Tsipras stellt Plan in Brüssel vor Berlin und Paris machen kleine Zugeständnisse
03.06.2015, 21:20 Uhr
Im griechischen Schuldendrama berät Regierungschef Tsipras zur Stunde mit EU-Kommissionspräsident Juncker über die neuesten Athener Pläne zur Beilegung der Krise. Zuvor war aus Berlin und Paris ein Entgegenkommen angedeutet worden.
Mit einem Spitzengespräch versuchen Griechenland und die EU-Kommission, den Weg für eine Rettung des pleitebedrohten Landes zu ebnen. Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras kam am Abend in Brüssel mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zusammen. Er will seinen Plan mit Reformen vorstellen, die Voraussetzung für weitere Finanzhilfen sind. Athen vermeldete vor dem Treffen ein Entgegenkommen der Hauptgläubigerstaaten Deutschland und Frankreich.
Juncker und Tsipras äußerten sich bei ihrer Begrüßung nicht, für die Fotografen gab es ein Händeschütteln, Juncker klopfte Tsipras auf die Schulter. Die EU-Kommission ging im Vorfeld des Treffens nicht davon aus, dass dieses bereits einen Durchbruch bringen würde. "Wir erwarten kein abschließendes Ergebnis heute Abend", sagte ein Sprecher Junckers. "Das ist eine erste Diskussion und keine abschließende."
Auch Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem als Vertreter der Länder der Währungsunion reiste nach Brüssel. Er sprach nach seiner Ankunft von einem "wichtigen Treffen", erwartete aber gleichfalls keine Einigung am Abend. Er traf Juncker schon vor Tsipras. Die Europäische Zentralbank (EZB) und der Internationale Währungsfonds (IWF) als weitere Griechenland-Gläubiger entsandten dagegen keine Vertreter.
Sein Reformplan solle für Griechenland "Raum für Erholung schaffen und Grexit-Szenarien beenden", sagte Tsipras kurz vor seinem Abflug nach Brüssel mit Blick auf eine drohende Euro-Mitgliedschaft Griechenlands. Nach griechischen Presseberichten umfasst das 46-seitige Dokument unter anderem eine Reform der Mehrwertsteuer, eine Zusammenführung der Rentenkassen, die Abschaffung von Frühverrentungen und eine Beschleunigung der Privatisierungen.
Kleines Zugeständnis an Athen
Vor dem Treffen in Brüssel telefonierte Tsipras mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande. Beide hätten die "Notwendigkeit" zugestanden, die Ziele für den griechischen Primärüberschuss zu senken, hieß es kurz vor dem Brüsseler Treffen aus Regierungskreisen. Ein Sprecher der Bundesregierung bestätigte das Telefongespräch, wollte sich aber nicht zum Inhalt äußern. Der Primärüberschuss ist der Haushaltssaldo ohne Zinszahlungen und Schuldentilgung.
Athen verhandelt seit Monaten mit seinen internationalen Kreditgebern über die Bedingungen, zu denen in Aussicht gestellte Hilfsgelder von 7,2 Milliarden Euro ausgezahlt werden sollen. Nun drängt die Zeit, weil das griechische Hilfsprogramm zum Monatsende ausläuft und Athen im Juni insgesamt 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückzahlen muss, was das Land überfordern dürfte. Die erste Rate von 300 Millionen Euro wird am Freitag fällig.
Ein Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte in Berlin, EU-Kommission, EZB und IWF hätten sich am Montag darauf verständigt, einen "eigenen Vorschlag" für die Reformen zu unterbreiten. Dieser werde für die Gläubiger "die relevante Gesprächsgrundlage sein". Schäuble selbst sah vorerst keinen Anlass zum Optimismus. Von der neuen griechischen Reformliste habe er bisher nur "ansatzweise ein bisschen gehört", sagte er. Dies ändere an seiner bisherigen skeptischen Einschätzung nichts, sondern "es bestätigt sie eher".
Quelle: ntv.de, ppo/AFP/dpa