Die Lehren des 20. Spieltags Der FC Bayern kann's halt doch am besten
13.02.2017, 07:09 Uhr
Zum Beispiel Arturo Vidal: Der Chilene ist halt einer, der nicht aufgibt, bis es vorbei ist. Hier freut er sich mit dem Kollegen Douglas Costa.
(Foto: imago/Jan Huebner)
Nein, Glück ist das nicht. Vielmehr zeigt sich an diesem 20. Spieltag der Fußball-Bundesliga, was den Branchenführer FC Bayern von der Konkurrenz unterscheidet. Borussia Dortmund blamiert sich, RB Leipzig knabbert an der Mini-Krise.
1. Natürlich hat der FC Bayern nicht nur Glück
Das muss man erst einmal hinbekommen: Sich in den letzten Minuten zu einem Auswärtssieg quälen, und am Ende doch als der große Sieger dieses 20. Spieltags der Fußball-Bundesliga dastehen. Tja, so sind sie halt, die Münchner. Und nach dem 2:0 in Ingolstadt, bei dem Arturo Vidal und Arjen Robben in der 90. und 91. Minute die Tore schossen, lässt sich auch ohne prophetische Gaben prognostizieren, dass der FC Bayern am Ende dieser Saison seinen fünften Meistertitel in Folge feiern wird. Dass ihnen unter dem nicht mehr ganz so neuen Trainer Carlo Ancelotti bisher der spielerische Glanz und die Dominanz aus den Jahren unter Josep Guardiola etwas abgeht, mag durchaus sein. Aber national spielt das keine große Rolle, weil es die Konkurrenz auch nicht besser kann. Mit sieben Punkten auf RB Leipzig führen die Bayern die Tabelle an.
Zum Vergleich: In den vergangenen beiden Jahren waren es nach 20 Runden jeweils acht. Aus den vier Ligapartien 2017 holten sie zehn Punkte, so gut ist sonst nur die Borussia aus Mönchengladbach ins Jahr gestartet. Apropos Ingolstadt: Der Sportpark ist der Ort, an dem die Rasenballsportler am 14. Spieltag mit 0:1 ihre erste Niederlage in dieser Spielzeit erlitten. Und die Dortmunder waren am achten Spieltag froh, mit einem Treffer in der Nachspielzeit immerhin noch ein 3:3 gerettet zu haben. Der FC Bayern aber hat dort gewonnen, gestützt auf eine gute Defensive und die Gier nach dem Punch. Das hat mit Glück nur sehr bedingt etwas zu tun. Kapitän Philipp Lahm ist überzeugt: "Es ist alles auf dem richtigen Weg. Punktemäßig sind wir auf jeden Fall in der Spur. Es war Bayern-Dusel - oder vielleicht auch Überzeugung." Kollege Robben assistierte: "Wir haben Charakter und Mentalität gezeigt." Und ja, es ist wie stets: Was das alles wert ist, entscheidet sich in der Champions League. Am Mittwoch (ab 20.45 Uhr) ist der FC Arsenal zum Hinspiel des Achtelfinales zu Gast. Zum Vergleich: In den vergangenen beiden Jahren hat es der FC Bayern bis ins Halbfinale geschafft. Das muss man erst einmal hinbekommen.
2. Dortmunds Borussia fehlt's an - ja was eigentlich?
Beim nun nicht mehr ganz so abgeschlagenen Tabellenletzten zu verlieren, ist halt doof. Das wissen sie in Dortmund auch. Hinterher war davon die Rede, der BVB sei blamabel und hilflos aufgetreten - eine Interpretation, der Trainer Thomas Tuchel nicht widersprach. Seine Mannschaft sei "gnadenlos durchgefallen". Nichts gegen das Böllenfalltor und vor allem nichts gegen famose Darmstädter, die mit vier Punkten Rückstand auf einen Relegationsplatz nun wieder so etwas wie Hoffnung geschöpft haben. Aber es drängt sich der Eindruck auf, dass die Dortmunder abseits der großen Bühne nicht willens oder in der Lage sind, ihr zweifelsfrei großes fußballerisches Potenzial zu aktivieren. Da stellt sich schon die Frage nach dem Charakter.
