Erfinder fordert Grundrechte-Charta WWW feiert 25. Geburtstag
12.03.2014, 10:21 Uhr
Es dauerte rund vier Jahre, bis die erste Webseite online war.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Das World Wide Web feiert 25. Geburtstag, am 12. März 1989 brachte Erfinder Tim Berners-Lee seine Idee zu Papier. Er freut sich über das, was geschaffen wurde, fordert aber auch zu mehr Engagement auf, um ein offenes und neutrales Internet zu verteidigen.
Vor 25 Jahren skizzierte der britische Physiker Tim Berners-Lee in Genf ein Informationsmanagement-System, das später als World Wide Web (WWW) die Welt veränderte. Zum 25. Geburtstag hat Berners-Lee über das Portal Vimeo einen Video-Gruß geschickt. "Wir haben zusammen ein großartiges Web geschaffen", sagt er darin. "Aber wir müssen noch viel tun, damit das Web auch künftig wirklich allen gehört." Er fordert eine Charta zum Schutz der Grundrechte im digitalen Raum. Für das Internet sei "ein weltweites Grundgesetz" nötig, sagte Berners-Lee der britischen Tageszeitung "The Guardian". Ohne "ein offenes und neutrales Internet, auf das wir uns verlassen können", könne es auch keine "offene Regierung oder gute Demokratie" geben. "Es ist nicht naiv, zu glauben, dass wir das haben können, aber es ist naiv, zu denken, dass wir uns einfach zurücklehnen und es bekommen können."
"Vage, aber spannend"
Vor einem Vierteljahrhundert war das World Wide Web nur eine Idee, die ein junger britischer Informatiker am europäischen Kernforschungszentrum CERN ungefragt zu Papier brachte. "Vage, aber spannend" - so lautete die erste Reaktion, die Tim Berners-Lee von seinem Chef auf seinen am 12. März 1989 präsentierten Vorschlag erhielt. Berners-Lee schwebte ein Informationsmanagement-System vor, das den Datenaustausch unter Forschern vereinfachen sollte. Damit schuf er die Grundlage für das heutige Internet, das die Kommunikation von Milliarden Menschen revolutioniert hat.
Die Kollegen am CERN in der Nähe von Genf hätten das Projekt zunächst allerdings "komplett ignoriert", sagt Marc Weber vom Museum für Computergeschichte im kalifornischen Silicon Valley. Schließlich habe Berners-Lee sein Arbeitsumfeld aber vom Nutzen des Systems überzeugen können, indem er das Telefonverzeichnis des CERN online gestellt habe.
Das World Wide Web war längst nicht die einzige Erfindung, um Computer miteinander zu vernetzen. Das US-Militär lancierte bereits 1969 den Internet-Vorläufer Arpanet, an den allerdings nur Forschungszentren angeschlossen waren. Privathaushalte in den USA konnten in den 80er Jahren über CompuServe online gehen, Frankreich baute das Minitel-Netzwerk auf. Auch die Bundespost in Deutschland versuchte sich mit dem Bildschirmtext, kurz Btx, an einem Onlinedienst. Das World Wide Web sei anfänglich "ein echter Außenseiter" gewesen, sagt Weber.
Einfach und offen
Das Revolutionäre am WWW war der simple Datentransfer mit einem universellen Übertragungsstandard. Alle Webseiten konnten unabhängig vom Computersystem über das gleiche Adressformat angesteuert werden. Zum Navigieren im Internet genügten Klicks auf elektronische Querverweise, sogenannte Hyperlinks. Vor allem verfolgte Berners-Lee aber keine Geschäftsinteressen: Der Vater des heutigen Internets wollte eine offene und kostenlose Infrastruktur für den freien Austausch von Informationen schaffen.
Berners-Lee entwickelte seine Idee mit einem Kollegen weiter: Es entstanden der erste Browser - ein Programm zum Surfen im Netz - und die Homepage des CERN als erste Website. Doch die Nutzung dieses ersten Browsers war auf wenige Wissenschaftler beschränkt, und WWW-Server waren zunächst nur in Physikinstituten und deren Forschungslabors zu finden.
Zu Popularität weit über den Kreis von Physikern und Informatikern hinaus verhalf dem World Wide Web der Browser Mosaic, den die Universität des US-Bundesstaates Illinois 1993 vorstellte. Mosaic, ein Vorläufer des Programms Netscape, war auch für Laien geeignet und konnte zudem erstmals Texte mit Grafiken anzeigen. Schon Ende 1994 surften zehn Millionen Menschen weltweit im Internet.
Microsoft gewinnt Browserkrieg
Für Microsoft-Gründer Bill Gates war das WWW anfangs "nur ein Hype". Doch bald erkannte auch der Softwaregigant das Netz als strategisches Feld, ab 1995 war der Browser Internet Explorer auf Rechnern mit dem Microsoft-Betriebssystem Windows vorinstalliert. Den folgenden "Browser-Krieg" mit Netscape entschied der Internet Explorer für sich und erreichte eine dominierende Position. Weil Microsoft dafür unter anderem Hersteller zwang, auf ihren Computern den Internet Explorer vorzuinstallieren, reichten das US-Justizministerium und 19 Bundesstaaten eine Antitrust-Klage gegen das Unternehmen ein, die fast zur Zerschlagung Microsofts geführt hätte.
Das Platzen der Internet-Spekulationsblase im Jahr 2000, die aufgrund überhöhter Erwartungen an die über das Web zu erzielenden Gewinne entstanden war, hat den Siegeszug der Technologie nicht stoppen können. Heute sind rund 2,7 Milliarden Menschen im Internet aktiv, etwa 40 Prozent der Weltbevölkerung. Sie erledigen dort Einkäufe, Bankgeschäfte, Reiseplanung oder Partnersuche. Die E-Mail hat für viele Menschen den klassischen Brief ersetzt.
Die Nutzer stellen auch immer mehr eigene Inhalte ins Netz, vor allem über soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter. Außerdem nimmt die Bedeutung des mobilen Internets rapide zu: Mit Smartphones und handlichen Tablet-Computern können Menschen von überall online gehen. Experten sehen dies als Chance für jenen Teil der Weltbevölkerung vor allem in Asien und Afrika, der noch offline ist. "Das Web ist eigentlich erst zur Hälfte fertig", sagt Weber. "Es existiert noch nicht weltweit."
Quelle: ntv.de