Software statt Hardware Was taugt Handy-Navigation?
29.04.2010, 09:56 UhrNavigationssoftware fürs Handy erfährt mit der steigenden Verbreitung von Smartphones gerade ihren Durchbruch. Noch ist sie eher als Ergänzung zu "echten" Navis zu sehen. Mit Google Maps Navigation könnte sich das ändern.
Smartphones sind kleine Alleskönner. Mit ihnen können Nutzer telefonieren, im Internet surfen, E-Mails verschicken und vieles mehr. Mit kleinen Abstrichen sind die Telefone auch zur Navigation zu gebrauchen.
Ein Handy, mit dem der Nutzer navigieren möchte, braucht einen GPS-Empfänger. "Das ist eine zwingende Voraussetzung", erklärt Florian Stein von der Zeitschrift "Connect" in Stuttgart. Längst nicht jedes Mobiltelefon besitzt so einen GPS-Empfänger, mit dem sich die eigene Position bis auf wenige Meter genau feststellen lässt.
Nokia hat schon was zu bieten
GPS allein macht aus einem Handy jedoch kein Navi. Dazu braucht es noch ein entsprechendes Programm. Ö-Navi zum Beispiel ist kostenlos. Die Software kann aus dem Internet heruntergeladen werden und bietet unter anderem die Stau-Warn-Funktion TMC. Allerdings gibt es Ö-Navi nicht für alle Handys: Unterstützt werden verschiedene Modelle der Hersteller RIM (Blackberry), Motorola, Nokia, Samsung und Sony Ericsson. Nokia bietet seinen Kunden die Nutzung des Kartendienstes Ovi Maps ebenfalls kostenlos an: für 70 Länder inklusive Updates. Das Angebot kann aber nur mit bestimmten Nokia-Geräten genutzt werden.
Bei der Anschaffung einer kostenlosen Navi-Lösung ist zu bedenken, dass sie Folgekosten nach sich ziehen kann: Denn bei den Programmen, die nicht bezahlt werden müssen, handelt es sich oft um Offboard-Lösungen, die keine Karten auf dem Gerät installieren - die muss das Handy für jede Routenführung vom Server des Anbieters nachladen. Das wiederum verursacht Kosten, die sich spätestens mit der nächsten Mobilfunkrechnung beziffern lassen - es sei denn, der Nutzer besitzt eine Flatrate für den mobilen Datentransfer.
Warten auf Google Maps Navigation
Wer sein Handy nur gelegentlich nutzt, um sich an einem fremden Ort zu orientieren, kann auf eine spezielle Navigationssoftware verzichten. Hier bietet sich ein kostenloser und auf vielen Smartphones verfügbarer Dienst wie Google Maps als Alternative an. "Das eignet sich allerdings nur für kurze Strecken", sagt Stein.
Demnächst wird Google aber vermutlich auch in Deutschland Maps Navigation gratis zur Verfügung stellen. Dabei handelt es sich dann um eine vollwertige so genannte Turn-by-Turn-Navigation mit Sprachansage und Extras wie Staumelder. Der Gratis-Dienst muss den Vergleich mit kostenpflichtigen Lösungen keineswegs scheuen.
Derzeit steht Maps Navigation nur in den USA, Großbritannien und Irland zur Verfügung. Außerdem können ihn vorerst nur Besitzer eines Telefons nutzen, auf dem Googles Betriebssystem Android installiert ist. Das Unternehmen hat aber angekündigt, Maps Navigation künftig auch für andere Länder und andere Plattformen anzubieten.
Auch Profis sind mobil
Mittlerweile bieten fast alle großen Navi-Hersteller auch Programme fürs Handy an - in der Regel setzen sie auf Apps (Applikationen) fürs iPhone. Navigon etwa bietet auch Software für Android-, Windows- und Symbian-Handys an, für Telekomkunden mit iPhone gibt es derzeit sogar eine kostenlose Version.
Navi-Lösungen für Handys ähneln oft den Anwendungsoberflächen klassischer Navi-Geräte. Dennoch gibt es Unterschiede: Der Navi-Hersteller TomTom zum Beispiel bietet eine App fürs iPhone an. In ihrem Funktionsumfang unterscheidet sie sich von den Navis unter anderem dadurch, dass den iPhone-Nutzern TomTom Home nicht zur Verfügung steht, wie Tom Murray, Vice President Market Development erklärt. Mit TomTom Home können Navi-Besitzer ihr Gerät mit zusätzlichen Daten versorgen. "Auch TomTom Share für die eigenständige Bearbeitung von Karten fehlt der App", so Murray.
Bild und Ton: Navis besser
Manches lässt sich mit einem Handy jedoch auch einfacher umsetzen. Das gilt beispielsweise für die Versorgung des Anwenders mit dynamischen Informationen, also mit sich häufig ändernden Daten. Dazu zähle zum Beispiel die lokale Suche nach einem Café, so Gerhard Mayr, verantwortlich für Mobilfunk-Navigation bei Navigon. Außerdem lassen sich Informationen zur aktuellen Verkehrsinformation einspielen.
Bei den Karten gibt es laut Florian Stein keinen Unterschied zwischen Handys und klassischen Navis. Unterschiede bestehen vor allem in der Hardware: "Die meisten Navis haben ein Display mit 4,3 Zoll Diagonale und mehr. Beim Smartphone sind es in der Regel um die 3 Zoll", erläutert Tom Murray, dem noch ein weiterer Nachteil einfällt: "Gerade im Auto ist die Qualität der Sprachausgabe sehr wichtig, doch da können Smartphones in der Regel noch nicht mit den Navis mithalten." Auch die Sprachsteuerung der klassischen Navis ist laut Mayr besser als die von Smartphones.
Akku-Schwächlinge
Hinzu kommt, dass die Smartphones meist relativ schnell eine neue Akku-Ladung benötigen. Die Batterie des iPhones etwa ist laut Stein nach zwei Stunden leer, wenn es als Navi verwendet wird. Da sei es ratsam, sich ein passendes Ladegerät fürs Auto zuzulegen. Ebenso wichtig ist eine geeignete Halterung, damit das Handy bei einer Bremsung nicht durch den Innenraum fliegt. Doch während portable Navis in der Regel mit einer passenden Kfz-Halterung ausgeliefert werden, sind für die meisten Smartphones nur Universal-Halterungen verfügbar - die eben nicht immer zu 100 Prozent passen.
Und eignen sich Handy zumindest für die Fußgängernavigation? Florian Stein ist da skeptisch - für seinen Geschmack befindet sie sich im Experimentierstadium. Sich beim Spazieren in fremder Umgebung allein aufs Handy zu verlassen, kann zum Abenteuer führen. "Als Fußgänger läuft man schon mal 100 Meter in die falsche Richtung, bevor das Handy-Navi weiß, was los ist", sagt Stein.
Quelle: ntv.de, kwe/dpa