Sechs Dinge, gelernt am 5. Spieltag FCB rotiert, BVB ist zurück, Hecking bereut
21.09.2015, 13:38 Uhr
Läuft beim BVB.
(Foto: imago/Revierfoto)
Fünf Spiele, fünf Siege - die Dortmunder Borussia rast ungebremst aufs Topspiel beim FC Bayern zu. Die Münchner allerdings bleiben ruhig - was die Gladbacher nicht von sich behaupten können. In Wolfsburg mögen sie das Reizklima.
1. So schlecht ist der BVB nicht
Das ist mal ein Wort: Die Dortmunder Borussia schlägt den TSV Bayer 04 Leverkusen, spielt einen mutmaßlichen Konkurrenten im Kampf um einen Platz in der Champions League an die Wand - und führt auch nach diesem fünften Spieltag der Fußball-Bundesliga die Tabelle an. Und ja: Mehr denn je stellt sich die Frage, ob der BVB mit seinem Trainer Thomas Tuchel dem in den vergangenen drei Jahren übermächtigen FC Bayern in dieser Saison ernsthaft Konkurrenz machen kann. Es sieht ganz danach aus: Dortmund ist endgültig wieder zurück im Kreise derer, die sich als Spitzenmannschaften bezeichnen dürfen.
Am Mittwoch gastieren die Dortmunder bei der TSG Hoffenheim, am Sonntag dann kommt der SV Darmstadt 98 ins Westfalenstadion - bevor es dann am 4. Oktober zum Abschluss des achten Spieltags nach München geht. Es spricht viel dafür, dass der BVB die Reise zum FC Bayern unbelastet von einer Niederlage antritt. Fünf Spiele, fünf Siege, 18:3 Tore - besser ist der Klub noch nie in eine Spielzeit gestartet. "Wir spielen konsequenter als in der Vorsaison", sagt Außenverteidiger Marcel Schmelzer, der wie viele seiner Kollegen nun wieder so gut spielt, wie er es kann. Dementsprechend zufrieden zeigte sich auch Tuchel nach der Partie vor 81.359 Zuschauern gegen angesichts der rasanten Kombinationslust der Dortmunder doch leicht überforderte Leverkusener: "Es war ein wahnsinnig intensives Spiel. Hinten heraus haben wir dann nochmal kompletten Zugriff gefunden und mit einer Superleistung aufgehört." Sein Fazit: "Fühlt sich top an." Und sieht auch top aus.
2. Der FC Bayern zieht seine Kreise
So gut Borussia Dortmund auch gestartet ist - der FC Bayern ist es auch. Und er lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Beim 3:0 beim Aufsteiger in Darmstadt, der als solcher bei diesen Gelegenheit stets das Attribut "wacker" verdient, probierte es Trainer Josep Guardiola mit einigen Akteuren, die sonst zum Anpfiff auf der Bank sitzen. So durften Joshua Kimmich und Sebastian Rode erstmals von Anfang an mitspielen, Kimmich als ordnender Sechser vor der Viererabwehrkette, Rode etwas offensiver zusammen mit Arturo Vidal im zentralen Mittelfeld.
Xabi Alonso, Thomas Müller, Philipp Lahm, Thiago Alcântara und Javi Martínez hingegen blieben draußen. Rode beeindruckte dabei mit einem Tor und einer Vorlage so sehr, dass ihn Sportvorstand Matthias Sammer begeistert als "Mentalitätsmonster" bezeichnete. Die Geschichte des FC Bayern habe gezeigt, "dass es auf solche Spieler ankommt. Auch wenn die Vergleiche zu Jens Jeremies oder Hasan Salihamidzic hinken - aber solche Spieler braucht eine Mannschaft. Sie sind der Kitt zwischen den Elementen, der alles zusammenhält." Und Rode hat erkannt: "Auf diese Chancen muss ich warten. Es ist nicht einfach, wenn man immer auf der Bank sitzt, immer positiv zu bleiben." Und er weiß, dass er schon am Dienstag wohl wieder nur Ersatz ist, wenn der VfL Wolfsburg zum Spitzenspiel nach München kommt. Ansonsten war es also so, wie es Darmstadts Trainer Dirk Schuster hinterher sagte: Es sei "die normalste Sache der Welt" passiert, "Bayern München hat in Darmstadt gewonnen."
3. Wolfsburgs Hecking liebt das Reizklima
Inzwischen tut es Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking dann doch ein wenig leid. "So ein gesundes Reizklima am Anfang der Saison schärft noch einmal die Sinne. Von daher war der Zeitpunkt von mir schon bewusst gewählt. Im Nachhinein muss ich sagen, hätte ich es vielleicht besser intern geregelt", sagte er dem NDR. Was war geschehen?
Bas Dost hatte beim 2:0 gegen die Berliner Hertha beide Tore geschossen - und Hecking hatte ihn in aller Öffentlichkeit und ungewöhnlich deutlich gerügt. "Wenn er meint, dass das der richtige Weg ist, dann ist er hier in Wolfsburg falsch", hatte er gesagt und dem Torjäger Egoismus unterstellt. Dost soll nach seiner Auswechslung beim 1:0 in der Champions League gegen ZSKA Moskau durch provozierende Lustlosigkeit im Training aufgefallen sein. Nach dem Sieg gegen die Hertha hatte er noch angekündigt: "Ich lasse ihn jetzt drei Tage in Ruhe, so wie er das mit der Mannschaft auch getan hat." Nun soll aber alles wieder gut sein - sagte Hecking den "Wolfsburger Allgemeinen Zeitung": "Wir haben versucht, die Sache aus der Welt zu schaffen. Ich gehe davon aus, dass sich das Thema erledigt hat."
