Appell an griechische Regierung Merkel sieht noch großen Handlungsbedarf
05.06.2015, 06:41 Uhr
Angela Merkel reichen die Reformanstrengungen von Alexis Tsipras noch nicht (Archivbild).
(Foto: picture alliance / dpa)
Angela Merkel verlangt von Griechenland größere Reformanstrengungen. Der IWF verschafft der Regierung in Athen ein paar Tage Frist. Reicht sie für eine schnelle Einigung mit den Gläubigern? Vor dem G7-Gipfel auf Schloss Elmau wird es nichts mehr.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Griechenland im Ringen um weitere Milliardenhilfen der internationalen Gläubiger zu umfangreichen Zugeständnissen aufgerufen. Nötig seien "deutliche Anstrengungen von Seiten Athens", sagte die CDU-Politikerin dem Sender France 2. Es bleibe das Ziel der derzeitigen Gespräche, dass Griechenland in der Eurozone bleibe. Die Verhandlungen seien "noch längst nicht an einem Schlusspunkt angekommen".
Aus Regierungskreisen in Athen verlautete, Merkel und der französische Staatschef François Hollande hätten sich am Donnerstagabend in einer Telefonkonferenz erneut mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras ausgetauscht. Den Angaben zufolge bestanden weiterhin Unstimmigkeiten über die erforderlichen Reformen in Griechenland. "Die Positionen der Gläubiger tragen nicht dazu bei, eine für beide Seiten nützliche Einigung zu finden", hieß es aus Athen.
Tsipras hatte am Mittwoch in Brüssel dem EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker seine Reformliste vorgestellt, die die Auszahlung weiterer Hilfsgelder an sein pleitebedrohtes Land ermöglichen soll. Tsipras sagte anschließend, es gebe weiter Punkte, "die niemand als Diskussionsgrundlage betrachten kann". Er nannte insbesondere die verlangten Kürzungen bei niedrigen Renten oder eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für Strom.
Griechen bekommen etwas Luft
Derweil hat der Internationale Währungsfonds (IWF) Griechenland einen kurzen Zahlungsaufschub gewährt. Der Schritt verschafft Athen zwar etwas Luft in den fieberhaften Krisenverhandlungen mit den Geldgebern, hat aber anscheinend zur Absage eines Spitzentreffens auf EU-Ebene zur Griechenland-Krise geführt. Eigentlich hätte Athen bereits heute gut 300 Millionen Euro an den IWF zahlen müssen. Griechenland dürfe nun alle vier im Juni fälligen Tilgungsraten gebündelt überweisen, teilte der IWF in Washington mit. Nach Angaben aus Athener Regierungskreisen will Griechenland die knapp 1,6 Milliarden Euro am 30. Juni überweisen.
Athener Experten werteten diese Lösung als Schritt auf dem Weg, eine Einigung mit den Geldgebern mehr nach griechischen Vorstellungen zu erreichen. Nach einer monatelangen Hängepartie wollten Griechenlands Geldgeber - neben dem IWF die Europäische Zentralbank (EZB) und die EU-Kommission - den Schuldenstreit eigentlich möglichst vor dem G7-Gipfel am Sonntag beilegen. Ein für heute anvisiertes Spitzentreffen auf EU-Ebene werde es aber nun doch nicht geben, verlautete in Brüssel. Neben anderem sei die Bündelung der IWF-Tilgungsraten kein gutes Zeichen; es werde jetzt schwierig. Eine Einigung ist Voraussetzung für die Auszahlung weiterer Milliardenhilfen an das akut pleitebedrohte Land.
Steuererhöhungen und Privatisierungen
Tsipras ist nach "Tagesspiegel"-Informationen bereit, im Gegenzug für weitere Finanzhilfen kräftig die Steuern zu erhöhen. Eine Sondersteuer auf Konzerngewinne solle über eine Milliarde im Jahr einbringen, eine Luxussteuer 30 Millionen und eine "Solidaritätssteuer" schon im laufenden Jahr 220 Millionen Euro. Der Regierungschef habe zudem Privatisierungen und die Abschaffung der Frührenten ab 50 vorgeschlagen. Reformen und Privatisierungen sollen bis 2020 rund elf Milliarden Euro in die Staatskasse spülen.
Nach Informationen der "Welt" und des "Handelsblatts" könnte die EU-Kommission einen alten Athener Plan aufgreifen und ungenutzte 10,9 Milliarden Euro für die Bankenrettung für Griechenland umwidmen. Dies könne Griechenland über den Sommer retten. Das ungenutzte Geld floss an den Euro-Rettungsschirm EFSF zurück.
Voraussetzung für die Umwidmung sei eine Verlängerung des Ende Juni auslaufenden Rettungsprogramms für Griechenland, wozu die Zustimmung des Bundestags nötig sei. Aus dem laufenden Hilfsprogramm stehen noch 7,2 Milliarden Euro aus.
Noch am Abend will Tsipras das griechische Parlament über die Verhandlungen informieren. Die Rückzahlung der Schulden ist im Regierungslager umstritten. Der linke Flügel der Linkspartei Syriza ist dagegen; einige Vertreter fordern vorgezogene Parlamentswahlen.
Quelle: ntv.de, wne/AFP/dpa