IWF: Maue Wachstumsaussichten Bundesbank sieht Ende der Rezession
17.07.2023, 16:48 Uhr Artikel anhören
Für ein Ende der Rezession sprechen der Bundesbank zufolge nachlassende Lieferengpässe.
(Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild)
In den beiden vergangenen Quartalen ging die deutsche Wirtschaftsleistung zurück. Im Frühjahr dürfte dieser Trend gestoppt haben, schätzt die Bundesbank. Geringere Inflationsraten und höhere Löhne stützten den Konsum. Doch eine durchgreifende Erholung ist weiter nicht in Sicht.
Die deutsche Wirtschaft hat ihre Rezession nach Prognose der Bundesbank angesichts sinkender Inflation und steigender Löhne beendet. "Die deutsche Wirtschaftsleistung dürfte im zweiten Quartal 2023 wieder leicht gestiegen sein", heißt es im Monatsbericht. Die beiden vorangegangenen Quartale war das Bruttoinlandsprodukt um 0,5 und 0,3 Prozent geschrumpft - bei zwei Rückgängen in Folge sprechen Ökonomen von einer technischen Rezession. Ob es im gerade beendeten Frühjahrsquartal tatsächlich zu einem Wachstum gereicht hat, will das Statistische Bundesamt am Monatsende in einer ersten Schätzung mitteilen.
"Der zuvor kräftig rückläufige private Konsum stabilisierte sich wohl", begründete die Bundesbank ihren Optimismus mit Blick auf das Frühjahr. "Dazu trug bei, dass der Arbeitsmarkt nach wie vor in guter Verfassung war, die Löhne kräftig anstiegen und sich der Preisanstieg nicht weiter verstärkte." Davon dürften auch die Dienstleister profitiert haben. Zu Jahresbeginn lag die Inflationsrate noch bei 8,7 Prozent, was die Kaufkraft der Verbraucher drückte. Aktuell liegt die Teuerungsrate mit 6,4 Prozent deutlich niedriger. Die Tarifabschlüsse in einigen Branchen einschließlich steuerfreier Inflationsprämien machten das teils mehr als wett.
Für ein Ende der Rezession sprechen der Bundesbank zufolge auch nachlassende Lieferengpässe. "Zusammen mit dem hohen Auftragspolster verhinderten sie schlechtere Ergebnisse in der Industrie und dem Bau", hieß es. Beide Branchen hätten aber ihre Produktion im Vergleich zum Vorquartal nicht ausweiten können. "Die Industrie wurde dadurch gebremst, dass die Auslandsnachfrage zurückging", schreibt die Bundesbank: "Zudem dämpften die gestiegenen Finanzierungskosten die Investitionen im Inland."
Das belaste auch weiterhin "in erheblichem Umfang" die Nachfrage nach Bauleistungen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Zinsen im Kampf gegen die Inflation kräftig nach oben geschraubt. Das treibt die Finanzierungskosten am Bau nach oben, weshalb viele Projekte derzeit auf Eis liegen.
IWF erwartet nur noch maue Wachstumsraten
Die wirtschaftliche Erholung im weiteren Jahresverlauf könnte den Bundesbank-Ökonomen zufolge "etwas zögerlicher" ausfallen als in der Juni-Prognose erwartet. Darin veranschlagten die Volkswirte für das laufende Jahr ein Minus beim Bruttoinlandsprodukt von 0,3 Prozent. Zugleich gingen sie davon aus, dass sich die Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte nur allmählich verstärken dürfte.
Einer Studie zufolge ist jedoch die Gefahr einer Rezession bis in den Spätsommer hinein sogar sprunghaft gestiegen. Für den Zeitraum von Juli bis Ende September sei die Wahrscheinlichkeit dafür auf 78,5 Prozent nach oben geschnellt, so das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). Im Juni lag sie noch bei 49,3 Prozent. Der nach dem Ampelsystem arbeitende IMK-Indikator - der Daten zu den wichtigsten wirtschaftlichen Kenngrößen bündelt - steht damit auf "rot". Das signalisiert akute Rezessionsgefahr.
Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht für Deutschland nur maue konjunkturelle Perspektiven. In seiner jüngsten Analyse verweist er darauf, dass die hiesige Wirtschaft den Energieschock im Zuge des Ukraine-Krieges gut weggesteckt habe und dennoch in die Rezession gerutscht sei. Angesichts der Nachwirkungen der Energiekrise und der sich verschärfenden Finanzierungskonditionen im Zuge der Zinswende sei für das Gesamtjahr 2023 mit einer leicht schrumpfenden Wirtschaftsleistung zu rechnen.
Das Wachstum werde voraussichtlich in den Jahren 2024 und 2025 wieder schrittweise Schwung aufnehmen, während die Nachwirkungen der Zinserhöhungen nachließen und die Wirtschaft den Energieschock allmählich verdaue.
Mittelfristig sind die Wachstumsaussichten aus Sicht des IWF jedoch verhalten. Im Zuge der Alterung der Bevölkerung und ausbleibender Fortschritte bei der Produktivität sowie wegen Engpässen auf dem Arbeitsmarkt sei mit durchschnittlichen Wachstumsraten von unter einem Prozent zu rechnen.
Quelle: ntv.de, jwu/rts