Fußball

Sechs Dinge, gelernt am 2. Spieltag BVB tuchelt, Lahm frohlockt, HSV quält sich

Matthias Ginter leitete mit seinem Führungstor in Ingolstadt das nächste 4:0 des BVB in der Bundesliga und damit den Sprung auf Tabellenplatz 1 ein.

Matthias Ginter leitete mit seinem Führungstor in Ingolstadt das nächste 4:0 des BVB in der Bundesliga und damit den Sprung auf Tabellenplatz 1 ein.

(Foto: imago/MIS)

Dortmund huldigt Klopp dem Baumeister, und zwar mit spektakulärem Tuchel-Fußball. Der FC Bayern lässt seine Gegner auch in Unterzahl leiden - und Kevin de Bruyne gibt Wolfsburg Millionen Gründe zum Verzweifeln.

1. Klopps Elf kann auch Tuchel-Fußball

In der 55. Minute ging es an diesem Sonntag in Ingolstadt plötzlich zu schnell. Einwurf Dortmund, perfektes Umschalten, eiskalter Abschluss, 1:0 - da kam selbst Klubikone Norbert Dickel durcheinander und feierte im BVB-Radio Marco Reus als Torschützen. Dass mit Matthias Ginter stattdessen einer der unglücklichen Weltmeister aus der Vorsaison zum Geburtshelfer des Dortmunder Rekordstarts unter Neu-Coach Thomas Tuchel wurde, zählt zu den kuriosen Randaspekten einer bisher furiosen Wiederauferstehung.

Schneller als gedacht, nämlich schon nach den ersten zwei Spieltagen der Fußball-Bundesliga, mischen die Dortmunder Borussen im Jahr eins nach Jürgen Klopp wieder ganz oben. Und beweist damit nicht nur, dass im Fußball jeder ersetzbar ist. Sondern vor allem, dass selbst in der Seuchensaison unter Rekordtrainer Klopp noch mehr richtig als falsch war. Explizit hatte das auch Tuchel selbst betont. Nachdem der BVB zum Ligastart die Gladbacher demontiert hatte, dankte er Klopp dem Baumeister: "Ich arbeite auf der Basis, die Jürgen Klopp zur Verfügung gestellt hat, und die ist hervorragend." Denn selbst wenn in Ingolstadt mit Ginter plötzlich ein schon Abgeschriebener zum Helden wurde: Personell schickt der BVB immer noch eine Klopp-Elf auf dem Rasen. sie spielt jetzt nur Tuchel-Fußball und setzt die Verfeinerungen am BVB-Spiel bisher spektakulär um. So gut, dass es bisweilen nicht nur dem Gegner zu schnell geht.

2. Der FC Bayern kann's auch leidenschaftlich

Robert Lewandowski erzielte in Hoffenheim sein erstes Jokertor für den FC Bayern.

Robert Lewandowski erzielte in Hoffenheim sein erstes Jokertor für den FC Bayern.

(Foto: imago/Pressefoto Baumann)

Auf den ersten Blick ist das für die Liga eine gute Nachricht, dass es der TSG Hoffenheim am Samstag gelungen ist, den FC Bayern ein wenig in Verlegenheit zu bringen und beinahe einen Punkt abzuknöpfen. Es gibt sich also doch noch, die Mannschaften, die nicht schon vor dem Anpfiff vor dem Branchenprimus kapitulieren. Und wenn, ja wenn der Hoffenheimer Eugen Polanski nicht eine Viertelstunde vor dem Ende der Partie den Ball beim Elfmeter nicht an den Pfosten, sondern ins Tor geschossen hätte. Und wenn Robert Lewandowski in letzter Minute nicht doch noch das 2:1 für die Bayern erzielte hätte, ja dann hätten die Münchner gleich in ihrem zweiten Spiel zum ersten Mal verloren. Haben sie aber nicht. Und das ist eine schlechte Nachricht für alle, die immer noch hoffen, dass der FC Bayern zu stoppen ist.

