
Rund um die Uhr an 365 Tagen pro Jahr im Dienst - Fahrerinnen und Fahrer von Bussen, U- und Straßenbahnen fordern einen besseren Ausgleich für ihren Einsatz.
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In den laufenden Tarifverhandlungen für den Nahverkehr kämpfen die Beschäftigten vor allem für bessere Arbeitsbedingungen. Doch nicht nur diese sind im Vergleich zu anderen Berufen eine Herausforderung. Auch die Gehälter haben Luft nach oben.
Busfahrer Claudio Kleine berichtet nach 29 Berufsjahren in Dortmund von immer mehr Anfeindungen im Job, gestiegenem Zeitdruck - nicht mal eine Klopause in Ruhe sei drin - sowie die Belastung für Gesundheit und Familie durch den Dreischichtbetrieb an 365 Tagen im Jahr. Trotzdem sei die Bezahlung schlecht, nicht selten müssten Kollegen Wohngeld beantragen, klagt das Verdi-Mitglied auf der Homepage der Gewerkschaft.
Kein Wunder also, dass das Statistische Bundesamt vor Kurzem vor einer Überalterung der Fahrerinnen und Fahrer von Bussen und Straßenbahnen warnte - den Nahverkehrsbetrieben geht der Nachwuchs aus. "Bei uns bekommt ein Busfahrer ein Einstiegsgehalt von 2646 Euro brutto", sagte Kleine vor einem Jahr. "Dafür muss er Vollzeit fahren und dann noch an Feiertagen und Sonntagen arbeiten. Wer will das?"
An diesem Freitag steigt das Einstiegsgehalt nach dem Tarifvertrag in Nordrhein-Westfalen immerhin auf gut 3000 Euro plus Zuschläge, nach drei Berufsjahren erhöht sich das Gehalt dann auf gut 3140 Euro. Die höchste Lohnstufe von knapp 3720 Euro ist nach 17 Jahren erreicht.
Stuttgart bietet höchste Gehälter
Die Tarifverträge unterscheiden sich je nach Bundesland, das Durchschnittsgehalt von Bus- und Bahnfahrern lag laut dem Jobportal Stepstone zuletzt bei 2850 Euro brutto. Aussagekräftiger ist das sogenannte Median-Gehalt, das nach Angaben der Arbeitsagentur 2022 bei knapp 3180 Euro lag - die Hälfte der Fahrer verdiente weniger, die Hälfte mehr. Ein Viertel erhielt in Vollzeit nur bis zu rund 2860 Euro, ein Viertel gut 3500 Euro oder mehr.
Baden-Württemberg sticht im Ländervergleich hervor, dort verdienten Fahrerinnen und Fahrer mit einem Median-Gehalt von knapp 3570 Euro mehr als im Rest der Bundesrepublik, in Stuttgart waren es sogar fast 3780 Euro. Im ebenfalls teuren München lag das mittlere Gehalt mit 3400 Euro weit darunter. Das Schlusslicht im Länderranking bildete Brandenburg mit nur knapp 2780 Euro.
Zum Vergleich: Über alle Branchen hinweg berechnete Stepstone für 2022 ein Median-Gehalt von umgerechnet rund 3670 Euro im Monat für eine Vollzeitstelle. Das Durchschnittsgehalt von Vollzeitbeschäftigten in Deutschland lag laut Statistischem Bundesamt im April des Jahres bei gut 4100 Euro. Die Fahrerinnen und Fahrer von Bus, U- und Straßenbahnen verdienen somit deutlich weniger, als andere Branchen zahlen. Bundesweit hat jeder vierte Fahrer eine ausländische Staatsangehörigkeit - bei allen Erwerbstätigen insgesamt liegt der Anteil bei 14 Prozent.
"Unglaublicher Druck auf die Beschäftigten"
Fahrgäste müssen am Donnerstag und Freitag unter anderem in Berlin, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz auf Auto oder Rad umsteigen, weil Verdi zu zweitägigen Warnstreiks aufgerufen hat. Zum Teil fahren immerhin S-Bahnen oder Regionalbusse, die nicht von kommunalen Arbeitgebern betrieben werden.
Bus- und Bahnfahrer legen in dieser Woche in fast ganz Deutschland ihre Arbeit nieder. "Wir haben einen dramatischen Mangel an Arbeitskräften im ÖPNV und einen unglaublichen Druck auf die Beschäftigten", erklärte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Christine Behle. "In allen Tarifbereichen fallen täglich Busse und Bahnen aus, weil es nicht genug Personal gibt. Es muss dringend etwas geschehen, damit die Beschäftigten entlastet werden."
Die Arbeitnehmervertreter fordern in den laufenden Tarifverhandlungen für die rund 90.000 Beschäftigten der mehr als 130 kommunalen Unternehmen des ÖPNV unter anderem eine geringere Arbeitszeit, mehr Urlaub und zusätzliche Entlastungstage für die Schichtarbeit. In Brandenburg, dem Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen wird auch über die Löhne verhandelt. Begonnen haben die Streiks bereits zu Monatsbeginn, den Höhepunkt soll dieser Freitag, der 1. März, bilden. Für denselben Tag haben Fridays for Future und Verbände zum "Klimastreik" aufgerufen.
Quelle: ntv.de