Erklärungsnotstand im WM-Skandal DFB-Chef Niersbach gerät intern unter Druck
20.10.2015, 21:42 Uhr
Wolfgang Niersbach muss endlich Antworten liefern im WM-Skandal. Diese Forderung erheben nun auch DFB-Mitglieder öffentlich.
(Foto: imago/Cord)
Im Skandal um verschwundene Millionen wird im DFB Kritik an Wolfgang Niersbach laut. Neben schlechtem Krisenmanagement werden dem DFB-Boss Verfahrensfehler angekreidet. Eine angebliche DFB-Anzeige gegen Theo Zwanziger wird dementiert.
In den Landesverbänden des Deutschen Fußball-Bundes wächst die Kritik am Krisenmanagement von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach im WM-Skandal um verschwundene Millionen und einen mutmaßlichen Stimmenkauf. "Die Stimmung ist sicherlich nicht die allerbeste im Augenblick", sagte Eugen Gehlenborg, Vize-Präsident des Deutschen Fußball-Bundes sowie Präsident des Norddeutschen Fußballverbandes, der "Rheinischen Post".
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Fußballverbands, Hans-Ludwig Meyer, warf dem DFB-Boss sogar Verfahrensfehler vor. Niersbach hätte bereits vor einem halben Jahr "auf das Präsidium zugehen müssen", sagte Meyer dem "Flensburger Tageblatt".
Niersbach hatte nach eigenen Angaben bereits im Sommer interne Ermittlungen eingeleitet, um den Verbleib einer dubiosen 6,7-Millionen-Euro Zahlung des DFB an die Fifa aus dem Jahr 2005 zu klären. Darüber hatte er das Präsidium laut Meyer aber nicht informiert. Was schief gelaufen sei, müsse aufgeklärt werden, forderte Gehlenborg. "Die erhobenen Anschuldigungen treffen uns alle schwer. Es muss eine schnelle und gründliche Untersuchung geben."

Über die interne Prüfung zu den verschwundenen Millionen hat Niersbach das DFB-Präsidium wochenlang nicht informiert.
(Foto: REUTERS)
Zuvor hatten sich Gehlenborg, Meyer und ihre Kollegen aus den anderen Landesverbänden in Frankfurt am Main getroffen. Bislang war Kritik an Niersbach aus dieser Richtung nur unter der Hand geäußert worden. Mittlerweile könnten die Korruptionsvorwürfe rund um die Vergabe der WM 2006 auch ein Thema im Sportausschuss des Bundestages werden. "Wenn Herr Niersbach in den Ausschuss kommen möchte, ist er herzlich willkommen. Ich würde dafür sogar eine Sondersitzung einberufen", sagte die Sportausschuss-Vorsitzende Dagmar Freitag in einem Interview des "Handelsblatts".
Niersbach schweigt in Zürich
Der DFB-Chef selbst hatte am Montag die "Spiegel"-Vorwürfe, die Weltmeisterschaft 2006 sei mit Hilfe einer schwarzen Kasse gekauft worden, "kategorisch" zurückgewiesen. In Zürich wollte er sich nach der Dringlichkeitssitzung der Fifa vor zahlreichen TV-Kameras aber nicht äußern und verschwand wie die übrigen Mitglieder der Weltverbands-Exekutive durch die Tiefgarage.
Überhaupt stand Niersbach bislang für Fragen nicht zur Verfügung, von einem "Selbstinterview" auf dfb.de abgesehen. Die einzigen Verlautbarungen des DFB und seines Präsidenten erfolgten über schriftliche Mitteilungen oder das Verlesen fertiger Statements. Ob das für Niersbach und den DFB so unschöne Thema auf der Sitzung in der Fifa-Zentrale zur Sprache kam, blieb damit ungewiss.
Keine Anzeige gegen Zwanziger
Dafür äußerte sich der DFB zu einer Meldung der "Süddeutsche Zeitung", über eine mögliche Anzeige gegen seinen früheren Präsidenten Theo Zwanziger wegen möglicher Untreue. Grund ist die dubiose Überweisung von 6,7 Millionen Euro an den Weltverband Fifa für eine Eröffnungsgala, die nie stattfand und die vom DFB trotzdem fast zehn Jahre lang nicht zurückgefordert wurde. Zwanziger hatte die Überweisung im Jahr 2005 mit veranlasst.
"Die heute über die Medien verbreitete Meldung, wonach der DFB eine mögliche Anzeige gegen den ehemaligen Verbandspräsidenten Dr. Theo Zwanziger prüfe, ist falsch und entbehrt jeder Grundlage", sagte der für Rechtsfragen zuständige Vize-Präsident Rainer Koch. Koch verwies auf die externe Untersuchung einer Wirtschaftskanzlei und die interne Prüfung des Kontrollausschusses beim DFB. "Weitere Entscheidungen des DFB-Präsidiums können erst nach Vorliegen von Untersuchungsergebnissen erfolgen", sagte Koch.
Bundestrainer Joachim Löw sieht keinen Anlass für Kritik an seinem Boss Wolfgang Niersbach. "Ich bin sicher, dass die offenen Fragen geklärt werden", sagte Löw der dpa: "Auf sein Wort ist zu hundert Prozent Verlass." Auf erklärende Worte von Niersbach im WM-Skandal wartet Fußball-Deutschland aber nach wie vor.
Quelle: ntv.de, cwo/dpa