Es geht hier immerhin um ein Team, das in dieser Saison den FC Bayern, RB Leipzig und Real Madrid geschlagen hat. Es geht um ein Team, das am Dienstag (ab 20.45 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) in Achtelfinale der europäischen Königsklasse bei Benfica Lissabon antritt. Es geht aber auch um ein Team, das vor dieser Spielzeit und mutmaßlich gegen den Willen des Trainers mit Mats Hummels, Ilkay Gündogan und Henrikh Mkhitaryan drei sehr wichtige Spieler verkauft hatte. Es klingt ein wenig resigniert, wenn Tuchel in Darmstadt nun konstatierte: "Ich plädiere seit Monaten dafür, seit Beginn der Saison dafür, vielleicht auch einzugestehen, dass genau das wir sind. Und nicht immer davon zu reden: Wie kann denn jetzt das sein? Vielleicht ist das dieses Jahr einfach so. Vielleicht muss einfach mal da ein Umdenken stattfinden." Sein Problem könnte sein, dass seine Chefs, Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Michael Zorc, das anders sehen. Sie waren es zwar, die die drei Leistungsträger ziehen ließen. Aber Watzke war es, der jüngst unmissverständlich die direkte Qualifikation für die Champions League gefordert hatte. In Richtung Tuchel sagte er: "Anschließend werden wir das Gefühl entwickeln, ob das für beide Seiten auch über die drei Jahre hinaus Sinn ergibt." Da ist es schon doof, in Darmstadt zu verlieren.
3. Schalker haben wieder Lust auf Fußball
Lassen wir die Sache mit dem Europapokal mal beiseite. Keine Ahnung, ob es die Schalker nach ihrem miserablen Start in die Saison noch schaffen, sich wieder dafür zu qualifizieren. Was die Gelsenkirchener aber ausgesprochen hoffnungsfroh stimmt, ist die Tatsache, dass ihnen gegen die Berliner Hertha nicht nur ein Sieg gelang, sondern dass sie dabei durchaus auch prima Fußball spielten. So war Trainer Markus Weinzierl auch voll des Lobes, weil sich seine Spieler nach dem eher blamablen 0:1 gegen Eintracht Frankfurt am 19. Spieltag durchaus angemessen verhalten hätten - mit einem starken 1:1 beim FC Bayern, einem souveränen Auftritt im DFB-Pokal in Sandhausen; und halt mit dem verdienten Erfolg gegen die Hertha. "Das Frankfurt-Spiel war heilsam. Die Mannschaft hat danach die richtige Reaktion gezeigt". Überhaupt sei die Woche "sehr erfreulich" gewesen. "Die Ergebnisse waren gut, der Inhalt war auch gut. Es hat richtig Spaß gemacht, der Mannschaft zuzuschauen." Zumal sie ja ganz ohne Europaliga gar nicht auskommen müssen. Am Donnerstag geht's nach Saloniki, dort steht bei Paok (ab 21 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) das Sechzehntelfinale an. Und Kapitän Benedikt Höwedes hatte im ZDF angekündigt, dass seine Mannschaft nichts dagegen hätte, am Ende diesem Wettbewerb zu gewinnen.
4. RB Leipzig wird geerdet - ein wenig
Die einen reden von einer Mini-Krise, die anderen von einer Formdelle. Und Trainer Ralph Hasenhüttl sagte gar: "Wir haben kollektiv versagt." Das klingt allerdings dramatischer, als es nach dem 0:3 seiner Leipziger gegen den Hamburger SV klingen sollte. Hasenhüttl sagte ja auch: "Wir sind auch nur Menschen." Zum ersten Mal in dieser Saison hat der Aufsteiger zweimal hintereinander verloren, in der Woche zuvor mit 0:1 in Dortmund. Und zum ersten Mal gab's zu Hause im Zentralstadion kein eigenes Tor und eine Niederlage. Aber es ist ja so, dass die Rasenballsportler immer noch ziemlich komfortabel auf Platz zwei in der Tabelle thronen. Also hat sich Hasenhüttl vorgenommen: "Wir versuchen es so zu bewerten, wie wir auch zwei Siege hintereinander bewerten: Wir bewerten es nicht über." Das klingt nach einem ausgeruhten Plan. Sein Fazit: "Es kann schon sein, dass wir einige Male überperformt haben. Doch ich glaube trotzdem, dass wir die Ansprüche an diese Mannschaft nicht zu hoch schrauben sollten." Die Leipziger dürfen sich nach dem Höhenflug der vergangenen Monate geerdet fühlen, zumindest ein wenig, zumindest vorerst. Die Partie am kommenden Wochenende in Mönchengladbach könnte interessant werden.
