Fußball

DFB-Angreifer Nummer eins? Timo Werner avanciert zum Liebling

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So viel Zuneigung auf einmal - das ist neu für Leipzigs Timo Werner. Beim 6:0 der DFB-Elf gegen Norwegen feiert ihn das Publikum ausgiebig. Und Bundestrainer Joachim Löw lobt so sehr, dass es ihm fast peinlich ist.

Deutschlands bester Angreifer? Ich? Um Gotteswillen! Davon wollte Timo Werner partout nichts wissen: "Als Stürmer Nummer eins würde ich mich jetzt nicht bezeichnen. Ich habe ein paar Tore gemacht. Es gibt so viele gute Stürmer." Wirklich? Zum furiosen 6:0 (4:0) der deutschen Fußball-Nationalmannschaft im WM-Qualifikationsspiel an diesem Montagabend hatte der Rasenballsportler vor 53.814 Zuschauern im ausverkauften Stuttgarter Stadion zwei Tore beigesteuert. Es waren seine Länderspieltreffer Nummer fünf und sechs in erst acht Partien. Und als Belohnung durfte er hinterher neben dem Bundestrainer bei der Pressekonferenz auf dem Podium sitzen.

Obwohl: Der 21 Jahre alte Werner wirkte so, als könne er sich Schöneres vorstellen, als nun die Fragen der Journalisten zu beantworten. Wenn sein Chef sprach, blickte er ins Leere und verzog immer wieder den Mund, als bearbeite er ein imaginäres Kaugummi und als sei ihm das Lob dann doch ein wenig peinlich. Denn was Joachim Löw über ihn sagte, klang doch verdächtig nach Stürmer Nummer eins: "Er macht das, was dem Gegner extrem weh tut und schwer zu verteidigen ist. Er hat diese brutalen Zug zum Tor und diese Schnelligkeit."

Er sprach wie ein Trainer, der endlich einen Angreifer gefunden hat, den er immer gesucht hat: "Was er für Wege macht, das ist schon klasse. Das ist natürlich für unser Spiel gut. Er hat das bislang sehr, sehr gut gemacht." Aus diesen Worten sprach die Hoffnung, dass da einer ist, der dem Team bei der Weltmeisterschaft helfen kann, die im Sommer nächsten Jahres in Russland stattfindet. Auch nach dem achten Sieg im achten Spiel der Gruppe C ist die DFB-Elf offiziell immer noch nicht durch, aber schon ein Punkt am 5. Oktober in Belfast gegen Nordirland reicht, um diese Formalie zu erledigen. Löw hat oft genug betont, dass alles auf die erfolgreiche Verteidigung des 2014 in Brasilien gewonnenen Titels ausgerichtet ist.

"Ich freu mich natürlich"

Und da Miroslav Klose mutmaßlich nicht zu einem Comeback zu überreden ist, passt einer wie Werner prima ins Konzept. Schließlich ist Mario Gomez vom VfL Wolfsburg, der in Stuttgart nach 65 Minuten für den Leipziger eingewechselt worden war und in der 79. Minute das 5:0 erzielte, schon 32 Jahre alt. Und der nicht eingesetzte Lars Stindl ist eher einer, der sich den Ball im Mittelfeld holt. Von daher war das mit den vielen guten Stürmern zwar sehr höflich von Werner, aber eben auch nicht mehr. Aber das ist nicht die ganze Geschichte. Werner war nämlich in Stuttgart ausgesprochen nett empfangen worden. Wie überhaupt die Stimmung ausgesprochen harmonisch war.

Das hing auch damit zusammen, das beim 2:1 in Prag gegen Tschechien am Freitag einige Nazis unter den Fans "Sieg Heil" gebrüllt hatten und die Mannschaft nach dem Spiel deswegen nicht in die Kurve gegangen war. So war die Veranstaltung unter dem Motto "Nicht mit uns!" auch ein politisches Statement gegen Rechtsradikale im Stadion und anderswo. "Gegen Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung" hatte der Fan-Klub der Nationalmannschaft auf ein Plakat malen lassen. Und einmal in friedlicher Stimmung, feierten die Zuschauer auch Werner. Und das konnte in dem Ausmaß nicht allein daran gelegen haben, dass der Bundestrainer vorher es quasi per Dekret verboten hatte, seinen Spieler wegen der unseligen Schwalbe vor einem Jahr weiter aus purer Häme auszupfeifen. Und so riefen sie immer wieder "Timo Werner", und das schon, bevor er nach 21 Minuten und nach einer Hackenvorlage des Münchners Thomas Müller mit dem linken Fuß aus elf Metern sein erstes Tor an diesem Abend erzielte.

Sie riefen es nach seinem zweiten Treffer, den er fünf Minuten vor der Pause nach einer Flanke des eben erwähnten Müllers mit dem Kopf aus gleicher Entfernung. Und sie riefen "Timo Werner", als er ausgewechselt wurde. Danach riefen sie "Mario Gomez", weil der wie Werner ja auch mal beim VfB Stuttgart gespielt hat. Vielleicht war das fast ein wenig zu viel Zuneigung auf einmal für den jungen Mann. Vielleicht war auch das ihm ein wenig peinlich: "Ich freue mich natürlich, wenn ich wieder nach Hause komme", sagte er: "Ich habe nicht gedacht, dass es so für mich ausgeht. Man spielt viel, viel lieber, wenn man von den eigenen Fans bejubelt wird." Und über die Sache mit dem besten Stürmer wird noch zu reden sein.

Quelle: ntv.de

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