4. Manchmal gewinnt der Schlechtere
Das Dilemma des VfB Stuttgart lässt sich so zusammenfassen: Trainer Alexander Zorniger lässt sein Team einen Fußball spielen, der die Zuschauer wie bei der Partie gegen den FC Schalke 04 dazu animiert, nach dem Schlusspfiff zu applaudieren, weil ihre Mannschaft die bessere war. Allerdings hat der VfB in dieser Saison all seine Spiele verloren, nun mit 0:1 gegen die Gelsenkirchener, so grotesk das auch war. Was nun? "Es hat jeder gesehen, was los war", sagte Zorniger, sichtlich genervt vom schier unglaublichen Unvermögen seiner Spieler, selbst beste Chancen nicht zu nutzen. Aber er kennt das ja. Schließlich war es nicht das erste Mal, dass die Stuttgarter die Spielidee ihres Trainers konterkarierten. Am zweiten Spieltag zum Beispiel schoss der VfB 28 Mal auf das Tor des 1. FC Köln - und unterlag mit 1:3. Immerhin mühen sie sich in Stuttgart redlich, angesichts dieser Misere die Ruhe zu bewahren. "Wenn wir vier, fünf, sechs Punkte hätten, würde jeder sagen: Die sind aber sowas von auf dem richtigen Weg." Aber so? "Anders kannst du nicht spielen - nur erfolgreicher. Ich hoffe, dass wir bald aus der Scheiße rauskommen", sagte Zorniger. Und Sportdirektor Robin Dutt hält zu ihm: "Im Fußball tut es auch mal gut, dauerhaftes Vertrauen zu zeigen." Im Fußball tut es aber auch gut, einfach mal ein Spiel zu gewinnen.
5. Angst essen Fußball auf
Die Krise der Mönchengladbacher Borussia hat ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. Mit dem Rücktritt von Trainer Lucien Favre kassierte die Elf vom Niederrhein nach dem 0:1 beim ungeliebten Nachbarn in Köln ihre zweite Niederlage an diesem Wochenende und bleibt punktlos auf dem letzten Platz der Tabelle. Selbst die Stuttgarter sind noch ein wenig besser, zumindest haben sie mehr Tore geschossen. Auch die Gladbacher klagen, Manager Max Eberl formulierte es so: "Nicht die bessere Mannschaft hat gewonnen, sondern die effektivere. Sisyphos lässt grüßen. Du schiebst die Kugel immer wieder hoch, bist dabei, dir Selbstvertrauen zu holen. Im Moment rollt die Kugel immer zurück."
Außenverteidiger Tony Jantschke konstatierte: "Im Moment machen wir ein, zwei Fehler pro Spiel, die brutal bestraft werden." Das klingt mehr als ein wenig mutlos. Vielleicht ist es ja so: Angst essen Fußball auf - die Angst vor der eigenen Unzulänglichkeit. "Debakel, Krise, Abstiegskampf - es gibt viele Worte, die derzeit auf uns einprasseln", sagte Eberl - bevor er damit konfrontiert wurde, dass Favre das Handtuch wirft. Nun muss er einen neuen Trainer suchen – auf dass alles nicht noch schlimmer werde.
6. Sehet die Aufsteiger!
Der SV Darmstadt 98 kassiert am fünften Spieltag seine erste Niederlage - gegen den FC Bayern München. Respekt! Noch besser läuft es beim FC Ingolstadt. Der hat zwar schon einmal - am zweiten Spieltag zu Hause gegen Borussia Dortmund - verloren, steht aber nach nun drei Auswärtssiegen auf Rang sechs der Tabelle. Das, zugegeben etwas glückliche, 1:0 beim SV Werder in Bremen bescherte dem ohnehin dauereuphorisierten Trainer Ralph Hasenhüttl ein neues Glücksmoment: "Das ist sensationell, keine Frage. Wir haben Geschichte geschrieben, da sind wir sehr, sehr stolz drauf." Drei Siege in den ersten drei Auswärtsspielen - das hatte in der 52 Jahre währenden Geschichte der Liga noch kein Aufsteiger geschafft. "Ich habe eine Truppe, die unheimlich leidenschaftlich arbeitet, die den Plan millimetergenau verfolgt. Da kann man nur stolz sein." Völlig aus dem Nichts kommt das dritte Auswärts-1:0 allerdings nicht: Hasenhüttls trainiert die Schanzer seit Oktober 2013. Die Bilanz: Von 32 Auswärtspartien verlor der FCI gerade einmal zwei. Warum? Auch, weil sie früh und aggressiv angreifen, schnell kontern - und so den Gegner gehörig nerven. Da war auch der Siegtreffer in der dritten Minute der Nachspielzeit durch den Foulelfmeter von Moritz Hartmann zwar glücklich, aber keinesfalls unverdient.
Quelle: ntv.de