Geheimkonto für die WM 2006? Warner bestreitet Vertrag mit Beckenbauer
11.11.2015, 11:33 Uhr
Franz Beckenbauer und Jack Warner (Mitte) werden immer mehr zu den Schlüsselfiguren in der Affäre um die Vergabe der WM 2006.
Das deutsche WM-Organisationskomitee gerät immer mehr in Bedrängnis. Nun taucht ein Geheimkonto von Jack Warner auf, dessen Namen eine enge Verbindung zum WM-OK 2006 suggeriert. Doch Warner wehrt sich gegen den Vorwurf der Bestechlichkeit.
Neben Franz Beckenbauer rutscht auch Jack Warner immer mehr in die Rolle einer Schlüsselfigur im Skandal rund um die Vergabe der Fußball-WM 2006. Nach Informationen der „Bild“-Zeitung geht aus Unterlagen der US-Bundesbehörde FBI hervor, dass der frühere Vize-Präsident des Weltverbandes Fifa bei der First Citizen Bank ein geheimes Konto unter dem Namen „LOC Germany 2006 Limited“ geführt haben soll. LOC steht bei der Fifa als Abkürzung für „Lokales Organisationskomitee“. Weitere Details zum Konto und mögliche Zahlungseingänge wurden zunächst bekannt.
Am Dienstag hatte der Deutsche Fußball-Bund bestätigt, dass Beckenbauer und Warner ein Dokument unterschrieben haben, welches den Verdacht des versuchten Stimmenkaufs nahelegt. Außerdem sei das Dokument auch von Beckenbauer-Intimus Fedor Radmann paraphiert worden. In dem Papier seien der Konföderation Warners, dem Concacaf, "diverse Leistungen" von deutscher Seite zugesagt worden, sagte Rainer Koch, nach dem Rücktritt von Wolfgang Niersbach nun DFB-Interimspräsident. Dies seien indes "keine direkten Geldleistungen" gewesen, sondern Vereinbarungen über Spiele, Unterstützung von Trainern oder Ticketzusagen für WM-Spiele an Warner selbst.
Warner hat sich am Mittwochmittag zu Wort gemeldet und den Verdacht der Bestechlichkeit vor der Vergabe der WM 2006 zurückgewiesen: „Ich hatte mit niemandem aus Deutschlands Organisationskomitee für die WM 2006 irgendeine Vereinbarung“, antwortete Warner schriftlich auf eine Anfrage des Senders Sport1: „Außerdem möchte ich mich nicht am internationalen Medienzirkus beteiligen, der mich erniedrigt und verleumdet.“ Von Beckenbauer gab's dagegen bisher noch keine Reaktion.
Möglicher Bestechungsversuch seitens des DFB
Reinhard Rauball, wie Koch ebenfalls Interimspräsident des DFB, antwortete dem Bezahlsender Sky auf die Frage, ob das Papier als möglicher Bestechungsversuch des stimmberechtigten Fifa-Exekutivmitglied zu werten sei: "Das muss man so werten, dass zumindest über diese Fragen nachgedacht worden ist. Wenn etwas schriftlich konzipiert ist, egal ob es dann formwirksam unterschrieben worden ist oder nicht, dann ist das schon etwas, was diese Vermutung zulässt."
Das Dokument stammt vom 2. Juli 2000, vier Tage vor der WM-Vergabe. Ob der Vertrag zwischen WM-Organisationsboss Beckenbauer und dem früheren Präsidenten des Verbands für Nord- und Zentralamerika sowie der Karibik vollzogen wurde, ist unbekannt. Derzeit gilt es aber eher als unwahrscheinlich. Deutschland gewann die Abstimmung des Fifa-Exekutivkomitees mit 12:11 Stimmen gegen Südafrika, der Concacaf stimmte nach Informationen des Sport-Informationsdienstes geschlossen gegen Deutschland.
Warner: „Hab mich nie bestechen lassen"
Die bisher letzte Aussage Warners zum Thema WM 2006 ist fünf Monate alt. „Ich habe mich nie bestechen lassen. Es hat mir nie jemand Geld angeboten, auch nicht die Deutschen“, sagte der 72-Jährige im Juni dem Nachrichtenmagazin der Spiegel. Dass Warner korrupt ist, hat allerdings mittlerweile sogar der Fußball-Weltverband erkannt. Die Ethikkommission sperrte Warner im Zuge des Fifa-Skandals Ende September lebenslang.
Warner habe in seiner Zeit als Funktionär eine Hauptrolle beim Anbieten, Annehmen und Akzeptieren von illegalen Zahlungen gespielt. „Jack Warner verübte fortwährend und wiederholt verschiedene Vergehen, während er bei der Fifa und der Concacaf als Funktionär verschiedene hochrangige und einflussreiche Ämter bekleidete“, schrieb die Kommission über Warner, der in seinem Heimatland derzeit gegen eine Auslieferung in die USA kämpft. Warner gehört dort zu den angezeigten Fifa-Funktionären, denen ein Strafverfahren droht.
Quelle: ntv.de, tno/dpa/sid