Die Mannschaft von Trainer Josep Guardiola hat sich nämlich einfach nicht aus dem Konzept bringen lassen. Nicht, als Kevin Volland nach neun Sekunden das schnellste Tor der Ligageschichte erzielte. Und auch nicht, als Innenverteidiger Jérôme Boateng nach 73 Minuten und einem Handspiel die Gelb-Rote Karte sah. Sie haben einfach weitergemacht, sich ihre Chancen erspielt - und dann doch noch gewonnen. Das hat mit Glück wenig zu tun, sie haben es erzwungen, ihre Macht demonstriert - gegen ein Team aus Hoffenheim, dem sein Trainer Markus Gisdol hinterher "eine maximale Leistung" attestierte. Aber selbst die reicht nicht gegen eine Mannschaft mit " brutaler individuelle Klasse". Dem Kapitän des FC Bayern, Philipp Lahm, der nach 67 Minuten für Lewandowski vom Rasen des Sinsheimer Stadions ging, gefällt das: Die Gegner registrieren ja auch, dass wir am Ende mit zehn Mann noch gewonnen haben", sagte der. "Wir haben Leidenschaft gezeigt." Für die Liga ist das definitiv keine gute Nachricht.

3. Geld macht nicht glücklich

Selbst wenn "Lord" Nicklas Bendtner trifft: Spielt der VfL Wolfsburg, sprechen hinterher immer noch alle über Kevin de Bruyne. Am 2. Spieltag zeigte sich der beste Spieler der Vorsaison  erstaunlich formstabil, zum Leidwesen seines Arbeitgebers. Die euphoriegeschwängerten Oden sind verklungen, beim 1:1 des VfL in Köln knüpfte der Belgier an seine unterdurchschnittliche Leistung vom Auftaktsieg gegen Frankfurt an. Damals hatte sich Wolfsburg trotz de Bruyne zu einem Sieg gequält. Eine Woche und weitere Millionenofferten aus England später reichte es nur zu einem Remis, auch wegen de Bruyne. In der Nachspielzeit vergab er frei vor Kölns Keeper Timo Horn den Siegtreffer, obwohl Teamkollege Timm Klose "schon sicher" gewesen war, "dass er ihn reinmacht".

Nicht drin: Kevin de Bruyne vergab in Köln die Chance auf den Last-Minute-Sieg für Wolfsburg.

Nicht drin: Kevin de Bruyne vergab in Köln die Chance auf den Last-Minute-Sieg für Wolfsburg.

(Foto: imago/Team 2)

De Bruynes Berater Patrick de Koster bat um Verständnis für die Leistungsimplosion und deutete an, dass Geld auch einen Fußballprofi nicht zwingend glücklich macht. "Das erste Mal seit wir uns kennen, habe ich gespürt, dass  Kevin gestresst war. Er will jetzt einfach Sicherheit." Was eine seltsame Formulierung ist, da de Bruyne das Wechsel-Theater jederzeit beenden könnte und Zweifel weckt, ob er nach einem Millionenwechsel dem Stress in England gewachsen wäre. Sicherheit würde mit Sicherheit auch den Wolfsburgern gefallen. Sie würden auch ganz gern wissen, ob sie die Saison als Champions-League-Anwärter (mit de Bruyne) oder als One-Season-Wonder (ohne de Bruyne) fortsetzen müssen, das die Rekord-Ablöse für lieber schonmal aufs Festgeldkonto packt für die anstehenden grauen Durchschnittsjahre. Dann könnte der Verein seinem Star auch verbale Ohrfeigen seines eigenen Trainers ersparen. Nach dem Schlusspfiff in Köln sagte Dieter Hecking: "Kevin De Bruyne war sehr bemüht."

