China, Weltbank und Eon im Blick Dax-Anleger fürchten die Flaute
08.06.2016, 22:30 Uhr
(Foto: dpa)
Nach dem Kursfeuerwerk am Dienstag lassen es die Börsianer heute ruhiger angehen. Die Angst vor der schwächelnden Weltkonjunktur geht wieder um. Zudem schauten die Anleger nach Essen, wo die Aufspaltung des Versorgers Eon beschlossen wurde.
Nach deutlichen Kurssteigerungen am Vortag hat die deutschen Anleger am Mittwoch die Sorge vor einem weltweiten Wirtschaftseinbruch in Atem gehalten. Auch die leicht positive Wall Street lieferte nicht genügend Rückenwind, der deutsche Leitindex schloss mit einem Abschlag von rund 0,7 Prozent auf 10.217,03 Punkte. Am Dienstag hatte er noch kräftig um 1,6 Prozent zugelegt. Der MDax gab ebenfalls rund 0,3 Prozent auf 20.824,65 Punkte nach. Der Technologiewerte-Index TecDax schloss kaum bei 1698,47 Zählern.
An der Wall Street legten die Kurse dagegen zu. Der Dow-Jones-Index stieg um 0,4 Prozent auf 18.005 Punkte. Für den S&P-500 ging es um 0,3 Prozent auf 2.119 Punkte aufwärts. Der Nasdaq-Composite schloss mit einem Plus von 0,3 Prozent auf 4.975 Punkten.
Genährt wurde der Konjunkturpessimismus von enttäuschenden Konjunkturdaten aus China. Die Exporte der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft gingen im Mai überraschend stark um 4,1 Prozent zurück. Zudem senkte die Weltbank ihre Prognose für das globale Wirtschaftswachstum in diesem Jahr auf 2,4 von zuletzt 2,9 Prozent.
Sie sieht die globale Wirtschaft anfällig für einen scharfen Konjunkturabschwung, weil die Schwierigkeiten in den Schwellenländern zunehmen und die Industrieländer nicht richtig in Schwung kommen. Die Wachstumsprognose für die USA wurde auf 1,8 von 2,7 Prozent zurückgenommen, während die Vorhersage für China, das bislang als Sorgenkind galt, unverändert bei 6,7 Prozent blieb.
Unter den Einzelwerten an der Börse stürzten Verifone regelrecht ab, nachdem der Anbieter mobiler Bezahlsysteme überraschend schwache Quartalszahlen vorgelegt und seine Jahresziele gesenkt hat. Die Titel verbilligten sich um rund 25 Prozent. Für Yahoo ging es um 0,7 Prozent nach oben. Das Unternehmen will im Auktionsverfahren 3.000 Patente verkaufen und damit 1 Milliarde Dollar erlösen.
EZB kauft erstmals Anleihen - Versorger profitieren
An der Dax-Spitze setzten die Aktien von Eon und RWE ihre Erholung mit Kursgewinnen von 3,5 und 2,8 Prozent fort. Die Europäische Zentralbank (EZB), die bereits Staatsanleihen im Volumen von 80 Milliarden Euro monatlich erwirbt, kaufte am Mittwoch erstmals auch Bonds von Großkonzernen auf. Die Währungshüter orderten unter anderem fünfjährige Titel europäischer Versorger, berichtete die Thomson-Reuters-Tochter IFR unter Berufung auf Insider.
Zudem ließ sich der deutsche Branchenführer Eon grünes Licht von den Aktionären für seine Aufspaltung in "alte" und "neue" Energien geben. Die schwächelnden Kohle- und Gaskraftwerke sollen in die Tochter Uniper ausgelagert werden. Das Abstimmungsergebnis mit mehr als 99 Prozent Zustimmung für die Strategie von Konzernchef Johannes Teyssen kam jedoch erst nach Handelsschluss des Dax.
Dagegen sanken die Continental-Titel mit dem Markt um rund 1,6 Prozent. Händler verwiesen auf einen Bloomberg-Bericht, demzufolge sich der Autozulieferer und Reifenhersteller am südkoreanischen Reifenproduzenten Kumho beteiligen will. Dessen Aktien schossen an der Börse in Seoul um rund 10 Prozent nach oben. Im MDax hielten sich Kion-Aktien mit plus 0,1 Prozent vergleichsweise gut. Dagegen endete die jüngste Kurserholung bei K+S abrupt: Die Anteilsscheine büßten rund 2,3 Prozent ein.
Asien-Börsen uneinheitlich
Die ostasiatischen Aktienmärkte zeigten sich ohne einheitliche Richtung. Etwas gedrückt wird die Stimmung von der gesenkten Konjunkturprognose der Weltbank. In Japan wurde unterdessen das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal leicht nach oben revidiert auf annualisiert plus 1,9 von plus 1,7 Prozent.
In Shanghai erholte sich der Composite-Index nach den positiv ausgefallenen Daten von seinem Tagestief und verringerte sein Minus auf 0,4 Prozent. In Hongkong kam das Marktbarometer um 0,3 Prozent zurück. In Hongkong findet am Donnerstag aufgrund eines Feiertages kein Handel statt, in Shanghai bleibt die Börse am Donnerstag und Freitag geschlossen.
In Tokio ging es dagegen aufwärts, der Nikkei-Index stieg um 0,9 Prozent und schloss bei 16.831 Punkten. Auch hier ist es zu einer Erholung gekommen, im Tagestief lag der Index bereits bei unter 16.600, ehe er nach den Wirtschaftsdaten nach oben drehte.
Ölpreise steigen weiter
Die Ölpreise setzten indes ihre Klettertour fort. Der Preis für das Barrel der US-Sorte WTI stieg um 1,7 Prozent auf 51,23 Dollar, das war das höchste Settlement seit fast elf Monaten. Händler nannten vor allem das derzeit verringerte Angebot in zahlreichen Förderländern als Grund für das Acht-Monats-Hoch. Leicht belastet wurden die Preise von den wöchentlichen Öllagerdaten aus den USA. Die Lagerbestände von Destillaten und Benzin sind zuletzt kräftig gestiegen, erwartet worden waren dagegen leichte Rückgänge. "Für die Aktienmärkte scheinen diese Daten aber neutral zu sein", sagt ein Händler.
Devisen: Euro kraxelt in Richtung 1,14 US-Dollar
Auch die "Antikrisen-Währung" Gold war am Mittwoch ebenfalls gefragt. Die Feinunze verteuerte sich im späten Geschäft um 1,2 Prozent auf 1.262 Dollar.
Der Euro eroberte zwischenzeitlich erstmals seit Mitte Mai die Marke von 1,14 Dollar und notierte im späten US-Geschäft knapp darunter. Der japanische Yen wertete zunächst weiter auf, fiel dann aber wieder auf 106,70 Dollar unter das Niveau vom Vortag zurück. Nach den günstig ausgefallenen Konjunkturdaten verliert der als Fluchthafen geltende Yen an Attraktivität.
Quelle: ntv.de, wne/hvg/DJ/rts/dpa