Fußball

Salihamidžić vs. Nagelsmann "Brodelnder" Kader-Dissens beim FC Bayern

Angespannte Alphatiere.

Angespannte Alphatiere.

(Foto: picture alliance / SvenSimon)

Diesen Streit kann der FC Bayern am Ende einer unruhigen Saison so gar nicht gebrauchen: Zwischen Trainer Julian Nagelsmann und Sportvorstand Hasan Salihamidžić soll es Spannungen geben. Das erinnert fatal an das Verhältnis zwischen "Brazzo" und Hansi Flick.

Die ersten großen Deals des Sommers sind am FC Bayern vorbeigeflattert. Nico Schlotterbeck wechselt zum BVB, ebenso wie Karim Adeyemi. Beide sind Nationalspieler mit glänzenden Aussichten. Im Verständnis des großen Uli Hoeneß damit unbedingt Spieler, die zum Rekordmeister passen. Auch Erling Haaland ist vom Markt, der Stürmer wechselt zu Manchester City. Über den Norweger muss man eigentlich nichts mehr sagen, er hat das Potenzial, den internationalen Fußball in den kommenden Jahren zu dominieren. Und dann ist da noch Niklas Süle. Der war in dieser Saison der beste Innenverteidiger der Münchner - und zieht nun weiter. Nach Dortmund. Verrückt.

Wenn es nach der "Sport Bild" geht, dann sind diese wilden Personalien nur die aktuellsten Auswüchse der Münchner Zurückhaltung auf dem Transfermarkt, die intern für Spannungen sorgen soll. Zwischen Coach Julian Nagelsmann und Sportvorstand Hasan Salihamidžić. Für den Klub muss sich das wie ein bitteres Déjà-vu anfühlen - mit der Sorge, dass die Lage wieder eskalieren könnte. Wie bei Vorgänger Hansi Flick. Der aktuelle Bundestrainer hatte den Kader-Dissens mit Salihamidžić offen ausgetragen, was den Verein emotional an die Belastungsgrenze getrieben hatte. Flick wollte nicht nur Ausführungsgehilfe der Fantasien der Bosse sein. Er wollte den Kader (mit)gestalten. Damit hätte er eine Revolution angestoßen. Denn so mächtige Trainer, die sind in München nicht vorgesehen.

Stark eingeschränktes Budget

Diese Erfahrung macht nun wohl auch Nagelsmann. Laut "Sport Bild" gibt es gleich mehrere verpasste Chancen auf dem Transfermarkt, über die sich der Coach ärgert. Schlotterbeck etwa, um den der 34-Jährige per Telefon selbst gebuhlt haben soll. Oder Amine Adli, der im vergangenen Sommer zu Bayer Leverkusen wechselte. Und auch noch Denis Zakaria. Der defensive Mittelfeldmann von Borussia Mönchengladbach war für lediglich fünf Millionen Euro zu haben, Juventus Turin schnappte zu. Ein Innenverteidiger, ein Flügelstürmer, ein Sechser - das sind alles Positionen, auf denen der Rekordmeister Bedarf hat.

Das Problem beim Rekordmeister: Die finanziellen Mittel sind offenbar limitiert. Sollte der Transfer des intensiv umworbenen Ryan Gravenberch von Ajax Amsterdam umgesetzt werden (30 Millionen Euro plus Honorare für Berater), müssten für weitere Neuzugänge erst Mittel über Verkäufe akquiriert werden. Diese Lage, verbunden mit dem Zögern bei Verhandlungen, soll unter anderem Schlotterbeck missfallen haben. Und auch Nagelsmann. Der hat seinem Arbeitgeber der "Sport Bild" zufolge bereits wiederholt Wunschlisten vorgelegt - allerdings gilt die Position des Trainers bei Transferangelegenheit offenbar nach dem Transfer von Marcel Sabitzer als geschwächt. Der Kapitän von RB Leipzig sollte unbedingt kommen, kam - und lieferte nur selten gute Leistungen ab. Er galt sogar wieder als Verkaufskandidat, will zur neuen Saison aber noch einen Neustart wagen, sagt zumindest sein Berater.

Ein Neustart wäre dem Bericht zufolge auch zwischen Sportvorstand und Coach durchaus angeraten. Denn das Magazin schreibt, dass es zwischen den beiden Alphatieren "brodeln" soll. Eine kritische Situation, die sich so nicht unbedingt angekündigt hatte. Anders als Flick war Nagelsmann Wunschkandidat des Bosniers. Er galt bereits vor der Verpflichtung für die Weltrekord-Ablöse als "Bewunderer" des Trainers. Wie die "Bild" im Frühjahr des vergangenen Jahres schrieb, "funken Salihamidžić und Nagelsmann auch auf einer Wellenlänge". Zwar habe der Coach ebenfalls sehr klare Vorstellungen, allerdings eine weniger ausgeprägte Sturheit als sein Vorgänger. Nun, das scheint offenbar nun widerlegt.

Erster Deal des Sommers ist fix

Das Aufgebot der Münchner für diese Saison war durchaus eine mutige Wette. Eine, die Salihamidžić bewusst eingegangen war. Er wehrte sich gegen den Transfer-Wahnsinn um Messi (PSG), um Jack Grealish (Man City), um Jadon Sancho (Man United) oder Romelu Lukaku (FC Chelsea). Er hatte gute (Vernunft)-Gründe. Doch die Wette ging nur bedingt auf - nicht alle Spieler lösten ein, was man sich versprochen hatte.

Was der FC Bayern in diesem Sommer hinbekommt, das scheint noch nicht klar. Laut "Kicker" ist lediglich der Transfer des Rechtsverteidigers Noussair Mazraoui klar. Er kommt ablösefrei von Ajax Amsterdam. Klubkollege Gravenberch soll als Verstärkung fürs Mittelfeldzentrum kommen. Gerüchte gibt es auch um Konrad Laimer, den laufstarken Abräumer von RB Leipzig, und Borna Sosa, Linksverteidiger vom VfB Stuttgart. Laut "Sport Bild" zweifelt das Trainerteam aber daran, dass sich die Transfers der beiden Letztgenannten realisieren lassen.

Brisante Sitzung steht an

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Die Unruhe im Verein, die sich durch die ganze Saison getragen hat, sehr zum Leidwesen von Nagelsmann, soll in einer Sitzung aufgearbeitet werden. Dabei soll es auch um die Arbeit des Trainers geben, manche Stars sollen mit den komplexen Übungen unzufrieden sein, ebenso mit der taktischen Ausrichtung. Auch bei den Bossen soll das System auf Kritik stoßen. Baustellen im Kader könne der Trainer auch über seine Taktik kompensieren. Gerade die Dreierkette, die Nagelsmann präferiert, soll bei Salihamidžić nicht gut angekommen und immer wieder Thema gewesen sein. Nagelsmann dagegen beklagte mehrfach, dass er nicht nur Trainer sein konnte, sondern bei den komplizierten Themen wie Corona, Impfungen und Katar als Krisen-Kommunikator gefragt war, während sich die Bosse Salihamidžić und Oliver Kahn dezent zurückhielten. Ganz anders als ihre lauten und meinungsfreudigen Vorgänger Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge.

In der Sitzung, die laut "Kicker" eine "Zäsur" für den Klub bedeuten könnte, soll alles, was nicht gut gelaufen ist, zur Sprache kommen. Und vermutlich auch die Gestaltung des künftigen Kaders. Denn um den gibt es ja weiter große Fragezeichen beim aktuellen Personal. Wie geht es weiter mit Robert Lewandowski? Was wird aus Serge Gnabry? Beide Spieler stehen in München noch bis Sommer 2023 unter Vertrag, und sind für den Klub eigentlich unverzichtbar, liebäugeln aber mit neuen Herausforderungen. Viel Arbeit für den Sportdirektor, der aber bereits Erwartungen an einen zu großen Umbruch dämpft. "Ich glaube total an die Mannschaft. Wir lieben diese Jungs", schwärmte er am Sonntagabend. "Das sind tolle Jungs. Und die werden im nächsten Jahr Gas geben." Ob Julian Nagelsmann das gefällt?

Quelle: ntv.de, tno

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