4. Der Hamburger SV quält sich in die Saison

Super, der Hamburger SV ist wieder da! Schlägt den VfB Stuttgart glanzvoll mit 3:2, hat seine Dauerkrise damit überwunden und macht sich auf, einen der Europapokalplätze zu ergattern. Kleiner Scherz. Wahr daran ist allein, dass der HSV gewonnen hat. Auch wenn sie hinterher selbst nicht so genau wussten, warum. Nur Trainer Bruno Labbadia hatte, wie er beteuerte, stets daran geglaubt: "Wir drehen das Spiel noch", will er seiner Mannschaft gesagt haben, also zu einem Zeitpunkt, als der HSV gegen über sehr weite Strecken klar bessere Stuttgarter mit 1:2 zurücklag. Andererseits dürfen sich die Hamburger zu Gute halten, die Gunst der Minute 54 genutzt zu haben, als Stuttgarts Florian Klein nach zwei Fouls binnen anderthalb Minuten vom Platz musste. Danach erzwangen die Gastgeber ihr Glück und kamen nach zwei sehr späten Toren des eingewechselten Angreifers Pierre-Michel Lasogga (84.) und des Kapitäns Johan Djourou (89.) zu einem Sieg, der allein deshalb, aber auch nur deshalb verdient ist, weil sie eben einen Treffer mehr erzielt haben. Dass das eine Qual war, weiß auch Labbadia: "Da ist noch keine Sicherheit, wir werden diese Saison kein Spiel locker gewinnen."

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5. Glücklose Stuttgarter wollen partout nicht verzweifeln

Stuttgarts Angreifer Martin Harnik gab gleich nach der Niederlage in Hamburg die Richtung vor: "Wir glauben an diesen Weg und fangen nicht schon am zweiten Spieltag an, rumzuheulen." Auch Sportdirektor Robin Dutt beschwichtigte: "Wir sind auf einem guten Weg, brauchen aber natürlich im nächsten Spiel einen Sieg." Dabei läuft es nicht rund für den VfB und seinen neuen Trainer Alexander Zorniger. Zwei Spiele, zwei Niederlagen, Tabellenplatz 17 - so haben sie sich das in Stuttgart nicht vorgestellt. Dabei waren sie zum Auftakt beim 1:3 gegen den 1. FC Köln und auch nun beim 2:3 in Hamburg die bessere Mannschaft. Oder wie es Harniks Sturmpartner Daniel Ginczek sagte, der gegen den HSV zweimal traf: "Wir haben null Punkte, aber 150, 160 Minuten gut gespielt." In der Tat ist der überfallartige Pressingfußball, für den Zorniger steht, schön anzusehen und bisweilen auch erfolgreich. Allein die Balance zwischen Defensive und Offensive fehlt, erst Recht mit einem Akteur weniger auf dem Rasen. Wir haben wenig zugelassen bis zur Gelb-Roten Karte, danach war es ein anderes Spiel. Das ist sehr ärgerlich." Jetzt denken sie darüber nach, neue Spieler zu holen, bis zum 31. August ist ja noch Zeit. "Wir konnten mit den Wechseln in Hamburg die Qualität nicht hochhalten", sagte der Trainer: "Unsere laufintensive Spielweise erfordert einen großen Kader." Verzweifeln aber wollen sie nicht.

6. Gladbach meldet sich nicht ab

Die Tabelle der Liga wird von einer Klammer gehalten: Ganz oben steht die Borussia aus Dortmund - und ganz unten die aus Mönchengladbach. Wobei das Tief der Gladbacher doch ein wenig mehr überrascht als das Dortmunder Hoch. Aber es ist noch alles drin, natürlich ist es das - nach zwei Spieltagen. Zumindest kann sich die Elf vom Niederrhein damit trösten, dass es zu Beginn der vergangenen Saison vor allem spielerisch auch nicht brillant lief: Einem 1:1 gegen Stuttgart folgte ein torloses Spiel in Freiburg - bevor die Schalker mit 4:1 dran glauben mussten. Und am Ende qualifizierte sich die Mannschaft von Trainer Lucien Favre für die Champions League. Dort wollen sie auch antreten, wie Sportdirektor Max Eberl nach dem 1:2 gegen Mainz am Sonntag sagte: "Wir werden uns jetzt bestimmt nicht abmelden und sagen: Nee, wir machen es doch nicht." Ansonsten gelte: "Wir dürfen jetzt nicht unruhig, nicht hektisch werden." Das ist erst einmal ein guter Plan. Aber woran liegt's, dass es nicht läuft? "Wir können die Verletzten anführen, die Abgänge, die fehlenden Automatismen. Auch, dass die Champions League dauernd um uns herumwabert", sagte Eberl: "Da können wir gar nicht verhindern, dass der eine oder andere nicht diese 100 Prozent hat, sondern nur 98." Dann schauen wir mal, wie das am kommenden Sonntag in Bremen aussieht - und ob sie die Klammer lösen können.

Quelle: ntv.de

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