im Vorfeld keine Einwilligung erteilt hat, sollte das direkt sagen. Im Zweifelsfall könne es sinnvoll sein, dem Unternehmen mit strafrechtlichen und zivilrechtlichen Schritten zu drohen.
Quelle: ntv.de, dpa