5. Der HSV mausert sich enorm
Es war in Leipzig aber auch so, dass der so viel und oft gescholtene HSV seine Sache ungewöhnlich gut machte. "Es ist uns heute gut gelungen, die extremen Stärken des Gegners nicht aufflackern zu lassen", sagte Trainer Markus Gisdol. "Wir wollten nicht in die Pressingfallen des Gegners tappen. Und das war der Schlüssel zum Erfolg." Er und seine Mannschaft können jetzt auf die fast schon unheimliche Erfolgsserie von drei Siegen hintereinander verweisen. Alles begann am 19. Spieltag mit dem 1:0 gegen Leverkusen, das gewann der HSV im Achtelfinale des DFB-Pokals mit 2:0 gegen den 1. FC Köln, und nun dieser ebenso klare wie verdiente Erfolg bei den Rasenballsportlern. Der Lohn sind Platz 15 in der Tabelle und das Pokalviertelfinale - am 1. März geht es im Volkspark gegen Mönchengladbach.
Und woran liegt's? Nun, die Hamburger scheinen sich in der Winterpause einigermaßen klug verstärkt zu haben. Kyriakos Papadopoulos, der zuletzt in Leipzig auf der Bank saß, aber immer noch einen Vertrag in Leverkusen hat, bildet zusammen mit dem ehemaligen Kölner Mergim Mavraj die neue, stabile Innenverteidigung. Und Papadopoulos schießt auch, wie gegen Bayer und am Samstag im Zentralstadion, seine Tore. Zudem feiern sie ihn als Mentalitätsmonster. "Dieser Typ ist der Wahnsinn", schwärmte Kollege Lewis Holtby. Und auch der für 9,2 Millionen Euro verpflichtete Brasilianer Walace erweist sich auf Anhieb als Verstärkung im defensiven Mittelfeld. Da hielt es Torhüter René Adler wohl für angebracht, eine Sache besonders zu betonen: "Bei uns dreht keiner durch."
6. Werder Bremen taumelt gen Abgrund
Vier Spiele, vier Niederlagen: Die Bilanz des SV Werder in diesem Jahr ist desaströs. Und das nicht erst nach dem 0:1 gegen die unter dem neuen Trainer Dieter Hecking erstarkte Gladbacher Borussia. Das Pfeifkonzert der Fans war laut und hässlich, die Kritik von Sportchef Frank Baumann gewohnt leise, aber pointiert: "Nicht jeder bei uns hatte den Ernst der Lage erkannt." Die Bremer finden sich mittlerweile, da der HSV vorbeizog, mit der immer noch schlechtesten Abwehr der Liga auf dem Relegationsplatz wieder - nur noch vier Punkte vor dem Schlusslicht aus Darmstadt. "Wir werden in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten schauen, welche Spieler würdig sind, das Werder-Trikot zu tragen." Über einen will Baumann aber nicht diskutieren: "Am Trainer hat es nicht gelegen, die Spieler müssen sich an die eigene Nase fassen", sagte er dem NDR. "Wir gehen mit Alexander Nouri ins nächste Spiel." Der macht sich nach eigenem Bekunden keine Sorgen um seine berufliche Zukunft: "Es geht um den Verein." Und das hat in Bremen ja seit einiger Zeit Tradition.
Quelle: ntv.de