Wissen

Krankheit oder ganz normal? Simsen fürs Selbstbewusstsein

SMS.jpg

Wer übermäßig viele SMS verschickt, will auf diesem Weg sein Selbstbewusstsein stärken, meint die Forscherin.

(Foto: picture alliance / dpa)

Das Schreiben von zu vielen Kurznachrichten auf dem Mobiltelefon (SMS) macht krank - man läuft gegen Wände, entwickelt Minderwertigkeitskomplexe und hört Klingeltöne, die gar nicht da sind. Davon ist jedenfalls eine australische Wissenschaftlerin überzeugt. Jennie Carroll vom Königlichen Institut für Technologie in Melbourne habe zahlreiche Krankheiten entdeckt hat, die vor allem Teenager beim "simsen" heimsuchen können, erklärte sie australischen Rundfunk.

Die entsprechenden Fachnamen hatte sie gleich mitgeliefert: Sie lauten post-textisches Stresssyndrom, "Tangst"gefühle (aus Text und Angst) und Koma-Texten. Sie warnte vor der Ausbreitung solcher Krankheiten, nachdem ein Mobilfunkanbieter mitgeteilt hatte, dass sich die Zahl der in Australien verschickten SMS seit 2008 verdoppelt hat.

"Normales Phänomen, keine Krankheit"

Bei den Medizinern in Deutschland sorgt diese Meldung in erster Linie für Erheiterung. "Das ist Quatsch, richtig Quatsch", sagte der Kinder- und Jugendpsychologe Michael Schulte-Markwort vom Universitätsklinikum Hamburg. Es gebe natürlich immer wieder Eltern, die in Sorge sind, weil ihre Kinder ihre Handys zu intensiv nutzen. Der Kinder- und Jugendpsychiater habe das aber noch nie als Sucht erlebt.

"Natürlich kann man so fixiert sein. Das als Krankheit zu bezeichnen, ist ausgemachter Blödsinn." Die von der Australierin Caroll beschrieben Krankheiten seien nichts Besonderes. Die eigene Attraktivität anhand von empfangenen SMS oder Emails zu messen oder die eigene Umwelt beim Telefonieren nicht mehr wahrzunehmen, das ist ein normales Phänomen. Das gehe meist mit dem häufigen Gebrauch von Medien einher. "Das ist nichts Neues."

Die Krankheitsbilder, die Jennie Caroll vorgestellt hat, im Einzelnen:

Textaphrenie: Der feste Glaube, das Telefon habe eine eingehende SMS angezeigt, wenn in Wirklichkeit nichts angekommen ist.

Post-textisches Stress-Syndrom: Der SMS-Schreiber läuft vor die Wand oder bekommt überhaupt nicht mehr mit, was um ihn herum passiert.

Tangstgefühle: Selbstzweifel, wenn nach einer Weile keine neue SMS angekommen ist.

Koma-Texten: Unzählige SMS verschicken, um das Selbstbewusstsein zu stärken.

"Textaphrenie und Tängstgefühle haben SMS-Schreiber, die sich einsam fühlen und an ihrer Beliebtheit zweifeln", sagte Carroll. Koma-Texten sei ein Hilferuf.

Quelle: ntv.de, dpa

ntv.de Dienste
Software
Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen